Das 1967 als drittes Autokino Deutschlands und zugleich erstes in Nordrhein-Westfalen eröffnete Drive In Autokino Köln Porz in Köln-Eil war ein Freiluftkino, in dem die Filme vom eigenen Fahrzeug aus zu sehen waren. Das erste Autokino überhaupt wurde 1933 in den USA eröffnet, von wo aus sich die Autokino-Kultur - und der zugehörige Kult - vor allem ab den 1950er- und 60er Jahren auch nach Europa verbreitete.
Drive-In Theatres in den USA Die Idee zum Autokino geht auf Richard Milton Hollingshead Jr. (1900-1975) zurück, der den Kunden des von seinem Vater in Camden (New Jersey) gegründeten Autopflegebetriebes die Möglichkeit anbieten wollte, während der Pflege ihres Fahrzeugs einen Film anzuschauen. Am 6. August 1932 meldete Hollingshead Jr. seine Erfindung zum Patent an: „Eine nützliche und neuartige Konstruktion für Freilichttheater, wobei die Aufführung von Fahrzeugen aus gesehen und gehört werden kann, Die aufeinanderfolgenden Autos sind so angeordnet, dass sie einander die Sicht nicht behindern.“ Nachdem Hollingshead Jr. am 16. Mai 1933 das US-Patent Nr. 1.909.537 zugesprochen bekommen hatte, eröffnete er am 6. Juni 1933 am Admiral Wilson Boulevard vor den Toren von Camden unter dem Motto „World's First Sit In Your Car - See and Hear Movies“ das weltweit erste Autokino Camden Drive-In Theatre. Dieses bot auf einem dafür terrassierten Gelände von 1,6 Quadratkilometer Fläche Platz für 335 Fahrzeuge, der Film wurde auf eine geweißte Steinmauer von 12 × 15 Metern (180 Quadratmeter) Größe projiziert. Die Eintrittsgebühr betrug einen Vierteldollar pro Auto und weitere 0,25 Dollar pro Person, ab drei Personen betrugen die Kosten pauschal 1 Dollar. Das Camden Drive-In Theatre wurde jedoch schon nach drei Jahren wieder geschlossen, da die Beschallung über drei große Lautsprecher die Nachbarschaft im Umkreis mehrerer Kilometer störte. Hollingshead verkaufte das Gelände und eröffnete ein anderes Autokino. Sein Patent wurde 1950 vom obersten Gerichtshof für ungültig erklärt, was den Markt für andere Anbieter öffnete.
Abhilfe gegen die Lärmbelästigung schufen in der Folge zentral oder einzeln vor den Autos montierte Lautsprecherboxen, so dass die Insassen den Film ohne weitere Beeinträchtigung für das Umfeld hören konnten. Diese Lautsprecher wurden später verdrängt von ins Autofenster einhängbaren kleineren Boxen. Als weitere technische Entwicklungen folgten Kassetten für das Autoradio, die mit der Tonspur des Films ausgestattet waren, und später die direkte Radioübertragung auf eigener UKW-Frequenz. Um einen möglichst guten Blickwinkel auf die Leinwand zu ermöglichen, wurden die PKW-Stellplätze mit Rampen ausgestattet oder der Boden leicht wellenförmig angelegt, so dass die Vorderräder der Autos erhöht stehen.
Schon früh entwickelte sich die typischerweise zugehörige Cafeteria bzw. sogar ein Schnellrestaurant zur festen Institution der Autokinos. Diese dienten meist gleichzeitig auch als Vorführraum und befanden sich in der Mitte des Geländes. Über den Verkauf von Cheeseburgern, Snacks, Popcorn, Süßigkeiten, Eiscreme, Getränken und (offenbar benötigten) Mitteln gegen Insektenstiche, entwickelten sich die Cafeterien zunehmend zur Haupteinnahmequelle, die meist sogar für mehr Umsatz sorgten als das eigentliche Kinogeschäft. Autokinos nahmen schließlich selbst Rollen in Handlungen von Filmen ein und wurden in Popsongs erwähnt, wobei etwa „on the backseat of my Cadillac“ zur typischen Phrase mit Blick auf die ersten amourösen Abenteuer und Erfahrungen vieler US-amerikanischer Jugendlicher wurde.
Im Mutterland USA gab es 1982 noch 2.129 Autokinos, 1987 fiel deren Anzahl dann erstmals unter 1.000 und heute sind nur noch weniger als 200 in Betrieb. Hauptgrund für den Rückgang war die Abschaffung des herkömmlichen, analogen 35-Millimeter-Kinofilms im Jahr 2013. Vielen Betreibenden waren die Investitionen in die gleichzeitig eingeführte Digitaltechnik zu hoch, so dass sie mit der Schließung ihres Kinos reagierten (www.heise.de).
Autokinos als Elemente der US-Kultur in Europa und Deutschland Während zunächst in den USA infolge der Wirtschaftskrisen und des Zweiten Weltkriegs nur wenige Autokinos eröffnet wurden, boomte deren Verbreitung dann im Aufschwung der Nachkriegsjahre in den 1950/60er-Jahren und erreichte schließlich mit einem 1957 bei Rom eröffneten Autokino auch Europa. Einhergehend mit der Begeisterung vieler junger Leute für die US-amerikanische (Pop-, aber auch Auto-) Kultur - zumindest in den weitesten Teilen Westeuropas - entwickelte sich auch jenseits des Ursprungslands ein Kult um die Autokinos, die diese zu einem der Aushängeschilder US-amerikanischer Kultur in Europa machten (vgl. auch die Milchbar Brühl).
Nachdem 1954 der erste Versuch zur Errichtung eines Autokinos im fränkischen Erlangen noch gescheitert war, wurde 1960 in Gravenbruch bei Frankfurt am Main das erste deutsche Autokino eröffnet (bis heute bestehend), als zweites auf deutschem Boden folgte erst 1966 eines in Berlin-Siemensstadt. Ab der zweiten Hälfte der 1960er ist dann die Blütezeit des Autokinos in Deutschland auszumachen, die bis in die frühen 1980er-Jahre reichte. Bis in die 1980er entstanden - zumeist in Städten - rund 20 stationäre Autokinos. In den 2000er-Jahren verringerten sich die Zuschauerzahlen der deutschen Autokinos auf knapp die Hälfte, wobei der Marktanteil gegenüber herkömmlichen Kinos relativ stabil bei etwa 0,3 bis 0,4 Procent verblieb (Zahlen nach de.wikipedia.org, basierend auf Studien der Filmförderungsanstalt ffa). Auch in Europa führte die Digitalisierung allgemein zu einem Kinosterben.
Während der Corona-Krise ab 2020 erlebten Autokinos eine kurzzeitige Rennaissance, da die strengen Auflagen der Hygieneregeln zur Kontaktvermeidung recht leicht erfüllt werden konnten. Bereits vorher hatte sich ein Trend zu temporär und mit aufblasbaren Bildwänden betriebenen „Popup-Autokinos“ auf Park-, Markt-, Messeplätzen oder Sportflächen abgezeichnet, in denen neben Kinoevents auch Gottesdienste, Theater und Konzerte stattfinden konnten. Der allgemeinen Entwicklung hin zu Elektro-PKW folgend, bieten erste Autokinos inzwischen auch Ladesäulen als besonderen Service an.
Das Kölner Autokino in Porz-Eil Das Drive In Autokino Köln Porz wurde am 18. August 1967 als drittes Autokino in Deutschland und erstes in NRW eröffnet. Die Benennung nach Porz blieb auch erhalten, nachdem der Ortsteil Eil der vormaligen Stadt Porz 1975 zum Stadtteil im nunmehrigen Stadtbezirk Porz wurde.
Das Porz-Eiler Autokino hatte eine ortsfeste Projektionsfläche von 36 x 15 Metern Fläche (540 Quadratmeter), die Leistung des im Februar 2020 für 250.000 Euro neu angeschafften digitalen 4K-Laser-Projektors betrug 6,7 Kilowatt bei einer Lichtleistung von bis zu 56.000 Lumen. Die Audioübertragung auf die rund 250 Stellplätze erfolgte über die UKW-Frequenz 90,5 Megahertz. Die Technik samt Projektionsanlage befand sich in einem zentral auf dem Platz befindlichen Gebäude, in dem auch eine Snack-Bar betrieben wurde. Auch das Areal dieses Autokinos wurde neben dem abendlichen Kinobetrieb für andere Veranstaltungen genutzt, vor allem für regelmäßige Wochen- und Trödelmärkte. Da die Pacht nicht alleine durch Filmvorstellungen finanzierbar war, war dies zur Querfinanzierung des Kinos nötig. Daneben bestand auch die Möglichkeit, das Gelände für Firmenevents, Produktpräsentationen, Geschäfts- und Vereinsfeiern oder private Kinovorstellungen zu mieten. Der nördliche Bereich des Platzes wird seit einiger Zeit als Stellfläche von einen Park & Shuttle-Service zum von hier knapp 5 Kilometer entfernten Flughafen Köln/Bonn genutzt.
Zum 31. Oktober 2024 schloss das Porzer Autokino nach 57 Jahren Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen seine Tore. Vorausgegangen waren längere Unstimmigkeiten zum Betrieb der zuletzt durch einen Gerichtsbeschluss unterbundenen Märkte. Von Seiten der Kölner Verwaltung wurde hierzu angeführt, dass für die bereits seit Jahrzehnten abgehaltenen Märkte keine Baugenehmigung vorliege und es auch regelmäßig entsprechende Anwohnerbeschwerden, u.a. in Sachen Müll, gebe. Auf der anderen Seite erbrachte eine von Fans des Autokinos im Dezember 2022 initiierte Online-Petition stolze 15.945 Unterschriften für den Erhalt des Drive-In-Kinos, das „nicht nur Generationen von Filmfans beheimatet [habe], sondern auch ein Stück unserer lokalen Geschichte und Identität [sei]“ (www.change.org). Die Stadt werde bei dessen Schließung „einen ganz besonderen Verlust in der Kinolandschaft“ erleiden. Eine notwendige Änderung des Bebauungsplans für die als wichtiges Zubrot für die Betreiber notwendigen Märkte war innerhalb der Kölner Ratsparteien strittig und hätte wohl auch erst nach frühestens eineinhalb bis zwei Jahren vorgelegen. Dies dauerte jedoch dem Betreiber des Kinos, der im oberbayrischen Starnberg ansässigen Drive In Autokinobetriebs GmbH, mit Blick auf die finanziellen Ausfälle zu lange.
Über weitere Pläne zur künftigen Nutzung des der in Eil ansässigen Mehl-Mühlens-Stiftung gehörenden Areals ist noch nichts bekannt.
Vor der endgültigen Schließung füllte sich das Drive-in-Kino am 26. Oktober 2024 noch einmal bei einem Oldtimer-Themenabend, zu dem die beiden autolastigen Filme „Manta, Manta“ (1991, Regie Wolfgang Büld) und „Bang Boom Bang - Ein todsicheres Ding“ (1999, Regie Peter Thorwarth) aufgeführt wurden. Der letzte hier gezeigte Film war - zum Datum des Kino-Endes passend - der US-amerikanische Horrorfilm „Halloween Ends“ (2022, Regie David Gordon Green).
Bereits 1980 hatte die Kölner Mundartband Bläck Fööss dem Porzer Autokino mit einem im typischen US-Sound des Rockabilly gehaltenen Titel „Autokino“ ein musikalisches Denkmal gesetzt. Im Text heißt es:
Treck dich hück ovend nit esu wärm an, dat kütt schon wenn ich dich em Ärm han ... Oh, oh, oh Susi, hück ovend han ich frei. Em Autokino läuf jet für uns zwei ... Em Nu do es de Schiev beschlage, et Vorprogramm jeit richtich af Hä es bequem vum Ahl dä Ware, doch rötsch mer leich vum Setz eraf Do kütt dä Käl met singer Servicekar, mät zwei Currywosch met Fritte klor Die Currywosch die mät mich schon fruh, doch et Jrößte Susi, dat bes du ...
(Zieh dich heute Abend nicht so warm an, das ergibt sich schon, wenn ich dich im Arm habe ... Oh, oh, oh Susi, heute Abend habe ich frei. Im Autokino läuft was für uns zwei ... Die Scheibe ist im Nu beschlagen, das Vorprogramm geht richtig ab Der Wagen vom Alten ist bequem, doch rutscht man leicht vom Sitz Da kommt der Kerl mit seinem Servicewagen, macht zwei Currywürste mit Pommes frites klar Die Currywurst, die macht mich schon froh, doch das Größte Susi, das bist du ...)
Internet www.autokino-koeln.de: Drive In Autokino Köln Porz (abgerufen 28.10.2024) www.autokino-deutschland.de: Drive In Autokinobetriebs GmbH, Starnberg (abgerufen 28.10.2024) www.change.org: Das Autokino Porz darf nicht geschlossen werden! (abgerufen 28.10.2024) www.ksta.de: „Hier wurde Nostalgie geschaffen“. Autokino Porz schließt zum 31. Oktober (Kölner Stadt-Anzeiger vom 20.06.2024, abgerufen 28.10.2024) www.stadtrevue.de: Das Ende der Markt-Wirtschaft. Im Herbst schließt das traditionsreiche Autokino in Porz - wer trägt die Verantwortung? (Text Martin Klein, Stadtrevue Köln 8/2024 vom 23.08.2024, abgerufen 28.10.2024) filmszene.koeln: Das Ende einer Ära: Die letzten Vorstellungen im Autokino Köln Porz (Text Nils Bothmann, 25.10.2024, abgerufen 28.10.2024) www.ksta.de: Kölner Institution. Autokino in Porz entfacht ein letztes Mal Nostalgie vor Schließung (Text Tim Drinhaus, Kölner Stadt-Anzeiger vom 27.10.2024, abgerufen 28.10.2024) www.heise.de: Zahlen, bitte! 335 Autos und eine Leinwand: Das erste Autokino (abgerufen 28.10.2024) de.wikipedia.org: Autokino (abgerufen 28.10.2024) en.wikipedia.org: Richard Hollingshead (englisch, abgerufen 28.10.2024) genius.com: Text „Autokino“, LP „D’r Rhing erop - D’r Rhing eraf“, Bläck Fööss, 1980 (abgerufen 28.10.2024) youtu.be: Bläck Fööss, „Autokino“, in einer Show des Westdeutschen Werbefernsehens (WWF), 1981 (abgerufen 28.10.2024)
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