Das später unter anderem als Rockerkneipe legendär gewordene Lokal wurde ab Anfang 1955 etwas westlich des historischen Stadtkerns in der Carl-Schurz-Straße in Brühl-Mitte nach Plänen des örtlichen Architekten Küster als Milchbar errichtet und noch im Sommer des gleichen Jahres eröffnet.
Herkunft der milk bars Der Ursprung solcher Lokale, in denen eigentlich nur nichtalkoholische (Milch-) Getränke oder auch Speiseeis serviert wurde, waren die USA der Prohibitionszeit mit den weitreichenden Alkoholverboten zwischen 1919 und 1933. In der Nachkriegszeit kamen die milk bars – so wie manch andere amerikanische Moden auch – nach Europa und Deutschland. Zu Beginn der 1950er-Jahre gab es im nahen Köln bereits mehrere Lokale, die als direkte Vorbilder der Brühler Milchbar angesehen werden.
Die Brühler Milchbar Der Gründer und erste Betreiber der Brühler Bar hatte „gemeinsam mit seiner Tochter aus dem Radio die Idee gewonnen, eine Milchbar zu eröffnen.“ (Brühler Schlossbote 2018) „Hier wurde neben weißer Milch auch Mokka-, Erdbeer- und Bananenmilch verkauft. Daneben gab es auch Joghurt und verschiedene Eissorten. Eine Musikbox aus den Anfangsjahren lieferte die passende Musik der Rock ‘n Roll-Zeit. In einem integrierten Kiosk wurden Zigaretten, Schokolade, Bier, Bonbons und viele andere Kleinigkeiten, insbesondere ‚chewing gum‘ (Kaugummi) angeboten.“ (marktplatz-rheinland.lvr.de, 2019)
Sowohl das Angebot als auch die Kundschaft der Brühler Milchbar änderten sich jedoch bereits nach wenigen Jahren. Während der 1960er-Jahre entwickelte sich die Milchbar allmählich zu einer Kneipe, u.a. mit einem Mittagessen-Angebot, das von den Angestellten der benachbarten Kreissparkasse, des Rathauses, der Rheinischen Landbauschule sowie der Gas- und Wasserwerke gut genutzt wurde. Schließlich wurde irgendwann sogar der Milchverkauf eingestellt. In der vormaligen Milchbar wurde zuletzt Reissdorf-Kölsch aus der Domstadt ausgeschenkt (vgl. Abb.), obwohl Brühl mit dem Bischoff-Kölsch vom Weilerhof ein traditioneller nicht-Kölner Standort einer Kölsch-Brauerei ist. Die frühere Milchbar – die ihren Namen vor Ort bis zuletzt behielt – entwickelte sich schließlich sogar zum Zentrum der über Jahre hinweg aktiven und respekteinflößenden örtlichen Rockerbewegung: „Überall standen die schweren Motorräder um die Milchbar herum, sehr zum Ärger der Nachbarn.“ (marktplatz-rheinland.lvr.de, 2019)
Ende der 1960er-Jahre ging der Gastronomiebetrieb innerhalb der Familie von den Gründern an die Folgegeneration über und zuletzt nochmals 1998. Seit dem Tod des letzten Inhabers im Januar 2018 stand das Gebäude dann ohne Nutzung leer. Obgleich nicht als Baudenkmal eingetragen und geschützt, galt die Milchbar doch stets als wichtiges architektonisches Zeugnis der 1950er-Jahre. Anstatt des drohenden Abrisses erfolgte daher 2019 der Umzug (Translozierung) in das LVR-Freilichtmuseum Kommern. Auf dem frei gewordenen Brühler Grundstück soll nun ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen.
Umzug ins Freilichtmuseum Nachdem zunächst die historische Inneneinrichtung zur vorübergehenden Einlagerung ausgebaut worden war, wurden sämtliche Wände, Decken und Fußböden der Milchbar so verpackt, dass sie in einem Paket transportiert werden konnten. In der Nacht vom 24. auf den 25. August 2019 rückten dem Gebäude dann schwere Gerätschaften zu Leibe: Zwei Schwerlastkräne verluden die rund 65 Tonnen schwere Milchbar in einer spektakulären nächtlichen Aktion „am Stück“ auf einen Tieflader, mit dem sie noch in der gleichen Nacht in das knapp 40 Kilometer entfernte Freilichtmuseum transportiert wurde. Der dortige Wiederaufbau auf neuen Fundamenten erfolgte in der Baugruppe „Marktplatz Rheinland“. Diese widmet sich der der Zeit ab 1945 und zeigt die Urbanisierung des ländlichen Raumes, verbunden mit der Auflösung traditioneller ländlicher Ortsbilder. Hier sollen die „beiden prägenden Phasen der Milchbargeschichte im gewollten Spannungsfeld nebeneinander gezeigt werden“ (ebd.). Die Wiedereröffnung der Milchbar an ihrem neuen Standort erfolgte zum 21./22. August 2021 (www.instagram.com).
Internet marktplatz-rheinland.lvr.de: Martkplatz Rheinland (abgerufen 24.08.2021) de.wikipedia.org: Milchbar (abgerufen 24.08.2021) www.rheinische-anzeigenblaetter.de: Neue Heimat für alte Milchbar (Brühler Schlossbote vom 21.11.2018, abgerufen 28.08.2019) www.general-anzeiger-bonn.de: Bananenmilch und Rock'n Roll, Milchbar aus Brühl zieht ins LVR-Freilichtmuseum nach Kommern (General-Anzeiger Bonn vom 21.08.2019, abgerufen 28.08.2019) www.radioerft.de: Milchbar zieht ins Freilichtmuseum um (Radio-Erft vom 25.08.2019, abgerufen 28.08.2019) www.instagram.com: #LVRKultur / LVR-Kulturdezernat (Beitrag vom 21.08.2021, abgerufen 24.08.2021) marktplatz-rheinland.lvr.de: Milchbar aus Brühl (abgerufen 28.08.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 24.08.2021) www.bruehl.de: Milchshake und Rock'n Roll – Die Milchbar aus Brühl zieht ins LVR-Freilichtmuseum Kommern (Pressetext vom 19.08.2019, abgerufen 28.08.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 20.11.2024)
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