Die im Portal der Kölschgänger bewußt spöttisch gestellte Frage „Ist das die hässlichste Kirche von Köln?“ erscheint berechtigt, wenn man vor dem vermeintlichen Gotteshaus unmittelbar neben dem Großmarkt in Raderberg steht und dieses betrachtet. Es handelt sich bei dem Bauwerk allerdings nicht um eine Kirche, sondern um einen Luftschutzbunker des Zweiten Weltkriegs, der mit Absicht architektonisch dem Äußeren eines Kirchengebäudes nachempfunden wurde.
Bereits 1936 hatten die deutschen Nationalsozialisten in Vorbereitung des kommenden Kriegs und den dabei zu erwartenden Bombenangriffen mit dem Bau von Luftschutzbunkern begonnen. Mit dem Einsetzen nächtlicher Bombenangriffe während des Zweiten Weltkriegs wurde 1940 über das sogenannte „Führer-Sofortprogramm“ die paramilitärische NS-Bautruppe Organisation Todt (OT) damit beauftragt, das Luftschutzbauwesen wichtiger Städte des Reichsgebietes zu optimieren. In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern wurden bis 1943 mehr als 2.000 Bunker errichtet (vgl. dazu ausführlicher hier).
In Köln entstanden so gleich drei Kirchenbunker, die durch ihre äußere Tarnung vor gezielten Luftangriffen geschützt sein sollten und sich daneben auch architektonisch besser in ihr städtisches Umfeld einfügen sollten. Neben dem zwischen den hohen Häusern der Bonner Straße und dem Großmarkt versteckten Kirchenbunker in Raderberg (auch Hochbunker Bayenthal genannt) waren dies noch ein Kirchenbunker in Deutz und einer in Köln-Mülheim. Weitere Kirchenbunker existieren noch in Düsseldorf. Die 1942/43 errichteten und heute noch stehenden Bauten in Köln wurden von dem Architekten Johannes Christian „Hans“ Schumacher (1891-1982) entworfen. Hans Schumacher hatte bereits vor dem Krieg mehrere Wohnhäuser und Villen in der Domstadt geplant und schuf in der Nachkriegszeit Besatzungsbauten, Hochschul- und Schulgebäude sowie Büro- und Geschäftshäuser (deu.archinform.net).
Der Raderberger Kirchenbunker sollte über sein ursprünglich auf der ganzen Länge angelegtes spitzes Walmdach und den Turm am südlichen Giebel zumindest von weitem einer Kirche ähneln und damit die alliierten Bomberpiloten täuschen. Der vermeintliche Glockenturm diente allerdings der Belüftung der zweigeschossigen Bunkeranlage mit einem Tiefkeller für die Technik. Mit bis zu 1,80 Meter dicken Wänden sollte der Kirchenbunker bis zu 2.040 Menschen Schutz bieten.
Das Portal des Vereins Kölner Festungsmuseums e.V. und des Instituts für Festungsarchitektur beschreibt das Bauwerk wie folgt (welt.unter.koeln): „Mit Schutzräumen auf drei Etagen, die über zwei Treppenhäuser verbunden sind, verfügt er über 89 sogenannte ‚Zellen' in denen die Schutzsuchenden familienweise untergebracht wurden. Baulich war er mit vier splittergeschützten Eingangsbauwerken, einem aufgesetztem Walmdach aus Beton und einem ‚Kirchturm' mit Abgasöffnung versehen. ... Viele Einbauten sind noch nahezu vollständig erhalten und können im unveränderten Zustand studiert werden. Die Raumteilung mit Familien-Zellen ist auf zwei Etagen erlebbar und vermittelt die beklemmende Atmoshäre der Nutzungszeit. ... Heizungsraum mit zwei Kesseln, die einst neun Auer-Membranpumpenfilter, die elektische Luftförderanlage oder auch Brunnen und Stromaggregat - zahlreiche Studienobjekte sind gut erhalten.“
Nach dem Krieg wurde der Raderberger Bunker noch einige Jahre als Notunterkunft für rund 85 Familien genutzt, die in der beklemmend-düsteren „Bunkeratmospäre“ des feuchten und fensterlosen Baus lebten. Der Kirchenbunker sollte bereits 1948 entfestigt werden, was jedoch nie durchgeführt wurde. Seit 1996 dient das Bauwerk dem Schützenverein Köln-Bayenthal 1863 als Vereinsheim mit Schießbahnen. Über den Verein Kölner Festungsmuseum e.V. werden Führungen durch den Bau angeboten.
Baudenkmal Mit Datum vom 1. Juli 1980 wurde der in städtischem Eigentum befindliche „Bunker, Marktstraße 6c ... Baujahr 1942, Architektur von Hans Schumacher“ unter der Denkmalnummer 210 bzw. DE_05315000_A_0210 in die Kölner Denkmalliste aufgenommen und als Baudenkmal geschützt.
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