Hochbunker in Mülheim

Kirchenbunker an der Berliner Straße, heute Kulturbunker Köln-Mülheim

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege, Landeskunde, Architekturgeschichte
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 58′ 11,25″ N: 7° 00′ 31,22″ O 50,96979°N: 7,00867°O
Koordinate UTM 32.360.184,39 m: 5.648.353,43 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.570.895,08 m: 5.648.770,73 m
  • Frontansicht des ehemaligen Hochbunkers, heute Kulturbunker, in Köln Mülheim (2024).

    Frontansicht des ehemaligen Hochbunkers, heute Kulturbunker, in Köln Mülheim (2024).

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  • Der Kulturbunker in Köln Mülheim (2024).

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  • Der Kulturbunker in Köln Mülheim (2024).

    Der Kulturbunker in Köln Mülheim (2024).

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  • Streetart am Eingang des Kulturbunkers in Köln-Mülheim (2024).

    Streetart am Eingang des Kulturbunkers in Köln-Mülheim (2024).

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Der Hochbunker an der Berliner Straße in Köln-Mülheim wurde zu Beginn der 1940er Jahre errichtet, um der lokalen Bevölkerung bei alliierten Bombenangriffen Schutz zu bieten. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde er zur Pension umgebaut und diente als „Hotel Zapp“ außerdem als einer der wenigen Veranstaltungsorte im stark zerstörten Mülheim. Anschließend stand er mehr als 20 Jahre lang leer. Anfang der 1990er Jahre begann der gleichnamige Verein, den Kulturbunker Köln-Mülheim als Ort für kulturelle Veranstaltungen und Begegnung herzurichten. 2000 fand die Eröffnung statt.

Bau und Nutzung im Zweiten Weltkrieg
Der „Schwarze Samstag“ in Mülheim
Vom Luftschutzbunker zum „Hotel Zapp“
Vom Atombunker zum Denkmal
Der Kulturbunker
Baudenkmal, Internet, Literatur

Bau und Nutzung im Zweiten Weltkrieg
Aufgrund ihrer Form als Kirchenbunker bezeichnete Luftschutzbunker sind weiterhin an verschiedenen Standorten in Köln zu sehen, zum Beispiel in Deutz, Ehrenfeld und eben in Mülheim an der Berliner Straße.
Aus der Luft sollten sie schwerer als Bunker zu erkennen sein und daher bei Bombenangriffen weniger zu Zielen werden.

Den Mülheimer Hochbunker konzipierte der Kölner Architekt Hans Schumacher. Zwischen 1942 und 1943, nach anderer Überlieferung 1944, errichteten Zwangsarbeiter*innen, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge das Gebäude. Im Mülheimer Bunker beweisen kyrillische Inschriften den Einsatz von Zwangsarbeiter*innen aus den besetzten Gebieten Osteuropas. Leider sind sie beim späteren Umbau des Gebäudes zum Kulturzentrum nicht erhalten worden.
Der Bunker in Mülheim hat eine Gesamtfläche von 1.710 Quadratmeter auf fünf Etagen, eine davon unterirdisch. Der Turm an der Vorderseite des Gebäudes diente als Entlüftungsschacht. 2.845 Menschen konnten hier Zuflucht finden, auf 0,6 Quadratmeter pro Person. Auf zwei Etagen gab es etwa 80 Zellen mit Stockbetten, die von den Bewohnenden Nord-Mülheims angemietet wurden. Denjenigen, die den Luftschutzraum errichtet hatten, war der Zutritt dagegen verwehrt. Sie waren den Bombenangriffen außerhalb schutzlos ausgeliefert. Bei einem Bombenangriff am 4. Juli kamen 25 von 80 Zwangsarbeiter*innen in einer Unterkunft in Mülheim ums Leben.
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Der „Schwarze Samstag“ in Mülheim
Als sogenannter „Schwarzer Samstag“ ging der 28. Oktober 1944 in die Mülheimer Geschichte ein. Nachmittags, ab etwa 15.30 Uhr, wurde der Stadtteil von englischen Bombern 45 Minuten lang flächendeckend bombardiert. Viele Mülheimer*innen schafften es nicht, sich rechtzeitig in die Luftschutzbunker zu retten, da vorher fälschlicherweise Entwarnung gegeben worden war.
Große Teile Mülheims wurden innerhalb kurzer Zeit schwer zerstört. Die Geschichtswerkstatt Mülheim gibt die Gesamtzahl der Toten mit 548 an: 270 Personen starben in zu Luftschutzräumen umgebauten Kellern, die weniger Schutz boten als Hoch- und Tiefbunker. 278 Menschen starben außerhalb (Geschichtswerkstatt Mülheim, 2017). Insgesamt wurden in Köln über 2000 Häuser zerstört, der Großteil davon in Mülheim, und mehr als 8000 Menschen wurden obdachlos.

Vom Luftschutzbunker zum „Hotel Zapp“
Der Hochbunker war nach dem Krieg eines der wenigen noch intakten großen Gebäude in Mülheim. Nach einer Direktive des alliierten Kontrollrats vom 6. Dezember 1945 sollten in Deutschland alle Bunker mit Platz für 100 Personen und mehr gesprengt werden, damit sie nicht wieder zu Kriegszwecken genutzt werden konnten. Aufgrund der massiven Bauweise misslangen die Sprengungen jedoch häufig oder verursachten Schäden an Nachbargebäuden, ganz zu schweigen von den hohen Kosten.
Schließlich fokussierte man sich darauf, die Bunker zu „entfestigen“, sie also durch strukturelle Änderungen, wie das Einbauen von Fenstern oder das Durchlöchern von Decken und Wänden, für ihren ursprünglichen Zweck unbrauchbar zu machen.

In den zerstörten Städten, auch in Köln, dienten Hochbunker allerdings als dringend benötigter Wohnraum. Hier stieß die umfassende Sprengung alter Hochbunker daher auf Widerstand in der Bevölkerung. Auch der Mülheimer Bunker wurde nach dem Krieg auf diese Weise genutzt. Die Zustände in den Bunkern waren meist schlecht: Die Bewohnenden lebten sehr beengt, die Sanitäranlagen waren nicht ausreichend und die Möglichkeiten der Belüftung stark begrenzt.

Ab circa 1948 pachtete die Familie eines Büttenredners Teile des Mülheimer Hochbunkers vom deutschen Staat und betrieb hier das „Hotel Zapp“, in dem auch Theateraufführungen, Schützenfest-, Karnevals- und Tanzveranstaltungen stattfanden. Zu Beginn der 1950er Jahre übernahm eine andere Familie den Betrieb und führte ihn bis 1959 unter demselben Namen weiter.
Im „Hotel Zapp“ gab es 100 Betten in Einzel-, Doppel- und Mehrbettzimmern, des Weiteren Säle mit Platz für 50 bis 300 Personen und ein Restaurant im Erdgeschoss.
Sogenannte Bunkerhotels waren damals keine Seltenheit und auch in anderen Großstädten verbreitet. Ein berühmtes Beispiel ist das bis 1980 bestehende Stuttgarter „Bunkerhotel“.
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Vom Atombunker zum Denkmal
Nach dem Mauerbau und der Kubakrise wurde auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges auch in Köln damit begonnen, die alten Hochbunker zu Atombunkern umzubauen. Der Hochbunker in Mülheim wurde in Stand gesetzt, die Raumaufteilung blieb jedoch zunächst ähnlich. Die Bemühungen hielten bundesweit bis zum Ende der 1980er Jahre an, als die Einrichtung von Atomschutzbunkern im Zuge der Entspannung zwischen Ost und West nicht mehr relevant war.
Zwischenzeitlich wurde der Hochbunker in Mülheim als Lager und für Band- und Orchesterproben genutzt, da die dicken Wände sehr guten Schallschutz boten.

Am 1. Juli 1980 wurden dieser Bunker und der in der Helenenstraße in Deutz in die Denkmalliste der Stadt Köln aufgenommen. Die Frage nach der Denkmalwürdigkeit von Hochbunkern aus dem Zweiten Weltkrieg wurde auf städtischer Ebene in Politik und Gesellschaft durchaus kontrovers diskutiert. Nach der Eintragung musste man sich mit der Präsenz der Bauten abfinden und versuchte, ihnen etwas von ihrer wuchtigen Erscheinung zu nehmen: Beide Bunker wurden Mitte der 1980er Jahre im Rahmen eines Programmes für arbeitslose Jugendliche mit italienischen Stadtpanoramen bemalt.
Beim späteren Umbau des Bunkers in Mülheim wies diese Bemalung bereits Schäden auf und wurde durch eine ursprünglichere Sichtbetonbemalung ersetzt.
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Der Kulturbunker
Zu Beginn der 1980er Jahre schloss das „Stern am Ring“ genannte Kino am Clevischen Ring. Der Verein Kulturbunker Köln-Mülheim e.V. nennt 1982 als Jahr der Schließung, auf Wikipedia und der Webseite „Köln im Film“ findet sich das Jahr 1985. Das Lichtspielhaus war einer der wenigen kulturellen Veranstaltungsorte in Köln-Mülheim.

Um in ihrem Stadtteil neue Orte für Kulturveranstaltungen aufzubauen, gründeten Mülheimer Bürger*innen daraufhin das Zentrum für Arbeit und Kultur e.V. (ZAK) und besetzten eine Lagerhalle in der Rixdorfer Straße. Deren Eigentümer wollte das Gebäude jedoch abreißen und so suchte das ZAK nach einem Jahr erfolgreicher Kulturarbeit einen neuen Standort.
Der Hochbunker an der Berliner Straße wurde als geeignet ins Auge gefasst. 1987 setzte sich die Bezirksregierung Mülheim bei der Stadt Köln für Verhandlungen zum Nutzungsrecht mit den Aktivist*innen ein. 1991 wurde der heutige Trägerverein - damals noch Kulturbunker Mülheim e.V., heute Kulturbunker Köln-Mülheim e.V. - gegründet und nahm selbstständig erste Reparaturen und Renovierungen in Angriff.

Als sich der „Schwarze Samstag“ am 28. Oktober 1994 zum fünfzigsten Mal jährte, öffnete im Bunker eine Ausstellung, die anhand von Fotografien, Gemälden und Installationen verschiedene Dimensionen der NS-Zeit in Mülheim thematisierte: Zwangsarbeit, Widerstand, die Zerstörungen durch den Krieg. Zu diesem Anlass kamen auch Zeitzeug*innen des Bombenangriffs zum ersten Mal wieder in den Hochbunker.

Auf Betreiben des Trägervereins wurde das Gebäude 1996 seiner Funktion für den Zivilschutz enthoben. Im Jahr darauf folgte der Umbaubeschluss des Kölner Stadtrats. Bei den folgenden Arbeiten wurde auch die bunte Bemalung der Fassade entfernt, um den ursprünglichen Zweck des Gebäudes sichtbarer herauszustellen. Im Mai 2000 wurde der Kulturbunker Köln-Mülheim von Oberbürgermeister Fritz Schramma feierlich eröffnet.
Heute finden in den Räumlichkeiten Konzerte, Partys, Ausstellungen, Aufführungen und Performances statt.
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Baudenkmal
Am 1. Juli 1980 wurde der Hochbunker unter der laufenden Nummer 635 in der Denkmalliste der Stadt Köln eingetragen.

(Antonia Frinken, LVR-Abteilung Digitales Kulturerbe, 2024)

Internet
kulturbunker-muelheim.de: Kulturbunker Köln-Mülheim e.V. (abgerufen 15.07.2024)
de.wikipedia.org: Kulturbunker Köln-Mülheim (abgerufen 15.07.2024)
www.stadt-koeln.de: Kulturbunker Köln-Mülheim (abgerufen 15.07.2024)
koeln-muelheim.de: Schwarzer Samstag - Gedenktag (abgerufen 15.07.2024)
koelngis.stadt-koeln.de: Geoportal der Stadt Köln, eingetragene Denkmäler (abgerufen 15.07.2024)
koeln-muelheim.de: Geschichtswerkstatt Köln-Mülheim, Kriegszeit 1939-1945 (PDF-Datei, 842 kB, abgerufen 15.07.2024)
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Literatur

Geschichtswerkstatt Mülheim, Kulturbunker Köln-Mülheim e.V. (Hgs.) (2017)
Die Geschichte des Kulturbunkers Köln-Mülheim. Köln.

Hochbunker in Mülheim

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Berliner Straße 20
Ort
51063 Köln - Mülheim
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege, Landeskunde, Architekturgeschichte
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Vor Ort Dokumentation
Historischer Zeitraum
Beginn 1942 bis 1944

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Empfohlene Zitierweise
„Hochbunker in Mülheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-354139 (Abgerufen: 13. Dezember 2024)
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