Kulturhistorisches
Die erste kleine Friedhofsfläche in Poppelsdorf wurde ab 1798 am nördlichen Fuß des Kreuzbergs angelegt und 1800 eingeweiht. Sie besteht aus einem sehr langen schmalen Grundstück östlich des Stationswegs, der den heutigen Friedhof hohlwegartig durchschneidet. Dieser dient seit Jahrhunderten als Prozessionsweg zur Wallfahrtskapelle auf der Kuppe, wo sich einige größere steinerne Gruften finden.
Da der Alte Friedhof an der Bornheimer Straße 1884 geschlossen wurde und der neu angelegte Nordfriedhof an der Kölnstraße vielen Bürger*innen zu weit abseits lag, ließen früher viele Bonner Familien ihre Angehörigen im nahen Vorort Poppelsdorf beerdigen. So musste der Friedhof Ende des 19. Jahrhunderts um die große Fläche westlich des Stationswegs erweitert werden. Dort wurden dann im Zentrum das Verwaltungsgebäude und die Friedhofskapelle errichtet. Der starke Zulauf erhielt 1903/1904 eine gesetzliche Legitimation, als eine Beisetzung auf dem Poppelsdorfer Friedhof im Rahmen eines Eingemeindungsgesetzes neben den Poppelsdorfer*innen auch jenen Bürger*innen erlaubt war, die westlich der Bahnlinie Köln-Koblenz wohnten.
Auf dem Poppelsdorfer Friedhof sind viele berühmte Bonner Persönlichkeiten beigesetzt, darunter zahlreiche (Gründungs-)Professoren der Bonner Universität. Der Berühmteste ist zweifellos der Chemiker Friedrich August Kekulé von Stradonitz, der 1858 die Vierwertigkeit des Kohlenstoffatoms und 1865 den Benzolring entdeckte. Weitere hier bestatte bekannte Wissenschaftler sind: Wilhelm von Freeden, der 1975 die deutsche Seewarte gründete, der Zoologe und Mineraloge Georg August Goldfuß, der das heute nach ihm benannte Bonner paläontologische Museum gründete, Felix Hausdorff, jüdischer Mathematiker und Begründer der Mengenlehre, sowie Botaniker Eduard Strasburger, welcher neben 120 weiteren Publikationen 1894 das Lehrbuch der Botanik für Hochschulen schrieb, das unter dem Namen „Der Strasburger“ bis heute ein Standardwerk ist. 2003 wurde die Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel, die 1995 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, hier beerdigt.
Sehenswert ist auch das Mausoleum von Friedrich Soennecken, der 1875 die gleichnamige Firma für Büromaterial gründete und den Ortsteil Poppelsdorf entscheidend prägte. Neben diversen Bonner Bürgermeistern, Sängern und Komponisten ist auch die Grabstätte Lothar von Trothas zu erwähnen, der 1905 den Herero-Aufstand im damaligen Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia, auf brutale Weise niederschlug.
Eine Tafel am Eingang des Friedhofs gibt Auskunft über die zu findenden Ehrengräber.
Die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofes in Bonn e. V. kümmert sich um die Pflege und Dokumentation der Grabstätten auf dem Friedhof Poppelsdorf.
Naturkundliches
Die große Anlage im Hang des Kreuzbergs bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen und lässt sich grob in drei Teile gliedern: Der zentrale Teil besteht aus den „klassischen“ Gräberfeldern, nach Norden hin schließen Rasen- und Wiesenflächen mit Einzelsträuchern beziehungsweise Einzelbäumen an und im Süden am oberen Hang dominieren ältere Eichen und Buchen in lockeren Formationen, die diesem Bereich, zu dem auch der ausgeschilderte Urnenhain gehört, einen waldähnlichen Charakter geben.
Die einzelnen Friedhofserweiterungen werden durch Hainbuchen- oder Ligusterhecken abgegrenzt. Im Zentrum um die Gebäude herum ist der Baumbestand als Allee entwickelt: Hier dominieren Sandbirken, Rotbuchen, Hainbuchen, aber auch ältere Linden und Kastanien; dazu gesellen sich einige Gruppen älterer Nadelholzbäume (Fichten, Kiefern, Lärchen). Allerdings mussten in den letzten Jahren aus Verkehrssicherheitsgründen viele alte, höhlenreiche Bäume entfernt werden, einige der abgesägten Stämme wurden aber als liegendes Totholz auf dem Friedhof belassen. Östlich am Oberhang grenzt der Friedhof an strukturreichen Laubwald, im Norden und Westen an strukturreichere Kleingärten und Wiesen an.
Wegen seines Alters, seiner Größe und Lage am Ortsrand sowie seines Reliefs, verbunden mit vielen verschiedenen Lebensräumen, gehört der Poppelsdorfer Friedhof zu den für Natur und Naturschutz wertvollsten Friedhöfen:
Die Zahl der bei der Erfassung der Biologischen Station Bonn / Rhein-Erft im Rahmen des LVR-Projekts „Lebensstätte Friedhof“ gefundenen Pflanzen war mit über 100 Arten herausragend hoch. Neben der Größe ist dies in der Vielfalt der Lebensräume mit sonnigen Wiesen und Wegrändern, schattigen waldartigen Bereichen, Mauern, Gebüschen und nicht zuletzt verwilderten Ecken begründet. In den Mauern finden sich einige bemerkenswerte Pflanzenarten wie Gelber Scheinerdrauch, Braunstieliger Streifenfarn oder Mauerraute. Die Bodenvegetation in den Waldbiotopen ist außerordentlich reichhaltig. Einige Flächen werden von Laubmoosen und typischen Waldgräsern dominiert. An Blütenpflanzen kommen zum Beispiel Gefleckter Aronstab, Nesselblättrige Glockenblume, Hexenkraut und Hohler Lerchensporn vor.
Für eine weitere Anreicherung wurden 2021 drei ehemalige artenarme Rasenflächen in der Gesamtgröße von 1.650 Quadratmetern mit 22 heimischen Wiesenblumenarten aus regionaler Herkunft eingesät. Die so entstandenen Blumenwiesen mit Margeriten, Flockenblumen, Malven, Wilder Möhre und weiteren dienen Vögeln und Kleinsäugern als Verstecke und Futterquelle, Heuschrecken, Schmetterlingen und Wildbienen zum Sammeln von Nahrung und zur Fortpflanzung. Am Rand dieser Blumenwiesen steht eine große Insekten-Nistwand inklusive Infotafel, an der Interessierte sich über die Vielfalt heimischer Bienen und anderer Hautflügler informieren und bei Sonne ihr reges Treiben bewundern können.
Die Vogelwelt wurde 2021 untersucht: Mit 33 Brutvogelarten gehört der Friedhof Poppelsdorf zu den artenreichsten Friedhöfen der Stadt Bonn. Insgesamt konnten 132 Brutvogelreviere ermittelt werden. Zudem finden sich hier einige in der Stadt eher seltene Arten wie Waldkauz, Mäusebussard, Sperber, Star, Grauschnäpper oder Girlitz. Weiterhin bemerkenswert sind seltenere Brutvogelarten im direkten Umfeld: So schallen die Frühlingsgesänge von Fitis oder sogar Waldlaubsänger weit über den Friedhof. Auch der elegante Turmfalke rüttelt bisweilen über den Blühwiesen. Im Rahmen des LVR-Projekts „Lebensstätte Friedhof“ wurden Nisthilfen für Star, Grauschnäpper, Waldkauz und Turmfalke angebracht, um diese seltenen Arten zu unterstützen.
Baudenkmal
Der Poppelsdorfer Friedhof ist ein eingetragenes Baudenkmal der Stadt Bonn (A 731).
(Monika Hachtel und Peter Tröltzsch, Biologische Station Bonn / Rhein-Erft; Claudia Feldhaus, Bundesstadt Bonn, 2023)
Internet
www.bonn.de: Friedhof Poppelsdorf, mit Tafel der zu findenden „Ehrengräber“ (abgerufen 19.11.2024)
www.bonn.de: Denkmalliste der Stadt Bonn (PDF-Datei, 2,1 MB, abgerufen 19.11.2024)