Grabstätte Lothar von Trothas auf dem Poppelsdorfer Friedhof

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Bonn
Kreis(e): Bonn
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 43′ 5,1″ N: 7° 04′ 57,66″ O 50,71808°N: 7,08268°O
Koordinate UTM 32.364.654,09 m: 5.620.228,77 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.576.504,31 m: 5.620.844,42 m
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    Grabstätte Lothar von Trotha Poppelsdorfer Friedhof Bonn

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Auf dem Poppelsdorfer Friedhof in Bonn befindet sich die Grabstätte des Gouverneurs und Oberbefehlshabers Lothar von Throtha, der 1904 den Vernichtungsbefehl gegen die Bevölkerungsgruppen der Hereo und Nama im heutigen Namibia verhängte.

Grabstätte
Hintergrund und Rolle im Kolonialismus
Aktuelle Bedeutung und Erinnerungskultur
Erinnerungskultur auf dem Poppelsdorfer Friedhof
Quellen, Internet, Literatur

Grabstätte
Lothar von Trotha wurde 1920, in zentraler Lage, auf dem denkmalgeschützten Bereich des Poppelsdorfer Friedhofs begraben. Das Grabmal ist eher unscheinbar: eine Steinplatte mit eingemeißelten Lebens- und Sterbedaten, überwachsen von Moos. Der Zahn der Zeit nagt an den Lettern, sodass sie sich mitunter schwer entziffern lassen. Neben ihm ruhen auch seine Ehefrau Lucy von Trotha und ihr gemeinsamer Sohn Wolfgang in der Grabstätte.
Das Grabmal erinnert an die Verbrechen und das Leid, das von Trotha während seiner Zeit und darüber hinaus in Namibia verursacht hat. Es symbolisiert die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands und unterschreibt die Bedeutung aktiver Erinnerungskultur.
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Hintergrund und Rolle im Kolonialismus
Adrian Dietrich Lothar von Trotha, geboren am 3. Juli 1848 in Magdeburg und gestorben am 31. März 1920 in Bonn, wuchs in einer preußischen Offiziersfamilie auf. Seine militärische Laufbahn, welcher er bereits im jungen Alter von 17 Jahren begann, führte ihn später als obersten Befehlshaber der deutschen Schutztruppe nach Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia.
Von 1884 bis 1915 war von Trotha Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika. Bereits im Jahr 1900 hatte er „den Ruf eines besonders erbarmungslosen Militärs“ (Zimmerer 2014, S. 49) inne und war an der ‚Niederschlagung' des sogenannten ‚Boxeraufstands' im chinesischen Kiautschou beteiligt (Wolff 2021, S. 20). Im Oktober 1904 gab Trotha den Vernichtungsbefehl gegen die Bevölkerungsgruppe der Herero, im April 1905 gegen die Nama, die sich beide im Widerstand gegen das deutsche Kolonialregime, die Fremdherrschaft und deren Menschenrechtsverletzungen befanden. „Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu Ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen“, befahl Trotha (Bundesarchiv 1001/2089).
Bis zu 100.000 Menschen wurden schätzungsweise von den deutschen Truppen ermordet, starben an Dehydrierung in der Omaheke-Wüste oder in den Konzentrationslagern. Die Rolle Lothar von Trothas in der deutschen Kolonialgeschichte ist bis heute Gegenstand von Aufarbeitungsprozessen.
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Aktuelle Bedeutung und Erinnerungskultur
Historiker*innen ordnen den Vernichtungskrieg gegen die Herero und die Nama als den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts ein, wobei die Bundesrepublik Deutschland dies jahrzehntelang nicht anerkannte. Bis heute kämpfen Nachfahren für eine Verantwortungsübernahme der Bundesrepublik und für Reparationszahlungen.
Im Jahr 2004 entschuldigte sich die damalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, in Namibia für den Völkermord (Zimmerer 2016, S. 455). 2021 erkannte die Bundesregierung nach Jahren der Verhandlung die Kolonialverbrechen im heutigen Namibia an, wobei sich daraus kein Rechtsanspruch auf Entschädigungen oder Rückgabe von Ländereien ergab. Zugesichert wurden stattdessen 1,1 Milliarden Euro für ein Programm zur Entwicklung und zum Wiederaufbau, die über einen Zeitraum von 30 Jahren gezahlt werden sollen. Einige Herero Aktivist*innen lehnen diesen Vertrag allerdings ab, da er zwischen der deutschen und namibischen Regierung geschlossen wurde, die für die Mehrheit der Hereros und Namas kein Verhandlungsmandat innehat. So lässt sich auch bei diesem Abkommen eine noch wirksame koloniale Asymmetrie erkennen. Im Rahmen von Versöhnungsarbeit und Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit stellt sich die Frage nach aktiver Erinnerungskultur und wie diese auf Augenhöhe zu gestalten ist. Der Umgang mit Kolonialverbrechen und Entschädigungen bleibt meistens doch Aushandlungssache auf Regierungsebene. So verbleiben Ambivalenzen, wenn es um die koloniale Erinnerungspolitik geht und die Vergangenheit wird in der Gegenwart rekonstruiert.
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Erinnerungskultur auf dem Poppelsdorfer Friedhof
Auf der Eingangstafel des Poppelsdorfer Friedhofs war das Grab von Trothas lange Zeit fälschlicherweise als Ehrengrab gelistet. Im Jahr 2008 fiel dies durch den Hinweis eines Historikers auf, woraufhin die Stadt Bonn den Namen von Trothas entfernte, allerdings wurde er immer wieder von Unbekannten nachgetragen. Im Infokasten am Haupteingang des Friedhofs wird nun in aller Kürze über seinen Vernichtungskrieg informiert, ebenso darüber, dass von Trotha seine letzten Lebensjahre teilweise in Bonn verbrachte und dass sich ein Projekt der Stadt zukünftig mit diesem Erbe beschäftigen wird. Angebracht wurde der Hinweis Anfang 2022, als das Projekt des Stadthistorischen Zentrums mit dem Namen Aktive Erinnerungskulturen ins Leben gerufen wurde. Dieses sollte koloniale Spuren in der Stadt sichtbar machen, mit einem Verständnis von Geschichte als unabgeschlossenem Prozess, mit dialogischer Erinnerung und Aufarbeitung. Die Laufzeit des Projekts endete 2023.
Das Bedürfnis nach Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte hat auch dazu geführt, dass das Grab Lothar von Trothas als Station in einem Stadtrundgang der Gruppe ‚Bonn Postkolonial' aufgenommen wurde.
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(Magdalena Esser, LVR-Redaktion KuLaDig, 2024)

Quellen, Internet, Literatur
www.decolonize-bonn.de : Stadtrundgang (abgerufen 18.06.2024)
www.bpb.de: Völkermord an Herero und Nama: Abkommen zwischen Deutschland und Namibia (abgerufen 17.06.2024)
www.wdr.de: Koloniale Spuren in NRW: Die Grabstätte von Lothar von Throtha (abgerufen 17.06.2024)
www. deutschlandfunkkultur.de: Namibias Kolonialgeschichte. Deutsche Missionare kooperieren mit Konzentrationslagern, Michael Hollenbach 2022 (abegerufen 17.06.2024)
www.https://www.nationalgeographic.de/ Genozid in Namibia: So dachte der erste deutsche Völkermörder, Marius Rautenberg 2022 (abgerufen 17.06.2024)
www.bpb.de: Widerstand und Genozid: Der Krieg des Deutschen Reiches gegen die Herero (1904-1908), Jürgen Zimmerer 2014 (abgerufen 17.06.2024)
www.bonn.de: Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen. Projekt „Aktive Erinnerungskulturen“ (abgerufen 17.06.2024)

Literatur

de Wolff, Kaya (2021)
Post-/koloniale Erinnerungsdiskurse in der Medienkultur. Der Genozid an den Ovaherero und Nama in der deutschsprachigen Presse von 2001 bis 2016. S. 11-20. Bielefeld.
Klie, Thomas; Sparre, Sieglinde (2017)
Das Gedächtnis der Nahräume - zur Einführung. Erinnerungslandschaften. Friedhöfe als kulturelles Gedächtnis. S. 7. Stuttgart.
Zimmerer, Jürgen (2016)
"Throtha, Lothar von". Neue Deutsche Biographie 26. S. 455. Berlin.
Zimmerer, Jürgen (2014)
Kein Platz an der Sonne. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte. S. 49. Frankfurt am Main/ New York.

Grabstätte Lothar von Trothas auf dem Poppelsdorfer Friedhof

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Stationsweg 25
Ort
53127 Bonn - Poppelsdorf
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kein
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Vor Ort Dokumentation
Historischer Zeitraum
Beginn 1920

Empfohlene Zitierweise

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„Grabstätte Lothar von Trothas auf dem Poppelsdorfer Friedhof”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-354067 (Abgerufen: 30. April 2025)
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