In die menschenleere Wildnis? Die Zisterzienser und die Nutzung von Ressourcen

Klosterlandschaftsweg Altenberg, Station 9

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Odenthal
Kreis(e): Rheinisch-Bergischer Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 03′ 54,81″ N: 7° 08′ 53,99″ O 51,06523°N: 7,14833°O
Koordinate UTM 32.370.256,05 m: 5.658.709,33 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.580.539,23 m: 5.659.530,61 m
  • Der Altenberger Dom vom Prinzenplatz aus. Hier soll Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1833 den Entschluss zum Wiederaufbau der Kirche gefasst haben (2023).

    Der Altenberger Dom vom Prinzenplatz aus. Hier soll Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1833 den Entschluss zum Wiederaufbau der Kirche gefasst haben (2023).

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  • Die Ruine des Altenberger Doms von Südwesten bei Mondschein, Aquarell von Caspar Scheuren, 1878, heute im Kunstpalast Düsseldorf.

    Die Ruine des Altenberger Doms von Südwesten bei Mondschein, Aquarell von Caspar Scheuren, 1878, heute im Kunstpalast Düsseldorf.

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„Nach vielen Mühen und übergroßen Schwierigkeiten, […] kamen sie endlich ans Ziel ihrer Sehnsucht, nach Cîteaux. Es war damals ein schrecklicher und ganz verlassener Ort. Als Streiter Christi aber ließen sie sich durch die Unwirtlichkeit des Ortes nicht von dem einmal gefassten festen Entschluss abbringen.“
(Exordium Cistercii, entstanden um 1130-1135, Kapitel 1: Der Auszug der Zisterziensermönche aus Molesme)

Urbarmachung
Die Zisterzienser betonten in ihren Gründungslegenden, die vorgefundene Wildnis gerodet zu haben, um die Voraussetzungen für die Gründungen ihrer Klöster zu schaffen. Verlassene, wilde Orte abseits der Zivilisation sollen es gewesen sein, in die die Ordensangehörigen vordrangen.
Die Forschung konnte allerdings inzwischen nachweisen, dass der Orden überwiegend bereits erschlossene Landschaften vorgefunden hatte und sich diese zu Nutzen machte. In manchen Fällen waren die Ländereien vor Ort sogar bereits besiedelt, so auch die Klosterlandschaft Altenberg, die bereits vor Ankunft der Mönche kultiviert wurde. Im Umfeld von Burg Berge als Sitz der Grafen von Berg existierten landwirtschaftliche Nutzflächen, Wege, Höfe und Waldnutzungen, die bis weit vor die Zeit der Klostergründung im Dhünntal zurückreichten.

Der Zisterzienserorden zeichnete sich jedoch durch ein besonderes handwerkliches Geschick aus, das die Optimierung vorhandener Ressourcen erlaubte. Innovationen ihrer Zeit in Ackerbau und Viehzucht wussten die Ordensbrüder für sich zu nutzen und so die Erträge deutlich zu steigern. Ihre Wasserbautechnik verbesserte die Wasserversorgung und lieferte zudem Energie für den Betreib klostereigener Mühlen. Darüber hinaus verfügte die Abtei - im Mittelalter keinesfalls die Regel - über Möglichkeiten zur Vorratshaltung. Überschüsse konnten auf den Märkten der umliegenden Städte kapitalisiert werden. Der daraus entstandene Gewinn sowie die asketische Lebensweise der Ordensbrüder mit wenig Konsum ermöglichten Investitionen in Ausstattung und Infrastruktur.

Hereditas-Berge
Im Jahr 1133 überließ Graf Adolf von Berg dem Zisterzienserorden nicht nur die aufgegebene Burg Berge auf dem Bülsberg, sondern auch umfangreiche Ländereien im Dhünntal. Diese werden heute als Hereditas Berge (vom Lateinischen hereditas - Erbe, Erbschaft, Erbteil) bezeichnet. Es scheint ein geschlossener Grundbesitz gewesen zu sein, der den Klosterbezirk und die ehemalige Burg Berge umgab und bis zur Säkularisation im Jahr 1803 im Besitz der Altenberger Abtei blieb. Hinzu kamen im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Schenkungen geistlicher und weltlicher Herren.

Die Hereditas Berge umfasste einen Ausschnitt des Dhünntals sowie der angrenzenden, überwiegend bewaldeten Talflanken. Die Außengrenzen des Areals verliefen über weite Strecken entlang von Fließgewässern und wurden in den übrigen Bereichen von einem Wall markiert. Dieser diente zum einen dazu, das Eigentum des Klosters zu kennzeichnen, zum anderen dazu, fremdes Vieh am Eindringen in die klösterlichen Wälder zu hindern. Ein etwa 1,2 km langes Teilstück dieses Walls hat sich südöstlich von Altenberg erhalten, dicht mit Bäumen und Sträuchern überwachsen, ist es heute im Gelände nur noch schwer erkennbar.

Ende eines Klosters
Mit dem Vorrücken der französischen Truppen ins Rheinland am Ende des 18. Jahrhunderts verlor die Altenberger Abtei bereits zwei Drittel ihrer Ländereien. Im Zuge der folgenden Säkularisierung wurde der Altenberger Konvent im Jahr 1803 aufgelöst. Im November jenes Jahres verließen die letzten Zisterziensermönche das Kloster, ihr Abt Josef Greef folgte am 1. Dezember. Kurz darauf verkaufte der bayerische König Maximilian Joseph die Klosteranlage an den Kölner Weinhändler Johann Heinrich Pleunissen.
Ein schwerer Brand zerstörte im November 1815 große Teile des ehemaligen Klosters sowie das Dach der Kirche. In den folgenden Jahren verfiel die Abtei immer mehr, weitere Gebäudeteile stürzten ein und die Domruine war der Witterung gnadenlos ausgesetzt.

(Der Klosterlandschaftsweg Altenberg ist im Rahmen des Projektes „CISTERSCAPES – Europäisches Kulturerbe-Siegel Klosterlandschaft Altenberg“ entstanden, Text: Lisa Kröger, 2023)

Literatur

Brehm, Hildegard; Altermatt, Alberich Martin (Hrsg.) (1998)
Einmütig in der Liebe. Die frühesten Quellentexte aus Cîteaux. Antiquissimi Textus Cistercienses lateinisch-deutsch. Langwaden.

In die menschenleere Wildnis? Die Zisterzienser und die Nutzung von Ressourcen

Schlagwörter
Ort
51519 Odenthal
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Vor Ort Dokumentation

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„In die menschenleere Wildnis? Die Zisterzienser und die Nutzung von Ressourcen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345914 (Abgerufen: 18. Mai 2024)
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