Grugastadion Essen

„Ruhrstadion am Montagsloch“, zeitweise Heimspielstätte von Rot-Weiß Essen und Schwarz-Weiß Essen

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Essen (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Essen (Nordrhein-Westfalen)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 25′ 28,76″ N: 6° 59′ 34,77″ O 51,42466°N: 6,99299°O
Koordinate UTM 32.360.464,87 m: 5.698.960,90 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.569.109,89 m: 5.699.358,34 m
  • Das 1963 eröffnete Grugastadion in Essen-Rüttenscheid während des Abrisses (2001).

    Das 1963 eröffnete Grugastadion in Essen-Rüttenscheid während des Abrisses (2001).

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  • Streckenskizze zum Rennen um den "Gruga-Preis der Stadt Essen" am 20. Juli 1952 aus dem Programmheft. Rechts im Plan das damalige "Ruhrstadion", Vorgängeranlage des 1961-63 erbauten Grugastadions Essen.

    Streckenskizze zum Rennen um den "Gruga-Preis der Stadt Essen" am 20. Juli 1952 aus dem Programmheft. Rechts im Plan das damalige "Ruhrstadion", Vorgängeranlage des 1961-63 erbauten Grugastadions Essen.

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Das Grugastadion im Essener Stadtteil Rüttenscheid wurde nach zweijähriger Bauzeit 1963 eröffnet. Als eines der größten Sportstadien der Stadt war es Teil einer Sportanlage mit Stadion, Turnfesthalle und Festwiese, die eine Gesamtfläche von 12,4 Hektar einnahm und zu der auch das ebenfalls 1961-1963 errichtete Grugabad gehörte.
Der Name bezieht sich auf den benachbarten Grugapark, das Gelände der „Großen Ruhrländischen Gartenbau-Ausstellungen“ von 1929 und 1952. Als Architekten des Gruga-Sportgeländes zeichneten Ulrich Schmidt von Altenstadt, Ernst von Rudloff und Eckhard Schulze-Fielitz verantwortlich.

Vorgeschichte und Bau
Einweihung mit dem Deutschen Turnfest 1963 und weitere Veranstaltungen
Nutzung als Bundesliga-Spielstätte
Der Papstbesuch 1987
Verfall des Stadions, Abriss 2001 und heutige Situation
Internet, Literatur

Vorgeschichte und Bau
Schon lange gab es in Essen den Wunsch nach einem großen Stadion. Die Essener Volkszeitung stellte bereits 1926 die Frage „Braucht Essen ein Stadion?“ um sie sogleich über die „Bedeutung Essens und des Essener Sports unbedingt zu bejahen“.
Der Stadion-Historiker Werner Skrentny führt an, dass nach dem Zweiten Weltkrieg große Hoffnungen in den Ausbau eines aus Trümmerschutt bestehenden ovalen Walls an einem alten Ziegeleigelände mit Lehmgube an der Moritzstraße gelegt wurden. Aus dem auch „Montagsloch“ genannten Schuttabladeplatz sollte ein Ruhrstadion für 70.000 Zuschauer entstehen. Auf einer Streckenskizze zum „Gruga-Preis“-Autorennen von 1952 ist das Provisorium als „Ruhrstadion“ eingezeichnet (vgl. Abb.).
Für ein entsprechendes Stadion gab es um 1951 sogar konkrete Planungen, in denen Baukosten von 7 Millionen DM veranschlagt wurden. Damit Essen hinsichtlich der Austragung von Fußball-Länderspielen mit deutlich kleineren Städten wie Ludwigshafen oder Augsburg konkurrieren könne, wurde in den 1950ern u.a. ein Aufschlag auf Ticketpreise im Sinne einer Stadion-Lotterie diskutiert (Skrentny 2015).

Aber erst die 1959 erfolgte Zusage zur Ausrichtung des Deutschen Turnfests 1963 in Essen (gegen die Mitbewerber Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Hannover und Köln) konkretisierte letztlich die Planungen zum Ausbau des „Schuttkolosses Ruhrstation“ und der Gruga-Nebenanlagen. Da die großen Essener Fußballvereine mittlerweile aber bereits über eigene Arenen verfügten, entstand mit dem immerhin 40.000 Plätze bietenden (3.600 davon überdacht) „Ruhrstadion“ an der Gruga für mehr als 20 Millionen DM letztlich „eine Sportstätte, die niemand wirklich brauchte“ (ebd.).
Um den prestigeträchtigen Namen „Ruhrstadion“ konkurrierte Essen zeitweise mit dem 1969-1973 für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 1974 erbauten Gelsenkirchener Parkstadion. Den Namen führt heute das 1979 neu eröffnete Stadion an der Castroper Straße in Bochum.
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Einweihung mit dem Deutschen Turnfest 1963 und weitere Veranstaltungen
Die Einweihung des Grugastadions erfolgte mit dem 25. Deutschen Turnfest vom 15. bis 21. Juli 1963; die offizielle Eröffnung des Stadions erfolgte wenig später zum 13. September 1963 (de.wikipedia.org).
Das Turnfest unter dem Motto „Kommt, macht alle mit!“ mit etwa 30.000 aktiven Sportlern und Sportlerinnen war das bis dato größte Sportereignis im Ruhrgebiet, zur Abschlusskundgebung auf der Festwiese fanden sich rund 110.000 Besucher ein.
Gleichwohl bewahrheiteten sich vorherige, „enthusiastisch in den Wind geschlagene Warnungen ... dass das siebentätige Einmalerlebnis eine für die weitere Nutzung sinnlose Infrastruktur hinterlassen würde“ (Skrentny 2015). Das Deutsche Turnfest fand nie wieder in Essen statt und heute ist keine der damaligen Sportstätten mehr erhalten.

Als Spielstätte der Fußball-Bundesliga spielte das Grugastadion kaum eine Rolle (vgl. nachfolgend) und weitere hier ausgerichtete Großveranstaltungen waren von eher nachrangiger Bedeutung. Am 25. April 1965 wurde im Stadion das Finale der inoffiziellen Europameisterschaft der Fußball-Junioren ausgetragen, das der DDR-Nachwuchs mit 3:2 gegen die Auswahl Englands gewann. 1971 gastierte das internationale Finale der seinerzeit populären Fernseh-Unterhaltungssendung „Spiel ohne Grenzen“ im Grugastadion.
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Nutzung als Bundesliga-Spielstätte
Obgleich das Grugastadion mit einer Kapazität von 40.000 Plätzen eines der größten Sportstadien der Stadt Essen war, wurde es lediglich als Ausweichspielstätte der beiden großen Fußballvereine genutzt.

Der am 1. Februar 1907 als SV Vogelheim gegründete Fußballverein „Rot-Weiss Essen“ - dreimaliger Erstligist 1966/67, 1969/70-1970/71 und 1973/74-1976/77 - nutzte das Grugastadion lediglich 1970 dreimal als Ausweichspielstätte für Bundesligapartien. „RWE“ spielte ansonsten im 1923 erbauten Stadion an der Hafenstraße im Stadtteil Bergeborbeck. Dieses zeitweise 36.000 Zuschauer (zuletzt 15.000) fassende Stadion wurde 1964 nach einem Mitgründer von Rot-Weiss Essen in Georg-Melches-Stadion umbenannt. Während der Renovierung des Georg-Melches-Stadions wurde das Grugastadion Ende der 1990er nochmals vom damaligen Oberligisten Rot-Weiss Essen als Ausweichquartier genutzt.
Das Georg-Melches-Stadion wurde wegen Baufälligkeit 2012 abgerissen und das im gleichen Jahr unweit des früheren Standorts eröffnete (neue) Stadion an der Hafenstraße ist seitdem die Heimspielstätte von Rot-Weiss Essen sowie des Frauenteams der Sportgemeinschaft Essen-Schönebeck 19/68 e. V. (SGS Essen).

Die im Jahr 1900 gegründete eigenständige Fußballabteilung des bereits 1881 gegründeten Verein ETB Schwarz-Weiß e.V., eher bekannt als „Schwarz-Weiß Essen“, nutzt traditionell das 1922 eröffnete Uhlenkrugstadion im Essener Stadtteil Stadtwald mit 9.950 Plätzen. Einzig während der Zugehörigkeit zur damaligen Zweiten Bundesliga Nord zwischen 1974/75 und 1977/78 spielte Schwarz-Weiß im Grugastadion, da das erst kurz zuvor vom Verein übernommene Uhlenkrugstadion nicht zweitligatauglich war.
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Der Papstbesuch 1987
Sein zweiter Pastoralbesuch in Deutschland vom 30. April bis 4. Mai 1987 führte Papst Johannes Paul II. (1920-2005, eigentlich Karol Józef Wojtyla, Papst 1978-2005) auch nach Essen als Sitz des erst 1958 eingerichteten Ruhrbistums. Am 2. Mai 1987 um 13:19 Uhr landeten von der zuvor besuchten Bottroper Zeche Prosper-Haniel ankommend sechs Hubschrauber mit dem Papst und seinem Gefolge im Grugastadion. Wegen der damaligen Arbeitskämpfe infolge der andauernden Kohlenkrise im Ruhrgebiet war es „ein Besuch in schwerer Zeit“ und gerade einmal etwa 2.000 bis 3.000 Zuschauer*innen erwarteten das Kirchenoberhaupt in der Arena an der Gruga (waz.de).
Von hier aus ging es - der Papst natürlich in seinem „Papamobil“ - durch Rüttenscheid weiter zum Gebet in der Essener Kathedralkirche.

Verfall des Stadions, Abriss 2001 und heutige Situation
Bereits in den 1980ern waren drei auf der vormaligen Festwiese des Turnfests eingerichtete Fußballplätze zu Parkplätzen für die der Gruga benachbarten Essener Messe umfunktioniert worden.
Unterdessen verfiel die sich selbst überlassene Arena. Das letzte halbwegs bedeutende Fußballspiel trugen die Essener Lokalrivalen Schwarz-Weiß und Rot-Weiß (1:4) am 20. September 1998 vor 8.200 Besuchern aus. Im Jahr 2000 mussten Teile der Stehplatzränge wegen Baufälligkeit gesperrt werden. Das Grugastadion wurde schließlich 2001 abgerissen und die Turnfesthalle 2002.
Zwischen 2007 und 2010 entstand auf dem Gelände des Grugastadions der Neubau der Hauptverwaltung des Essener Energiekonzerns E.ON und auf dem Gebiet der anderen Sportanlagen ein Verwaltungsgebäude des Baukonzerns Hochtief AG sowie Wohnbebauung.

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2022/24)

Internet
www.europlan-online.de: European Football Magazine, Grugastadion - Essen-Rüttenscheid (abgerufen 23.02.2024)
de.wikipedia.org: Grugastadion (abgerufen 23.02.2024)
deu.archinform.net: Ulrich (S[chmidt]) von Altenstadt (*1928) (abgerufen 23.02.2024)
www.waz.de: Vor 30 Jahren war Papst Johannes Paul II. in Essen (Text Martin Spletter, 30.04.2017, abgerufen 23.02.2024)
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Literatur

Skrentny, Werner (2015)
Es war einmal ein Stadion. Verschwundene Kultstätten des Fußballs. S. 38-39, Göttingen.
Skrentny, Werner (2001)
Das große Buch der deutschen Fussballstadien. Göttingen.

Grugastadion Essen

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Brüsseler Platz / Tulpenweg
Ort
45131 Essen - Rüttenscheid
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1961 bis 1963, Ende 2001

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
„Grugastadion Essen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343502 (Abgerufen: 3. Mai 2024)
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