Die „Rheinbraun“ (voller Name: Rheinische AG für Braunkohlenindustrie und Brikettfabrikation) verließ im Jahre 1981 ihren 1921/1922 errichteten Unternehmenssitz am Kölner Konrad-Adenauer-Ufer (RAG-Verwaltung Köln Altstadt-Nord) und verlagerte ihn an den westlichen Stadtrand in Richtung der Braunkohleabbaugebiete. Dort besaß man bereits den traditionsreichen Stüttgenhof, der weiter als Pachtbetrieb in Funktion blieb, und ein dazugehöriges umfangreiches Gelände. Der neue Standort an der Dürener Straße am westlichen Rand des Kölner Grüngürtels zeichnete sich durch seine Nähe zur Autobahn und weiteren Fernstraßen aus. Er verfügt aber auch über einen Anschluss an die Stadtbahnlinie Köln-Frechen, die frühere Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn. Gelegentlich sieht man beladene Kohlezüge Richtung Niehler Hafen dort passieren.
Mit dem Bau der neuen Zentrale wurde die renommierte Düsseldorfer Architekturfirma HPP – Hentrich, Petschnigg und Partner – betraut. Der Bau begann 1975/76 und konnte 1981 abgeschlossen werden. Eingebettet in ein neu gestaltetes Gelände, entstand hier ein Gebäude, das Vorstandsräume, Verwaltungsabteilungen sowie Registratur und Sozialräume enthielt. Den in vier gleichartigen Segmente gegliederten Gebäude ist an der Nordwestecke ein durch Fortsetzung des Erdgeschosses über den hier freiliegenden Sockelgeschoss ausladender Kantinenbau angegliedert.
In seiner Gesamtform bildet der Bau ein blockhaft wirkendes Karree, das jedoch aufgelockert ist durch wechselnde Höhen der Segmente und abgeschrägte Ecken sowie rhythmisiert wird durch vorgelagerte, mit hellen Quarzitverkleidungen auch farblich abgesetzten Treppentürme, die jeweils eine Gebäudeseite flankieren. Im Zentrum befindet sich ein mit einem Wasserbecken aufgewerteter Innenhof, dessen Grundform als Quadrat mit abgefasten Ecken den Gesamtbau wiederholt, der jedoch um eine Achteldrehung versetzt bzw. in die Diagonale verschoben ist. Nach Südosten ist das Erdgeschoss hier offengelassen und bildet eine überdachte Terrasse. Die Fassaden des Betonskelettbaus bestehen aus Fensterbändern mit weit vorkragenden Balkonzonen, die mit dunkelbraunen Metalltafeln verkleidet und begehbaren Gittern nach unten abgeschlossen sind. Die Abkantungen für die zahlreichen Ecken die Plastizität der Fassaden erhöhen. Die Verglasung nach außen besteht aus verspiegeltem Sonnenschutzglas. Der Gesamteindruck entspricht mit einen in ihrer Grundfläche wechselnden Ebenen, Vordächern und den Brüstungsbändern den als charakteristisch für die 1970er und 80er Jahre erachteten „Tablarbauten“.
Der Verzicht auf eine das Gelände weiträumig einfassende Umzäunung und Einlasskontrolle vermittelt den Eindruck eines plastisch-skulptural in die Landschaft gesetzten Solitärs. Durch den Übergang vom Wald zur Wiesenzone ist die Umgebung nochmals besonders vielfältig. Wenige Pflanzungen wie Einzelbäume und Strauchgruppen mindern die Wucht des Großbaus und verstärken den Eindruck einer harmonischen Landschaftsgestaltung.
Mitarbeiter und Gäste gelangen auf das Gelände zu Fuß oder mit dem Auto. Zur Unterbringung der Autos sind westlich des Stüttgenwegs ausgedehnte Parkplätze angelegt. Hier befindet sich auch die unternehmenseigene Kindertagesstätte. Der Haupteingang wird abgesehen von der Ausrichtung nach Nordwesten zum Stüttgenweg nur durch ein weit über die Vorfahrt auskragendes Vordach gekennzeichnet. Die Vorfahrt und der östlich anschließende, abgesenkte Besucherparkplatz zitieren die Grundform des Baus. Als freistehende Skulptur auf einer Wiesenfläche ist im Eingangsbereich die gestreckte Figur der Heiligen Barbara von Arno Breker aufgestellt, die sich ursprünglich an der Fassade des Rheinischen Braunkohlensyndikats am Apostelnkloster in Köln befand.
Die Verlagerung von Unternehmenszentralen an den Stadtrand, von vielen Mitarbeitern eher bedauert, ist in Köln selten zu beobachten; vergleichbar etwa der Umzug des Verlags DuMont-Schauberg mit der Redaktion des Stadtanzeigers nach Köln-Niehl (auf eine Industriebrache) oder der damaligen Colonia-Versicherung nach Köln-Holweide. Die mehrfach diskutierte Auslagerung des Westdeutschen Rundfunks aus der Innenstadt nach Köln-Bocklemünd wurde dagegen nicht realisiert.
Die Rheinbraun-Verwaltung in Köln ist heute Sitz der RWE-Tochter RWE Power (zweiter Unternehmenssitz: Essen), die für die Verwaltung der Tagebaue und Kraftwerke im Rheinischen Braunkohlerevier zuständig ist. 2003 ging die RWE Rheinbraun in der RWE Power auf. Die RWE AG, an der zahlreiche Kommunen beteiligt sind, gehört als Dax-Unternehmen zu den bedeutendsten deutschen Großunternehmen.
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Wirtschaftsarchitektur in Köln (Text: Wolfram Hagspiel; Fotos: Jürgen Riexinger). S. 23, Köln.
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50 Jahre HPP – Hentrich, Petschnigg und Partner. Düsseldorf.
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