Evangelisches Gemeinde- und Bethaus
Kreuzkapelle
Jüdischer Gottesdienstraum
Baudenkmal
Quellen, Internet, Literatur
Evangelisches Gemeinde- und Bethaus
Bevor die Kreuzkapelle gebaut wurde, fanden die evangelischen Gottesdienste in Privatwohnungen statt, darunter ein erster Gottesdienst am 29. November 1896 bei einem Vollzugsbeamten Friedrich Rohde in der Stammheimer Straße 49, kurz darauf in zwei baulich zu einem Betsaal vereinigten Zimmern in einem Haus Stammheimer Straße 130 und ab 1903 in einem Raum der Schule in der Stammheimer Straße 101.
Der Kölner Stadtanzeiger berichtet schließlich von der am 27. November 1910 erfolgten Grundsteinlegung zum Ausbau eines Gotteshauses für die „stets wachsende Kolonie von Evangelischen“ in Riehl in dem zu diesem Zweck erworbenen Haus Stammheimer Straße 22:
„Als ihre Zahl 300 überstieg, entsprach die Gemeindeverwaltung dem Wunsch der Riehler und richtete vom ersten Adventsonntag 1896 in Riehl einen regelmäßigen Sonntagsvormittags-Gottesdienst ein. Anfangs dienten hierzu von Gemeindemitgliedern zur Verfügung gestellte Wohnräume, dann ein ungünstig gelegenes angemietetes Lokal und zuletzt ein unbenutzter Schulsaal in der alten Riehler Volksschule.“
Die Weihe des fünfgeschossigen Gemeindehauses mit Betsaal zur evangelischen Kirche erfolgte zum ersten Adventsonntag des Jahres 1911 am 3. Dezember.
Kreuzkapelle
25 Jahre später verlangte die nach wie vor „starke Bevölkerungszunahme in Riehl ... schon längere Zeit eine bedeutende Erweiterung des Gemeindehauses oder den Neubau einer Kirche“. Mangels Finanzmitteln entschloss sich die evangelische Gemeinde Köln-Nippes und der zugehörige Kirchenbauverein zu einem Erweiterungsbau unter Leitung des Architekten Ernst Scheidt, der „mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft (war), da das Grundstück äußert beengt ist“.
In der Folge des Umbaus bot der nunmehr in Kreuzkapelle umbenannte und zuvor „völlig unzulängliche“ Betsaal durch eine „geschickte Lösung“ des Architekten den dreifachen Raum für die Gottesdienste. Die Ausmalungen im Inneren, darunter die der Altarnische, schuf der Kunstmaler Walter Heiland „in ruhigem Stil“ (Zitate vorab nach Westdeutscher Beobachter 1934; laut Wilhelm 2008 erfolgte die Umbenennung in Kreuzkapelle bereits 1933).
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde hier 1940 die Außenstelle eines Berliner Büros der Bekennenden Kirche eingerichtet. Diese NS-kritische Oppositionsbewegung evangelischer Christen betreute hier als so genannte „Vertrauensstelle“ zum Protestantismus übergetretene Juden und verschaffte diesen „heimlich Arbeitsgelegenheiten, bis 1939 Ausreisemöglichkeiten oder im Falle von Zwangsarbeit Arbeitserleichterung … Danach wurde Familien vor ihrem Weg ins Konzentrationslager in von Christen und Juden besuchten Gottesdiensten Trost angeboten.“ (ebd.)
Nach teilweiser Kriegszerstörung wurde die Kreuzkapelle zwischen 1945 und 1948 wieder aufgebaut und in der Folge zu einer multifunktionalen Nutzung umgestaltet. Da die Räumlichkeiten für die anwachsende evangelische Gemeinde erneut zu klein wurden, zog diese 1965 in Neubauten in der Brehmstraße um.
Jüdischer Gottesdienstraum
Seit 2001 nutzt die 1996 gegründete Jüdische Liberale Gemeinde Gescher LaMassoret (= Brücke zur Überlieferung bzw. Brücke zur Tradition) die Räume der Kreuzkapelle für ihre Gottesdienste – zunächst im Keller, später im Erdgeschoss im ehemaligen Kapellenraum.
Die etwa 100 Mitglieder umfassende Gemeinde ist Mitglied im Verbund der Union progressiver Juden in Deutschland und der World Union for Progressive Judaism (www.gescherlamassoret.de) und unterhält auch einen eigenen Friedhof.
„2016 erfolgten die Entwidmung der Kreuzkapelle und Umnutzung in eine Synagoge. In diesem Zusammenhang wurde das 3 m hohe Basaltkreuz vor der Kirche entfernt, ebenso die Glocke. Sie wurden durch die evangelische Gemeinde in Verwahrung genommen.“ (www.riehler-geschichten.koeln)
Wegen notwendiger Renovierungs- und Umbauarbeiten zog die Gemeinde Anfang 2019 vorübergehend von der Kreuzkapelle in das evangelische Gemeindezentrum in der Brehmstraße um, die Gottesdienste finden in einem Gebäude der katholischen Kirche St. Engelbert in der Philipp-Wirtgen-Straße statt (www.ev-kirche-riehl.de und www.gescherlamassoret.de).
Baudenkmal
Mit Eintragung vom 10. Januar 1983 werden „Kreuzkapelle und Gemeindehaus, Stammheimer Straße 22“ unter der laufenden Nr. 1259 in der Denkmalliste der Stadt Köln geführt (www.stadt-koeln.de).
(Joachim Brokmeier, Bergisch Gladbach / Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2020)
Quellen
- Kölner Stadt-Anzeiger von Dienstag, 29. November 1910, Nr. 543.
- Westdeutscher Beobachter von Montag, 14. Mai 1934, Nr. 207.
- Broschüre „Riehl, ein Rundgang mit Tiefgang“ (Textredaktion Joachim Brokmeier), Stadt Köln 2019.
Internet
www.joachim-brokmeier.de: Chronik von Riehl, Riehler Kirchen (abgerufen 12.02.2020)
www.riehler-geschichten.koeln: Riehler Geschichten, Kreuzkapelle (abgerufen 06.10.2021)
www.gescherlamassoret.de: Jüdische Liberale Gemeinde Köln Gescher LaMassoret e.V. (abgerufen 12.02.2020)
www.ev-kirche-riehl.de: Evangelische Kirchengemeinde Köln-Riehl (abgerufen 12.02.2020)
www.ev-kirche-riehl.de: Neue jüdische liberale Synagoge in der Stammheimer Straße rückt näher! (undatierter Blog-Eintrag, abgerufen 12.02.2020)
de.wikipedia.org: Jüdische Geschichte in Köln, Liberale jüdische Gemeinde (abgerufen 12.02.2020)
www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste (abgerufen 12.02.2020, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024)
www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024)