Im preußischen Köln wurde das bereits um 1800/1801 von den Franzosen in einem früheren Kloster an der Schildergasse eingerichtete Gefängnis 1846/1848 zur reinen Frauenhaftanstalt umgebaut. Das „Bleche Botz“ („blecherne Hose“) genannte Frauengefängnis bestand bis 1904. In der kölschen Mundart hat sich der Ausdruck „de Blech“ für „Gefängnis“ gehalten. Bis heute wird - zumeist hoffentlich scherzhaft - damit gedroht „Pass upp, sonst küsste in de Blech!“ (www.koeln-lotse.de)
Typisch rheinisch: ein Gefängnis im Kloster Schon während der Franzosenzeit 1794-1814, also bereits vor dem Übergang an das Königreich Preußen im Jahr 1815, begann man im Rheinland damit, die Gebäude aufgelöster Kloster als Gefängnisse zu nutzen (vgl. etwa die Haftanstalten Brauweiler oder Siegburg). So entstand auch aus dem am westlichen Ende der Kölner Schildergasse zum Neumarkt hin gelegenen ehemaligen Frauenkloster „zu den (heiligen) Schutzengeln“ um 1800 eine Haftanstalt. Der Grundstein zu dem im Zuge der Säkularisation um 1800 aufgelösten Klarissenkloster wurde im Juli 1637 gelegt, die Konsekration von Kirche und Hochaltar erfolgte am 14. September 1662. Das Kölner Schutzengel-Kloster ist indes nicht zu verwechseln mit dem von 1304/06 bis 1802 bestehenden und bedeutenderen Kloster Sankt Clara bzw. Klara in der Zeughausstraße nahe des Römerturms bzw. den weiteren Kölner Niederlassungen des „Zweiten Ordens des heiligen Franziskus von Assisi“, den Klarissenklöstern St. Maria in Bethlehem (1430-1802) und Maria im Tempel von 1452/1611 bis 1802 (Bönnen / Hirschmann 2006).
Das Zivilgefängnis „Rheinisches Arrest- und Correctionshaus“ ab 1801 Im zuvor säkularisierten Kloster richtete die französische Verwaltung in Köln im Oktober 1801 ein für 320 Gefangene vorgesehenes „Civilgefängniss“ ein, das „Rheinische Arrest- und Correctionshaus“ in der Schildergasse Nr. 122 (Klein 1863, S. 49). Der Umbau des Klarissenklosters wird einem Michael Leydel (1760-1841) zugeschrieben (Braun 2003, S. 127, mit den etwas unsicheren Belegen zur Person; in Frage kommt möglicherweise auch der in Köln tätige Baumeister Georg Peter Michael Leydel, 1768-1826, vgl. portal.dnb.de). Sicherer dokumentiert scheint hingegen, dass ein Blechschläger Alexander Hittorf – auch Blechen Alexander genannt und Vater des Architekten Jakob Ignatz Hittorf (1794-1864) – und ein Maurermeister Johannes Butz (oder Botz) an den Umbauarbeiten der Jahre 1800/1801 beteiligt waren. Auf diese beiden soll die später volkstümliche Bezeichnung der Anstalt „Bleche Botz“ zurückgehen, was auf Hochdeutsch „blecherne Hose“ bedeutet und im kölschen Sprachgebrauch rasch als Synonym für den Zwangsaufenthalt im Gefängnis verwendet wurde.
Nach dem Übergang der Stadt Köln an Preußen blieb die Strafanstalt in gleicher Nutzung bestehen. Es zeigte sich jedoch bald, dass das ehemalige Kloster auf Dauer wenig als Gefängnis geeignet war, da „die organisatorischen Möglichkeiten hinsichtlich des Haftalltags und der räumlichen Kapazitäten bald erschöpft waren“ (Braun 2003, S. 127). Die Planungen der preußischen Regierung zur Errichtung eines neuen Arresthauses begannen ab etwa 1830, als die Anstalt in der Schildergasse schon längst „weder räumlich und organisatorisch noch in hygienischer Hinsicht den damaligen Anforderungen an den Strafvollzug“ entsprach (ebd., S. 156 f.).
Der Umbau zur „Weiberanstalt“ 1846-1848 Nachdem die für 800 Insassen neu erbaute Strafanstalt Köln „am Klingelpütz“ 1838 ihren Betrieb aufgenommen hatte, wurde die Anstalt in der Schildergasse zwischen 1846 und 1848 von der preußischen Verwaltung zum Frauengefängnis umgebaut. Administrativ gehörte die für 200 bis 250 weibliche Gefangene gebaute Haftanstalt zum Klingelpütz. Der offizielle Name lautete nun „Königliche Straf- und Besserungsanstalt für weibliche Gefangene“ – in Köln geläufiger war aber wohl das knappere „Weiberanstalt“. Obwohl beide Anstalten, Klingelpütz und Frauengefängnis, schon wenige Jahre nach ihrer Inbetriebnahme Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen erfuhren, reichte die Gesamt-Haftkapazität für Köln kaum aus. Alleine zwischen 1815 und 1850 verdoppelte sich die Einwohnerzahl der Stadt von 50.000 auf 100.000 und erreichte um 1902/03 bereits 400.000. Bis zu ihrer Aufgabe musste die „bleche Botz“ daher dem Klingelpütz immer wieder zur räumlichen Entlastung dienen und auch männliche Häftlinge aufnehmen (Braun 2003, S. 131).
Die wohl berühmteste Insassin der Frauenstrafanstalt dürfte die auch als „rote Gräfin“ bekannte deutsche Sozialistin Sophie Gräfin von Hatzfeld (1805-1881) gewesen sein. Sophie Josephine Ernestine Friederike Wilhelmine Gräfin von Hatzfeldt-Wildenburg-Schönstein, geborene Gräfin von Hatzfeldt-Trachenberg – so ihr vollständiger Name – war die Lebensgefährtin des sozialistischen Politikers Ferdinand Lassalle (1825-1864) und auch selbst politisch überaus aktiv. Sie wurde im Zuge der 1848/49er Märzrevolution am 20. Mai 1849 verhaftet und saß zwei Monate hier ein.
Das Ende der „Bleche Botz“ 1904/1907 Das Frauengefängnis wurde im Jahr 1904 aufgegeben und wenig später abgerissen. An seiner Stelle entstand der 1907 fertiggestellte Neubau des Polizeipräsidiums, der wiederum beim letzten Bombenangriff auf Köln im Zweiten Weltkrieg am 2. März 1945 zerstört wurde.
Die Lage der Haftanstalt im Kartenbild Durch die vollständige Zerstörung und spätere Überbauung – zuletzt infolge der großen Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg – lässt sich die frühere Lage der „Blechen Botz“ nur bedingt im Kartenbild darstellen. Die hiesige Geometrie folgt mit gebotener Vorsicht dem Bild anhand der Preußischen Uraufnahme (1836-1850) bzw. der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) in der Parzelle zwischen den von Norden her in Schildergasse mündenden heutigen Straßen Zeppelinstraße und Krebsgasse (vgl. die historischen Karten in der Kartenansicht). Diese Lokalisierung lässt sich auch mit Blick auf den 1752 datierten Kölner Stadtplan von Johann Valentin Reinhardt für das frühere Klarissenkloster und die nachfolgende Strafanstalt vermuten (vgl. Abbildung). Auch eine undatierte historische Aufnahme im Bestand des Rheinischen Bildarchivs (Nr. rba_mf016926, vgl. Abbildung) stützt diese Annahme zur Lage des Frauengefängnisses: Das Bild zeigt die „Bleche Botz“ noch als Gefängnis mit vor dem Gebäude verlaufenden Gleisen. Diese gehören offenbar zu der hier zum 29. Juli 1879 eröffneten „engeren Rundbahn“ der Kölner Pferdebahn in der Kölner Innenstadt, womit diese Aufnahme zugleich auch auf den Zeitraum zwischen 1879 und 1904/07 zu datieren wäre (Hinweis Frau Dammrat).
Hinweis Das Frauengefängnis „Bleche Botz“ wurde unter „Schon gewusst, ...“ in Heft 3/2020 des Stadtmagazins KölnerLeben vorgestellt (koelnerleben-magazin.info).
Quelle Freundliche Hinweise zur Lokalisierung von Frau Martina Dammrat, Köln, 2020.
Internet www.jva-koeln.nrw.de: Historie, Correctionshaus (abgerufen 11.09.2019) portal.dnb.de: Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, idn=136668569, Georg Peter Michael Leydel (1768-1826), Baumeister in Köln (abgerufen 30.03.2017) www.rheinische-geschichte.lvr.de: Sophie Gräfin von Hatzfeldt (1805-1881), Aktivistin der Arbeiterbewegung (abgerufen 30.03.2017) www.rheinische-geschichte.lvr.de: Rebell im Rheinland – Ferdinand Lassalle, die Revolution 1848/1849 und die Arbeiterbewegung (abgerufen 30.03.2017) de.wikipedia.org: Schildergasse (abgerufen 30.03.2017) koelnerleben-magazin.info: „Schon gewusst, ... dass man in Köln kriminelle Weiber lange Zeit in eine blecherne Hose steckte?“ (Text: Ute Schumacher, abgerufen 29.07.2020) www.koeln-lotse.de: Der kölsche Knast Teil III: Die „Bleche Botz“ in der Schildergasse (Uli, der Köln-Lotse vom 24.07.2021, abgerufen 26.07.2021)
Klöster und Stifte von um 1200 bis zur Reformation. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.3.) S. 35, Bonn.
Braun, Susanne (2003)
Das Gefängnis als staatliche Bauaufgabe dargestellt am Beispiel der Kölner Strafanstalt "Der Klingelpütz" (1834-1838 und 1843-1845). (Dissertation phil. Universität zu Köln.) Köln. Online verfügbar: kups.ub.uni-koeln.de, abgerufen am 24.02.2016
Bürger, Udo (2009)
Bleche Botz und Klingelpütz. Kölner Kriminalfälle von 1815-1918. Köln.
Klein, Philipp Martin (1863)
Der Wanderer durch Köln. Eine geschichtliche Beschreibung der Stadt und sämmtlicher Merkwürdigkeiten. Nach den zuverlässigsten Quellen und mit Benutzung des mannigfaltigen Stoffes zusammengestellt und herausgegeben. Köln. Online verfügbar: opacplus.bsb-muenchen.de, abgerufen am 07.07.2022
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 62-63 u. 250, Köln (2. Auflage).
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