Fußfallweg von Overath nach Marialinden

Sieben Fußfälle von Overath nach Marialinden

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Overath
Kreis(e): Rheinisch-Bergischer Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 55′ 56,11″ N: 7° 19′ 1,77″ O 50,93225°N: 7,31716°O
Koordinate UTM 32.381.747,36 m: 5.643.639,63 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.592.637,83 m: 5.644.936,68 m
  • Station Nr. 1 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden mit Wegeverlauf (2021)

    Station Nr. 1 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden mit Wegeverlauf (2021)

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  • Fußfall am Fußwallweg von Weißenstein nach Burg (2007)

    Fußfall am Fußwallweg von Weißenstein nach Burg (2007)

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  • Station Nr. 2 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden mit Informationstafel (2021)

    Station Nr. 2 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden mit Informationstafel (2021)

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  • Station Nr. 3 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden mit Weg (2021)

    Station Nr. 3 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden mit Weg (2021)

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  • Station Nr. 4 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

    Station Nr. 4 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

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  • Station Nr. 5 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

    Station Nr. 5 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

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  • Station Nr. 5 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

    Station Nr. 5 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

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  • Station Nr. 7 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

    Station Nr. 7 des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

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  • Abschnitt des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

    Abschnitt des Fußfallwegs von Overath nach Marialinden (2021)

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An vielen Orten im südlichen Bergischen Land, soweit diese katholisch geprägt sind, findet man kleine Kapellen und Heiligenhäuschen, aber auch zahlreiche Hof- und Wegekreuze. Unter den Wegekreuzen ist eine Form, die sogenannten Fußfälle beachtenswert. Fußfälle sind sieben zusammengehörende Bildsäulen mit der Darstellung aus der Leidensgeschichte von Jesus Christus. Auf ihnen sind die Leidensszenen so dargestellt, dass Jesus siebenmal, unter dem getragenen Kreuz niederfällt. Gebetet wurde außerdem vor den Fußfall stets im Kniefall. Daher stammt die Bezeichnung „Fußfall“.

Fußfälle wurden aus verschiedenen Anlässen errichtet. Häufig stehen die Fußfallwege in Bezug zu einem regionalen Ereignis, wie zum Beispiel einer großen Hungersnot oder einer Epidemie, die hohe Todeszahlen forderten. Ihr Zweck war, aus dem Leiden von Jesus Christus Hilfe und Trost für Schwerkranke, Sterbende, Verstorbene und in allen sonstigen leidvollen Anliegen zu erbitten. Diese Form der Erinnerung an die Leiden von Jesus Christus haben Jerusalem-Pilger im späten Mittelalter ins Rheinland und auch ins Bergische Land mitgebracht. Insbesondere im 18. Jahrhundert wurden zahlreiche Pilgerwege errichtet. Auf einem Bittgang, der entweder durch die Dorfstraßen oder Wald und Flur führte, gedachten die Gläubigen an sieben Fußfällen jeweils einer Station des Leidensweges von Jesus Christus. Später entwickelten sich aus den „Sieben Fußfällen“ auch Kreuzwege mit 14 Stationen.

Der Fußfallweg von Overath nach Marialinden ist der älteste der drei Pilgerwege (Marialinden, Immekeppel, Heiligenhaus) auf Overather Stadtgebiet und verläuft von der Gemeindegrenze bis zur Wallfahrtskirche Sankt Mariä Heimsuchung. Im Jahr 1741 stifteten Overather Bürger ihn aus einem besonderem Anlass. Alle sieben Stationen des etwa 2,5 Kilometer langen Pilgerweges sind noch weitestgehend erhalten. Auf dem Weg entlang der sieben Fußfälle den Berg hinauf bis nach Marialinden legt man 160 Höhenmeter zurück. Auch nach über 280 Jahren folgt der Pilgerweg noch weitestgehend seinem ursprünglichen Verlauf.

Wegbeschreibung
Der Pilgerweg ist mit der Wegemarkierung „P“ gekennzeichnet und beginnt an der Mucher Straße (L 312) kurz hinter der Marialindener Straße am „Haus Burgfriede“ und führt dann steil den Berg hinauf. Der erste Fußfall (Jesus am Ölberg) steht links an der Wegeböschung kurz hinter „Haus Burgfriede“. Etwa 150 Meter weiter steht der zweite Fußfall (Jesus wird gefangen genommen) im Wald. Der Fußweg führt weiterhin steil bergauf, bis man auf einen Wirtschaftsweg trifft. Dort steht der dritte Fußfall (Jesus wird gegeißelt). Nur 125 Meter weiter, kurz vor dem Ortsteil Büscherhöfchen steht der vierte Fußfall (Jesus wird mit Dornen gekrönt). An der Weggabelung Büscherhöfchen/Weißenstein steht etwas versteckt der fünfte Fußfall (Jesus trägt das Kreuz). Je nach Jahreszeit wird dieser von den umgebenden Bäumen und Sträuchern verdeckt. Ab hier folgt man der alten Trasse der Brüderstraße weiter bergauf und trifft auf den sechsten Fußfall (Das Kreuz Jesu wird aufgerichtet), der auf der rechten Straßenseite, gegenüber von Haus Weissenstein steht. Kurz vor Ende des Pilgerweges geht die Straße Weißenstein in die Alte Römerstraße über. Hier steht der siebte Fußfall (Jesus wird gekreuzigt) eingezäunt auf dem Grundstück des Hauses Nr. 57. Ab hier sind es nur noch 400 Meter bis zur Kirche St. Mariä Heimsuchung im Ortskern von Marialinden. Der Pilgerweg ist auch in der Gegenrichtung gekennzeichnet, kann also auch von der anderen Seite aus begangen werden.
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Die Gestaltung der Fußfallstationen
Die heilige Zahl „Sieben“ findet sich in der Gestaltung des gesamten Pilgerweges wieder. Das Unterteil aller sieben Fußfälle ist in je sieben Quader unterteilt, von denen die oberen ein oder zwei eine Inschrift enthalten. Das Unterteil ist durch ein dreistufiges Gesims vom Mittelteil abgetrennt, bei dem sich in einer etwa 40 x 55 Zentimeter großen rundbogigen Nische ein Relief mit der Darstellung der Kreuzwegstationen befindet. Eine kleine Konsole bietet die Möglichkeit eine Kerze oder Blumen abzulegen. Den Abschluss einer jeden Station bildet ein Halbkreissegment, in dem das Christogramm „IHS“, die ersten drei griechischen Buchstaben des Namens „Jesus“, sowie ein Herz mit drei Nägeln eingemeißelt ist (Poettgen 2009, S. 3f). Nur noch auf dem vierten Fußfall ist noch ein Steinkreuz erhalten, das höchstwahrscheinlich ursprünglich auf jeder Station gestanden hat. Die 2,50 Meter hohen Fußfälle wurden aus Lindlarer Sandstein gefertigt. Ein Vorteil des Materials ist, dass es leicht zu bearbeiten ist. Allerdings verwittert es im Laufe der Jahrhunderte vergleichsweise schnell. Dieser Tatsache ist geschuldet, dass man heutzutage auf den Fußfällen die Inschriften und Motive leider nicht mehr gut erkennen oder entziffern kann. Positiv hervorzuheben ist, dass sich drei der sieben Fußfälle noch in einem überdurchschnittlich guten Zustand befinden. Die Darstellungen der bildlichen Reliefs auf den Fußfällen zeigen Ereignisse der Passion Jesu, stellen also das Leiden und Sterben von Jesus Christus samt der Kreuzigung durch die Römer in Jerusalem dar. Auffallend ist jedoch, dass (mit Ausnahme von Station 3) alle Reliefs auch Maria, die Mutter Jesu zeigen, selbst da, wo sie im Neuen Testament nicht vorkommt.

Eine Erklärung dafür findet sich in der Inschrift. Diese lautet:
Zu Ehren des bitteren Leydens Christi und seiner schmerzhaften Mutter

Hieraus ist zu schließen, dass sich die Abfolge der Abbildungen nicht nur am Kreuzweg Jesu orientiert, sondern auch an der Gebetsstruktur des „Schmerzhaften Rosenkranzes“. Ein Rosenkranz ist eine Abfolge von Gebeten, die in fünf sogenannte Gesätze eingeteilt sind. Jedes davon besteht aus einem „Vaterunser“ und zehn „Ave Maria“. Dabei werden so genannte „Rosenkranzgeheimnisse“ eingefügt, die das Leben Jesu oder Maria betreffen. Beim „Schmerzhaften“ Rosenkranz stehen die Leiden von Jesus Christus im Mittelpunkt. Der Kreuzweg von Jesus und die Anrufung von Maria sind wahrscheinlich deshalb auf diesem Weg miteinander verbunden worden, weil die Wallfahrtskirche am Ziel in Marialinden der Gottesmutter Maria geweiht ist (St. Mariä Heimsuchung).
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Anlass der Errichtung
Der Anlass, der zur Errichtung des Pilgerweges im Jahre 1741 führte, ist vermutlich auf eine Epidemie im Frühjahr 1740 zurückzuführen, die viele Overather Familien betraf. Die Todeszahlen waren zu diesem Zeitpunkt dreimal so hoch wie gewöhnlich. Im Folgejahr stifteten Overather Bürger die Fussfälle am Weg zur Wallfahrtskirche Marialinden. Zu den Todesopfern gehörte auch Anna Maria de Groote, die Frau des Rittergutsbesitzers von Altbernsau, Johann Jakob von Codone. Dieser war Kurpfälzischer Geheimrat aus Jülich, hatte aber seinen Dienstsitz in Köln. Auch seine Frau stammte aus einer angesehenen Kölner Patrizierfamilie. Codone erwarb im Jahr 1715 den Rittersitz Altbernsau. Anna Maria de Groote starb am 28. Februar 1740 und wurde in Köln beigesetzt. Da die ersten beiden Stationen des Fußfallweges das Stifterwappen dieses Ehepaares tragen, die damit als einzige der Overather Adelsfamilien beteiligt sind, vermutet man, dass sich die Frau möglicherweise während eines Aufenthaltes in Overath infiziert hat. Ein weiterer Hinweis findet sich am dritten Fußfall, den die Halfleute (Pächter) von Altbernsau stifteten. Insgesamt gehören auch die Stifter der anderen Stationen zu angesehenen Familien, da mehrere aus dem Umkreis der Mitglieder des Bernsauer Hofesgerichtes stammen (Poettgen 2009, S. 5). Hieraus lässt sich schließen, dass der Pilgerweg wohl zum Gedenken an die vielen Toten der Epidemie von 1740 errichtet wurde. Auch von den Nachfahren dieser Verstorbenen wurde er betend gegangen. So behielten die Gläubigen aus Overath und Marialinden diese Tradition in den weiteren Jahrzehnten und Jahrhunderten bei, indem viele von ihnen bei einem Todesfall, vordringlich von sieben unverheirateten Mädchen vertreten, fürbittend diesen Weg abschritten. Diese Tradition hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten, wird jedoch nur noch in der Passionszeit zum Gedenken an den Tod Jesu praktiziert.
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Sonstiges
Alle sieben Fußfälle sind als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Overath eingetragen.
Im Overather Stadtgebiet gibt es noch zwei weitere Fußfallwege:
  • Die sieben Sülztal-Fußfälle von Hellenthal nach Immekeppel aus dem Jahr 1792
  • Die sieben Füßfälle von Kreutzweg nach Hohkeppel von 1791

(Biologische Station Rhein-Berg, erstellt im Rahmen des Projektes „Bienen, Blüten, Begegnung - Biodiversität in bergischen Dörfern“. Ein Projekt im Rahmen des LVR-Netzwerks Kulturlandschaft, 2021)

Zwischen Weißenstein und Burg in Richtung Overath verläuft ein Fußfallweg, der teilweise entlang der Brüderstraße führt. Der Weg besitzt Stationen mit den sieben Fußfällen, die 1741 nach einer Epidemie aufgestellt wurden. Die Fußfälle wurden vor allem in der Fastenzeit und insbesondere in der Karwoche aufgesucht, um vor ihnen für Schwerkranke und Sterbende zu beten. Sie sind in strengen Barockformen gestaltet und zeigen in ihren Nischen Passionsszenen. Da bei zwei Stelen die Szenen nicht mehr vorhanden sind, erwägt die Kolpingfamilie der Pfarrgemeinde Overath eine Ergänzung und erörtert drei Möglichkeiten: eine Rekonstruktion der ursprünglichen Szenen, eine Ergänzung in modernen Formen oder eine Belassung der Leere, um auf die Leere des Karfreitags und die Verborgenheit Gottes an diesem Tag aufmerksam zu machen (aus: Landschaftsverband Rheinland/Landschaftsverband Westfalen-Lippe 2007, Jakobswege. Wege der Jakobspilger in Rheinland und Westfalen, Band 5, S. 177).

(Jan Spiegelberg, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V. / LVR-Fachbereich Regionale Kulturarbeit, Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2016)

Quellen
Informationstafeln des Bergischen Streifzugs #16 „Overather Pilgerweg“

Internet
www.overath.de: Denkmalliste der Stadt Overath (PDF-Datei ca. 300 KB, abgerufen 14.12.2021)
de.wikipedia.org: Sieben Fußfälle (abgerufen 14.12.2021)

Literatur

Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2007)
Jakobswege. Wege der Jakobspilger in Rheinland und Westfalen. Band 5: In 7 Etappen von Marburg über Siegen nach Köln. S. 177, Köln.
Poettgen, Jörg (1991)
Die Sieben Fußfälle nach Marialinden. Erinnerung an ein Sterbejahr vor 250 Jahren. In: Romerike Berge. Zeitschrift für das Bergische Land 41, S. 5-13. o. O.
Poettgen, Jörg / Bergischer Geschichtsverein, Abteilung (Overath) (Hrsg.) (2009)
Die Sieben Fussfälle von Overath nach Marialinden 1741. Ein 250 Jahre alter Pilgerweg der privaten Frömmigkeit. Overath.

Fußfallweg von Overath nach Marialinden

Schlagwörter
Ort
51491 Overath
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Denkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn 1741

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„Fußfallweg von Overath nach Marialinden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-261775 (Abgerufen: 26. April 2024)
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