(Kurt Tucholsky, 1930)
1878/79 wurde die Moselstrecke zwischen Koblenz und Trier erbaut. Die Strecke führt an der Mosel entlang bis nach Cochem, von hier nach Bullay und dann über die Vordereifel nach Trier. Durch den Bau wurden sämtliche Moselstädte und Dörfer moselaufwärts von Bullay von der Hauptlinie der Eisenbahn nicht angefahren bzw. ausgeschlossen. Hierdurch entstand der Wunsch der wirtschaftlich wichtigen Anbindung an die Bahnlinie Koblenz - Trier.
Begonnen hatten die Anstrengungen um eine getreu den Moselschleifen folgende Bahnlinie schon bei den Planungen der Moselstrecke. Als fest stand, dass diese nicht an der Mittelmosel entlang fährt, wuchs der Wunsch immer weiter. Die Firma Lenz & Co. erklärte sich bereit, eine Kleinbahn zwischen Trier und Bullay mitzufinanzieren, herzustellen und zu betreiben. Angedacht war eine schmalspurige Kleinbahn, die aber nach jahrelanger Diskussion in einer Normalspurstrecke endete. Der Bau der 103 Kilometer langen Kleinbahn der Moselbahn AG erfolgte in Teilabschnitten von Trier nach Bullay. Die Moselbahn AG übernahm die Betriebsführung der Kleinbahn, erbaut wurde sie in den Jahren 1902-1905. Der Bau des letzten Streckenabschnitts wurde im Jahr 1905 beendet, woraufhin die gesamte Strecke in Betrieb genommen werden konnte.
Von Beginn an gab es allerdings ein Finanzierungsproblem. Sie gilt als die teuerste Kleinbahn Deutschlands. Zum einen waren die Herstellungskosten erheblich höher als angedacht. Ein weiterer Aspekt waren die Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der kompletten Strecke zwischen Bullay und Trier. Viele finanzielle Mittel wurden in komfortable Reisezugwagen und prachtvolle Stationsgebäude investiert. Trotz der Hochwasserschutzmaßnahmen kam es regelmäßig zu hochwasserbedingten Reparaturen und Einnahmeausfällen. Die Kosten des Baus beliefen sich auf ca. 19 Millionen DM.
Es mangelte allerdings nicht an Fahrgästen. Die Moselbahn nutzten ungefähr 2 Millionen Fahrgäste jährlich, hinzu kommt, dass zwischen 100.000 und 150.000 Tonnen Güter pro Jahr transportiert wurden. Der Schwerpunkt der Moselbahn lag auf dem Ausflugsverkehr. Sie galt nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern als Stück Lebensqualität. Speziell für die Fahrt mit der Moselbahn wurde ein Reiseführer erstellt, der die landschaftlichen, kulturhistorischen und architektonischen Besonderheiten aufzeigt. Sie führte in 103 Kilometer getreu der Moselkrümmung entlang durch die bekanntesten Weinorte des mittleren Moselgebietes. Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug zunächst 30 km/h, wurde aber im Laufe der Jahre auf 40 km/h erhöht. Das besondere an der Moselbahn war der Restaurationsbetrieb. Es wurden zahlreiche Getränke, vor allem Weine und Schnaps sowie kalte Speisen angeboten. Die Fahrt Bullay-Trier dauerte 4 Stunden. In der Zeit genossen die Passagiere die Aussicht auf die Landschaft durch die großen Fenster und breiten Spiegelscheiben der Moselbahn und tranken dabei den Moselwein. So entstand auch der Name „Saufbähnchen“, da während der Fahrt große Mengen Wein getrunken bzw. „gesoffen“ wurden.
Aufgrund der hohen anfänglichen Baukosten und den immer wieder auftretenden Instandhaltungskosten machte die Moselbahn ab den 1950er Jahren erhebliche Einbußen. Hinzu kamen die Moselkanalisierung und die Einstellung der Bahnpost, wodurch die Moselbahn oder das liebevoll genannte Saufbähnchen zwischen 1961 und 1968 eingestellt wurde.
Bereits im Jahr 1957 berichtete selbst die ehrwürdige Zeit schon vorab betrübt: „Das 'Saufbähnle', eine Kleinbahn, die zwischen Trier und Bullay an der Mosel verkehrt und wegen der vielen Weinorte, die sie auf ihrer Strecke berührt, ihren Spitznamen erhielt, wird ihren Betrieb einstellen.“
Noch heute bedauern die Menschen in Bullay die Einstellung des Saufbähnchens. Die Zeit, die sie mit der Moselbahn erlebt haben, möchten sie nicht missen und schwelgen in Erinnerungen an so manche Ausflüge entlang der Mosel. Dies verdeutlicht noch einmal, dass die Kleinbahn nicht nur zum Transport von Gütern und Personen gedacht war, sondern ein Stück Lebensqualität bedeutete. Obwohl die Gleisen abgebaut worden sind, gibt es noch die ehemaligen Bahnhöfe und die Trasse ist noch erkennbar.
(Jennifer Abels, Universität Koblenz-Landau, 2015)
Quellen
- Interview mit Frau Metzen, Reisebüro Ulfratours, 25.09.2015.
- Hinweistafeln an den alten Schienen über die Moselbahn; Kulturprojekt der Gemeinden Alf, Briedel, Bullay, Pünderich, Reil und der Stadt Zell.
- CD Landschaft im Wandel Blatt 5908 Alf, Historische Kartenblätter von 1918-2000, TK25 1914 - TK25 1966.
- „Saufbähnle“ fährt zum letztenmal, in: Die Zeit 49/1957 vom 05.12.1957.