Busbahnhof und Park & Ride Parkplatz in Bullay

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Bullay
Kreis(e): Cochem-Zell
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 03′ 22,67″ N: 7° 08′ 4,36″ O 50,0563°N: 7,13454°O
Koordinate UTM 32.366.468,49 m: 5.546.556,94 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.581.290,02 m: 5.547.287,52 m
Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts gilt Bullay als der Verkehrsknotenpunkt entlang der Mosel zwischen Trier und Koblenz. Der Bau der Moselstrecke 1879 stellt einen Meilenstein in der Bullayer Ortsgeschichte dar. Um diese überregionale verkehrstechnische Bedeutung auch in der Gegenwart zu festigen und auszubauen, entschloss man sich 1997 einen Umweltbahnhof zu bauen, der eine Strahlkraft bis weit über die Ortsgrenzen hinaus besitzen sollte. Die gesamten Baukosten beliefen sich auf circa 4,2 Millionen Euro, von denen etwa 90% das Land, fünf Prozent die Ortsgemeinde Bullay und weitere fünf Prozent die Verbandsgemeinde Cochem-Zell übernommen haben.

Neben dem nach ökologischen Richtlinien gestalteten Hauptbahnhof war der Busbahnhof ein zentraler Bestandteil dieses ikonischen Bauprojektes. Der Busbahnhof bietet Platz für sechs Busse und einen kostenlosen Park & Ride Parkplatz für etwa 100 Autos. Darüber hinaus wurde das Areal zwischen dem Busbahnhof und den Bahngleisen mit einem beheizten Wartesaal und kostenlosen Boxen für Fahrräder ausgestattet.

Als das gestaltende Architekturbüro 2000 im Zuges der Bautätigkeiten noch den Architekturpreis des Landes Rheinland-Pfalz erhielt, schien es so als ob Bullay seine jahrhundertelange Fernverkehrsfunktion auch in Zukunft aufrecht erhalten würde. Als stilistisch besonders wertvoll wurde vom Entscheidungskomitee die 1.400 Quadratmeter große gewellte Decke des Busbahnhofes hervorgehoben. Sie besitzt eine Breite von circa 20 Metern und eine Länge von etwa 70 Metern. Die elegant geschwungene Konstruktion aus Holzkasten-Trägerelementen mit Stegen aus Brettschichtholz überdacht, verlieh dem Busbahnhof einen freundlichen und modernen Charakter. Im Vergleich zu vielen anderen Busbahnhöfen in der Region konnte der Bullayer Busbahnhof durchaus mit einer gehobenen Aufenthaltsqualität aufwarten.

Schaden an der Dachkonstruktion
Doch keine zehn Jahre später sind die Romantik und der innovative Leitgedanke, die sich um den Busbahnhof rankten schon längst wieder verflogen. Im Jahr 2007 tropfte es bereits durch die Dachkonstruktion des Busbahnhofes. Doch anstatt den Grund für dieses Problem zu erörtern, begnügte man sich mit vorläufigen Reparaturarbeiten. Als sich schlussendlich eine etwa ein Meter große Holzplatte aus der Dachkonstruktion löste, entschloss man sich das Innere des Holzdaches genauer zu begutachten. Hierbei stellte sich heraus, dass das gesamte Dach von starker Fäulnis durchzogen war und vom sogenannten Echten Hausschwamm befallen war. Der Worst Case war eingetreten, denn der Echte Holzschwamm gehört zu den gefährlichsten holzzerstörenden Pilzen die es gibt.

Der Schadensbericht eines unabhängigen Gutachters führt das Problem vor allem auf die unzureichende Rinnenhöhe zurück. Laut seines Gutachtens muss bei starken Niederschlagsereignissen die Dachrinne so stark übergelaufen sein, dass das Regenwasser bis in die Holzkonstruktion vordrang. Seiner Ansicht nach ist der Dachschaden durch eine mangelhafte Entwässerungsplanung und unzureichende Bauüberwachung zu erklären. Da sich die Schadenssumme mittlerweile auf etwa 500.000 Euro beläuft, schaltete die Ortsgemeinde Bullay einen Rechtsanwalt ein, der beim Landgericht Koblenz einen Antrag auf ein selbständiges Beweisverfahren einreichte. Dies sieht vor, dass nun das Landgericht einen eigenen Gutachter den Schadensfall untersuchen lässt. Kommt dieser zum Entschluss, dass die Bauplanung Schuld an dem Pilzbefall ist, behält sich die Ortsgemeinde weitere juristische Schritte vor.

Der Haken hinter der Sache ist jedoch die Tatsache, dass sowohl die verantwortliche Architekturgruppe, als auch die Baufirma sich inzwischen aufgelöst haben. Dazu kommt noch, dass der Busbahnhof keine Baugenehmigung durch das Bauamt brauchte, da es nur als Fahrgastunterstand bewertet wurde. Somit liegen weder eine offizielle Ausführungs- noch eine Prüfstatik vor. Das einzig offizielle Dokument ist eine Entwurfstatik, was die Lösung des Falles und die Frage nach der Verantwortung bedeutend erschwert. Die Dachkonstruktion ist mittlerweile an mehren Stellen einsturzgefährdet, so das sie durch mobile Stützen stabilisiert werden muss. Wer für den Schaden am Busbahnhof aufkommt ist bis heute nicht geklärt. Jedoch bleibt festzuhalten, dass die Ortsgemeinde Bullay bis zum richterlichen Entscheid nicht nur eine hohe finanzielle Last zu tragen hat, sondern auch einen erheblichen Imageschaden zu verzeichnen hat. Die überregionale verkehrstechnische Bedeutung Bullays, die durch den Bau eines solchen Pilotprojektes manifestiert werden sollte, hat unter der Affäre stark gelitten und das Ortsbild leidet unter den immer noch währenden Bau- und Stützarbeiten.

(Patrick Drexler, Universität Koblenz-Landau, 2015)

Internet
www.wochenspiegellive.de: „Bullayer »Umweltbahnhof« ist aus der Bahn geraten“ (Artikel vom 15.01.2013, abgerufen 26.10.2015)

Literatur

Schulschenk, Fritz (2004)
Bullay an der Mosel zwischen 1150 und 2000 - 850 Jahre eines Gemeindelebens. Eine chronologische Aufzeichnung. o. O.

Busbahnhof und Park & Ride Parkplatz in Bullay

Schlagwörter
Ort
Bullay
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn 2003

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„Busbahnhof und Park & Ride Parkplatz in Bullay”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-244621 (Abgerufen: 3. Oktober 2024)
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