Industriedorf Großzössen

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Neukieritzsch
Kreis(e): Leipzig
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 09′ 10,88″ N: 12° 27′ 15,02″ O 51,15302°N: 12,45417°O
Koordinate UTM 33.321.960,98 m: 5.669.923,39 m
Koordinate Gauss/Krüger 4.531.882,22 m: 5.668.765,88 m
  • Industriedorf Großzössen, Straße des Friedens 10, Blick von Südosten.

    Industriedorf Großzössen, Straße des Friedens 10, Blick von Südosten.

    Fotograf/Urheber:
    Christian Schmidt
    Medientyp:
    Bild
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Die Ortschaft Großzössen war bis zu ihrer Eingemeindung nach Lobstädt eine selbstständige Gemeinde und ist seit 2008 ein Ortsteil von Neukieritzsch. Das Dorf befindet sich nördlich von Lobstädt und wird im Westen, Norden und Osten durch einen Bogen der Wyhra begrenzt.
Das Rittergut von Großzössen wurde erstmals um 1445 erwähnt. Seitdem war die Ortschaft vor allem agrarisch geprägt. Dies änderte sich dramatisch seit Beginn des 20. Jahrhunderts, als die regionale Braunkohlenindustrie um Borna sukzessive anwuchs – insbesondere aber durch das 1908 errichtete Braunkohlenwerk Dora und Helene am südlichen Rand von Großzössen. Fortan entwickelte sich die Ortschaft von einem Agrardorf hin zu einem für die Gegend typischen Industriedorf, dessen Wandel bis in die 1990er Jahre nachhaltig von der Braunkohlenindustrie geprägt wurde.
So veränderten die Tagebaue Witznitz I und II maßgeblich die Landschaft um Großzössen. Durch den 1911 bis 1949 betriebenen Tagebau Witznitz I wurde das Gebiet östlich von Großzössen abgebaggert. Aus dem Restloch des Tagebaus entstand schließlich das Speicherbecken Witznitz. Der Tagebau Witznitz II wurde 1946 bis 1993 betrieben und veränderte das Gebiet westlich und nördlich von Großzössen. Durch den Tagebau wurde die Pleiße Richtung Westen verlegt und die Wyhra in einem Bogen nördlich um Großzössen herumgeleitet.
Weil die Braunkohlentagebaue bis an die Dorfgrenze vorrückten, konnten weder neue Wohngebiete durch eine Ausdehnung des Ortes noch bestehende Siedlungen erweitert werden. Lediglich der Bau von Arbeiter-Unterkünften im Inneren der Siedlung war möglich – vor allem in umgebauten, nun nicht mehr benötigten Bauernhöfen. Fünf der ehemals neun Bauerngüter und das Rittergut wurden deshalb Arbeitenden in der Braunkohlenindustrie zu Wohnzwecken bereitgestellt. Während auf dem Bauerngut früher nur 11 bis 16 Personen gewohnt hatten, waren es 1933 nach abgeschlossenem Umbau 156 Personen. Bis 1930 wurden in der Nähe der Brikettfabrik Dora & Helene auch Baracken als Wohnraum für die Beschäftigten genutzt. Diese waren zuvor während des Ersten Weltkriegs als Unterkünfte für Kriegsgefangene und Internierte genutzt. In diese wurden nun weitere Wände eingezogen, um die Räume zu verkleinern. Baracken wurden darüber hinaus neu errichtet und andere in Wohnungen umgebaut. Von diesen bestehen heute allerdings kaum noch welche.
In der Fabrik Dora und Helene arbeiteten Mitte der 1920er Jahre bis zu 1 000 Beschäftigte. Die Einwohnerzahl von Großzössen stieg von 274 im Jahr 1885 auf 864 im Jahr 1910. Innerhalb von 25 Jahren hatte sich die Zahl mehr als verdreifacht und stieg beharrlich weiter an. Während im Jahr 1900 noch kein einziger Bergarbeiter in Großzössen lebte und die Bevölkerung fast vollständig aus Bauern und Handwerkern bestand, waren bereits 1933 von den 1 088 gezählten Bewohnern des Dorfes 920 Kohlenarbeiter und nur noch 25 übten eine landwirtschaftliche Tätigkeit aus.
Den höchsten Bevölkerungsstand von 1 599 Einwohnern hatte Großzössen im Jahr 1946 (inkl. Übersiedler aus den ehemaligen Ostgebieten). Bis zum 31. Dezember 1989 sank diese Zahl jedoch sukzessive wieder auf 720 Einwohner.
Als ein für das mitteldeutsche Revier typisches Industriedorf im Leipziger Südraum ist Großzössen sozial-, architektur- und siedlungsgeschichtlich bedeutsam.

(Christian Schmidt, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2023)

Datierung:
  • Erbauung: 1900–1989

Quellen/Literaturangaben:
  • Bischoff, Ursula: Der Einfluss der bergbaulichen Traditionen und großindustriellen Entwicklungen auf das soziale Gefüge und die Mobilität der Braunkohlenarbeiterschaft von Borna. Berlin 2000. URL: http://edoc.hu-berlin.de/18452/15302, S. 64, 102, 109-111, 116, 186.

BKM-Nummer: 31200088

Industriedorf Großzössen

Schlagwörter
Ort
Großzössen
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank

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„Industriedorf Großzössen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-31200088 (Abgerufen: 17. März 2025)
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