Historische Anbauweisen und Arbeitsgeräte im Weinbau im Rheingau

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
  • Traubenlese auf dem Weinberg der Lage "Hölle" in Johannisberg (Ende des 19. Jahrhunderts)

    Traubenlese auf dem Weinberg der Lage "Hölle" in Johannisberg (Ende des 19. Jahrhunderts)

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  • Traubenlese unterhalb von Schloss Johannisberg (Ende des 19. Jahrhunderts)

    Traubenlese unterhalb von Schloss Johannisberg (Ende des 19. Jahrhunderts)

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  • Zeichnung des Kelterhauses der Firma Joh. Klein in Johannisberg (Ende 19. Jahrhundert)

    Zeichnung des Kelterhauses der Firma Joh. Klein in Johannisberg (Ende 19. Jahrhundert)

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  • Rheingauer Erziehung nach Schlipf (1847)

    Rheingauer Erziehung nach Schlipf (1847)

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    Johann Adam Schlipf
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  • Arbeitsgeräte für den Weinbau ausgestellt in der Keltersammlung des Klosters Eberbach in Eltville-Hattenheim (2020).

    Arbeitsgeräte für den Weinbau ausgestellt in der Keltersammlung des Klosters Eberbach in Eltville-Hattenheim (2020).

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Anbauweisen und -geräte im Wandel der Zeit
Die Art und Weise Weinberge anzulegen, Weinreben zu pflanzen, die reifen Trauben zu ernten, zu keltern und schließlich abzufüllen, hat sich im Laufe der Jahrhunderte stark verändert. Anhand von historischen Geräten oder Darstellungen alter Reberziehungsmethoden kann dies Wandlung in Teilen nachvollzogen werden.

„Rheingauer Erziehung“
Rebstöcke wurden spätestens ab dem 13. Jahrhundert an Pfählen gezogen. Um den hohen Bedarf an Wingertspfählen zu decken, wurden diese vermutlich aus entfernteren waldreichen Gebieten, wie dem Spessart oder Franken, eingeführt.
Im 18. Jahrhundert wird eine Reberziehung beschrieben, wonach Rebstöcke in einer Entfernung von drei bis vier Schuh (Von Vorster 1765) beziehungsweise zweieinhalb bis drei Fuß (Schlipf 1847; Bronner 1836) voneinander gesetzt wurden. Die seitlichen Triebe wurden bodennah an einen dazwischenliegenden Pfahl gebunden, womit der Anbau in linienförmigen Rebzeilen erfolgte. Diese überregional bekannte „Rheingauer Erziehung“ wurde von Bronner (1836) als charakteristisch für den gesamten Rheingau beschrieben und zur Nachahmung empfohlen. Sowohl der Abstand zwischen den einzelnen Weinstöcken, als auch die Gassenbreite waren deutlich enger als dies heute der Fall ist (1-1,2 Metern im Vergleich zu heute mit ca. 2 Metern).

Anbau in Mischkulturen
Kleinere Winzerbetriebe bauten Wein häufig in Mischkultur mit Feldfrüchten an. Aufzeichnungen aus dem Wanderbüchlein von Johannes Butzbach (1478–1520) schildern den Rheingau um das Jahr 1496 in bildhafter Weise und nehmen dabei auch die sehr ähnlichen, etwa einhundert Jahre älteren Landschaftsbeschreibungen des Bartholomaeus Anglicus vom Orden der Minderbrüder auf. Die Beschreibungen legen nahe, dass der Weinbau für heutige Maßstäbe vielerorts auf ungewöhnliche Art, nämlich nicht in Monokultur, betrieben wurde:

Es ist die Landschaft zwar von geringem Umfange, aber auf beiden Ufern des Rheines bis zu den Gipfeln der Berge wunderlieblich und fruchtbar; so schön nämlich und so fruchtbar ist sie, dass sie ebenso sehr die Einwohner als auch diejenigen, welche längs des Ufers hindurch wandern, ergötzt und stärkt, wie der Aufgang unendlicher Lust. So üppiges und so fettes Erdreich hat sie, dass sie Obst und Getreide in wunderbarer Fruchtbarkeit und zugleich Schnelligkeit hervorbringt. Sie erzeugt auf demselben Acker Obstbäume verschiedener Art und Nüsse. Und trotzdem hört sie bei der grossen Mannigfaltigkeit der Obstarten nicht auf Getreide hervorzubringen. Auch hindert die Verschiedenheit der Bäume nicht die Weinpflanzungen, im Gegenteil, ein und derselbe Acker bringt gewöhnlich in gleicher Weise Getreide und Wein, Nüsse und Äpfel, Kirschen und Birnen und viele andere Arten von Obst hervor“ (Otto 1882: 14f).

Allerdings war diese Anbauform wohl nur bei den kleinen Winzern und Pächtern von Weinbergen gewöhnliche Praxis, um sich ein Zusatzeinkommen zu sichern, und womöglich, um die Naturalienabgabe zu reduzieren. Auf den verpachteten Weinbergen des Klosters Eberbach waren solche Mischkulturen jedoch nicht gestattet, da diese als dem Weinbau abträglich gesehen wurden. Wurden dennoch Zwischenfrüchte gepflanzt, reagierte das Kloster mit entsprechenden Klagen und Verboten.

Generell wurden Weinreben unterschiedlicher Sorten bis in das 19. Jahrhundert hinein vielerorts gemischt auf dem gleichen Weinberg angebaut und zum gleichen Zeitpunkt gelesen. Dieser gemischte Anbau war auch im Rheingau weit verbreitet und diente der Risikominimierung: Da jede Sorte anders auf äußere Einflüsse reagiert, konnten beispielsweise die Witterungsverhältnisse eines Jahres bei der einen Sorte zu geringeren Erträgen führen, während die Erntemenge einer anderen Sorte normal ausfiel. Ein gewisser Ertrag war damit auch in weniger guten Jahren gesichert. Diese Anbauform wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr durch den sortenreinen Anbau verdrängt, wird aber seit wenigen Jahren von einzelnen Weingütern wieder praktiziert (siehe Historischer Rebensatz im Rheingau).

Weinkeltern
Nach der Lese und dem Mosten ist das Keltern der nächste Arbeitsschritt in der Weinbereitung. Unterschiedliche Arten von Keltern kamen im Rheingau im Laufe der Jahrhunderte zur Anwendung. Hierzu gehörten zunächst die Baumkeltern, die nach und nach durch Schraub- oder Presskeltern abgelöst wurden. Diese waren weniger raumgreifend und materialintensiv. Im Kloster Eberbach ist eine Sammlung historischer Dockenkeltern zu sehen.

Weinfässer
Bevor die ersten Weinflaschen im Jahr 1775 auf Schloss Johannisberg zum Einsatz kamen, wurde Wein in Fässern abgefüllt, gelagert und gehandelt. Hierfür waren weitere handwerkliche Gewerbe notwendig, wie das des Küfers, der Holzfässer herstellte (je nach Landstrich auch Fassbinder, Böttner, Büttner, Böttcher oder Schäffler genannt) und des Schröters, der für den Transport der Fässer zuständig war.
Da im Mittelalter die Zehntabgabe von Wein nur in einer Qualitätsstufe erfolgte, wurden große Fässer gebaut. Das im Rheingau verbreitete runde Stückfass hatte ein Fassungsvermögen von 1200 Litern und war damit kleiner als in manch anderen Regionen. Das Große Fass des Kloster Eberbachs bildete die Ausnahme: Es fasste 71.000 Liter Wein.

(Barbara Bernard, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2020)

Literatur

Bronner, Johann (1836)
Der Weinbau in Süd-Deutschland vollständig dargestellt von Joh. Ph. Bronner. Drittes Heft (Der Weinbau im Rheingaue, von Hochheim bis Koblenz) mit zwei lithographischen Tafeln. Heidelberg.
Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz Hessen (Hrsg.) (1986)
Eberbach im Rheingau. Zisterzienser - Kultur - Wein. Wiesbaden.
Otto, Friedrich (1882)
Die Beschreibungen des Rheingaus von Bartholomaeus Angelus und Johannes Butzbach aus dem 14. und 15. Jahrhundert. In: Nassauische Annalen 17, S. 11 - 16. o. O.
Schlipf, Johann Adam (1847)
Populäres Handbuch der Landwirthschaft für den praktischen Landwirth nach dem gegenwärtigen Standpunkte der Fortschritte im Acker-, Wiesen- und Weinbau, in der Obstbaumzucht, der Rindvieh-, Schaf-, Pferde-, Schweine- und Ziegenzucht. Reutlingen.
von Vorster, Carl Anton (1997)
Der Rheingauer Weinbau, aus selbst-eigener Erfahrung und nach der Natur-Lehre systematisch beschrieben. In: Gesellschaft für Geschichte des Weines e.V. (Hrsg.), (Schriften zur Weingeschichte, Nr. 121 (1997).) Wiesbaden Faksimiledruck nach dem Original von 1756).

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(Barbara Bernard, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2020), „Historische Anbauweisen und Arbeitsgeräte im Weinbau im Rheingau”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-323052 (Abgerufen: 16. April 2024)
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