Der Kaufmann und Weinhändler
Der Erbohrer und Versandhändler des Apollinaris Brunnen
Der Erbohrer der Thermalquellen und Gründer von „Bad Neuenahr“
Resümee
Internet, Quellen, Literatur
Der Kaufmann und Weinhändler
Johann Georg kam als 7. von 9 Kindern seiner Eltern Peter Josef Kreuzberg und Margarete, geborene Küntgen, am 2. August 1796 in Ahrweiler zur Welt. Sein Vater hatte zwei Jahre zuvor in Ahrweiler das Marktrecht und eine Krämerei, die Kräuter und Leinentuch vertrieb, gepachtet und in der Folgezeit mit einigem Erfolg geführt, so dass er das Haus der Verpächterin schließlich 1829 kaufen konnte. Da war der Sohn Georg, der 1823 geheiratet, sich selbständig gemacht und ebenfalls als Krämer angemeldet hatte, als Mitbesitzer des Hauses eingetragen. 1831 kann man seinen gedruckten Rechnungsformularen entnehmen, dass er „Eisen- und Borthändler“ ist. Außerdem galt er als einer der besten Weinhändler. Das gelang ihm offensichtlich mit so viel Erfolg, dass ihm 1846 schon zwei Häuser in Ahrweiler gehörten. Dass er 1829 bis 1833 das Königszepter der Ahrweiler Schützengesellschaft getragen hat, ist ein wichtiges Detail, denn dieser mindestens aus dem frühen 15. Jahrhundert stammenden Vereinigung städtischer und auswärtiger Honoratioren, die seit mehreren Jahrhunderten bis heute mit ihrem Schützenfest den Fronleichnamstag und die beiden Folgetage in der Stadt prägt, trat just 1833 der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm bei. Dieser kam von dem feierlichen Durchstich des Altenahrer Straßentunnels und verweilte zum Mittagessen in Ahrweiler. Noch als König Friedrich Wilhelm IV. pflegte er Jahre später den Kontakt zu dieser Gesellschaft in brieflicher Form und durch die Spende besonderer Ehrenzeichen.
Auch in diesem Kreise wird Georg Kreuzberg einflussreiche Persönlichkeiten kennen gelernt haben, die für ihn noch wichtig werden konnten. Er gehörte wohl selbst 1844 schon zu den exponierten Persönlichkeiten Ahrweilers und der Region, als er in seiner Rolle als Weinhändler einer vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Trarbach/Mosel einberufenen Kommission angehörte, die sich auch mit dem Problem der „Weinfabrication“, das heißt dem Zusatz von Zucker und anderen Stoffen in schwache Jahrgänge („Chaptalisierung“), auseinandersetzen musste. Seit mindestens 10 Jahren war er eine bekannte und vergleichsweise wohlhabende Persönlichkeit in der Region, die über Kontakte nach Koblenz, Bonn und Köln wie auch Berlin verfügte, bevor der dann 55-Jährige Unternehmer ein für ihn völlig neues Geschäftsfeld eröffnete: Mineral- und Thermalwasser.
Der Erbohrer und Versandhändler des Apollinaris Brunnen
Georg Kreuzberg besaß abgesehen von Ahrweiler auch im benachbarten Wadenheim und ab 1837 auch am dortigen Hangfuß des Kesselbergs Rebland, direkt an der Ahrtal-Chaussee und grenznah zu Heppingen. Seine neue Parzelle ähnelt in ihrer geologischen Situation verblüffend dem Standort des Heppinger Brunnens. Der Zeitpunkt des Grundstückkaufs lässt den Verdacht aufkommen, er habe schon damals nach einer kohlensauren Quelle bohren wollen, wie es zur gleichen Zeit in Heppingen am Fuß der Landskrone („Landskroner Brunnen“) geschah. War ihm beim Kauf der Parzelle der Austritt von Gasen bekannt, weil dort die Reben nur schlecht gediehen? Ab wann er den mit der Region durch zahlreiche Wasseranalysen und Bohrungen bestens vertrauten Bonner Professor für Chemie und Geologie, Gustav Bischof, als Berater hinzugezogen hat, ist ebenfalls unklar. Es gibt nämlich mehrere Versionen der Fundgeschichte der Quelle, die Kreuzberg selbst in die Welt gesetzt hat und bis heute grassieren. Jedenfalls muss ihm klar gewesen sein, dass diese kohlensauren Gase auf ein Quellvorkommen im Umfeld hinwiesen. Ob es an den Notjahren nach 1840 und den politischen Wirren im Gefolge der Revolution von 1848 lag, dass über zehn Jahre bis zu einer genaueren Erkundung der Kohlensäureaustritte vergingen, ist ungewiss. Jedenfalls war das politische und wirtschaftliche Klima zwar nicht demokratisch aber stabil, als er 1851 mit Sondierungen begann und weitere Grundstückskäufe neben seiner Parzelle am Kesselberg in die Wege leitete. Er möchte ein der Gemeinde Wadenheim gehörendes Grundstück, das neben seinem liegt, kaufen. Am 10. Dezember 1851 tagte der Gemeinderat in dieser Sache und hielt im Sitzungsprotokoll fest (zitiert nach RITTER 2008, Folge 23): „Wir unterzeichnete Gemeinderathe übertragen hiermit zu höchstem Nutzen der Gemeinde Wadenheim an Herrn Georg Kreutzberg in Ahrweiler ein Stück öden Platze gelegen unter Baus (Flurbezeichnung, J.H.) neben Ankäuffer daselbst und des Gemeinde Weg Flur 1 Nro / 640 - 68 Ruthen 30 Fuß (ca. 970 qm) für die Summe zu fünfzehn Thlr (…). Der Käufer Georg Kreutzberg muß hiergegen noch zu geben, daß die Einwohner der Gemeinde Wadenheim wenn auf obigem Platz einen Mineralbrunnen oder in dessen Nähe errichtet würde, zur Tageszeit sich Mineralwasser unentgeltlich nehmen dürfen.“
Ohne Genehmigung der Koblenzer Regierung durfte die Gemeinde aber kein Land verkaufen. Mit der Auflage, die Parzelle versteigern zu müssen, erhielt wenig später dennoch Kreuzberg den Zuschlag zum gleichen Preis, der, laut Gemeinderatsprotokoll „wohl mehr als das Doppelte des Werthes betragt“. Er reichte den am 3. Januar 1852 vollzogenen Kaufakt, der noch eine Ergänzung des Gemeinderates hinsichtlich der Ableitung des Mineralwassers vom 6. Januar 1852 beinhaltete, selbst bei der Koblenzer Regierung ein mit der Verpflichtung (FRICK 1958, S.17), „im Laufe dieses Jahres auf dem Grundstück selbst oder in einer Entfernung von höchstens 40 Ruten (ca. 131 m) davon entfernt, nach einer Mineralquelle zu graben, und insofern das vorfindliche Wasser nach dem Urteil von Fachkennern als gut und eine Mineralbrunnen-Anlage als vorteilhaft erkannt wird, in diesem Bezirke eine solche Anlage aufzuführen, und zwar bis zum Schluss des laufenden Jahres.“ Der Weinhändler veranlasste im Frühjahr 1852 auf eben dieser Parzelle Bohrungen, die schon bald und in geringer Tiefe fündig wurden und ein mit circa 20 Grad C relativ warmes Wasser zu Tage förderten, das starke Ähnlichkeit mit den bekannten nassauischen Mineralquellen von Fachingen, Selters und dem Emser Krähnchen zeigt. Gustav Bischof deutete die Temperatur der Quelle als Zeichen für die Existenz einer wesentlich wärmeren Urquelle in der Umgebung. Kreuzberg ließ zunächst die gerade erbohrte Quelle fassen, der er in Anlehnung an einen benachbarten Bildstock den Namen „Apollinaris Brunnen“ gab. 1853 stieg er nach Erhalt der königlichen Konzession in den Vertrieb dieses Mineralwassers ein. Infolge der Ausschaltung der benachbarten Konkurrenten in Sinzig 1861 und Heppingen 1873/1885, technischer Innovationen 1864 durch Abfüllung mit quelleigener Kohlensäure und damit besserer Haltbarkeit und der wachsenden Beliebtheit im Deutschen Bund, England und selbst in tropischen Kolonialgebieten ab 1894 mit dem geschützten Slogan „The Queen of Table Waters“ entwickelte sich der Absatz prächtig. Das Ahrtal erlebte damit den Aufstieg seines ersten Industriebetriebs, der, ab 1876 als Aktiengesellschaft, Beschäftigung (1875: 225 Arbeiter) und Einnahmen jenseits der Ertragsrisiken in Landwirtschaft und Weinbau ermöglichte.
Der Apollinaris Brunnen stand aber auch Touristen offen. 1863 hatte Georg Kreuzberg die Konzession vom Landrat des Kreises Ahrweiler erhalten, mit dem Brunnen verbunden einen kleinen (Kalt-)Badebetrieb anzubieten, was dann einige Jahre lang erfolgte. Der Ahrweiler Lehrer Weidenbach, dessen Führer durch das Ahrtal 1864(b) erschien, hielt fest (S.48/49): „Wie in Ems, Nauheim, Kissingen und Homburg ist auch die Einrichtung zu Bädern (kalten Mineralbädern) getroffen, so zwar, dass dieselben auch für lokale Leiden, die Augen, die Nase u.s.w. angewendet werden können.“
Der Erbohrer der Thermalquellen und Gründer von „Bad Neuenahr“
So spektakulär dieses Engagement Georg Kreuzbergs seit 1853 im Mineralwasserhandel schon war, seine zweite Initiative im Jahr 1852 sollte hinsichtlich des Tourismus im Ahrtal viel größere Auswirkungen haben. Der Vermutung Gustav Bischofs, der Apollinaris Brunnen sitze auf einem äußeren Quellarm und eine wesentlich wärmere Quelle müsse in der Nähe liegen, ging Kreuzberg noch im Sommer 1852 nach. Von Südwesten nämlich, also vom Neuenahrer Berg her, lief wärmeres Wasser in den Quellschacht des Apollinaris Brunnens. Dass es im rechts der Ahr am Fuß des Neuenahrer Berges gelegenen Beul eine Reihe von Mineralquellen gab, muss schon lange bekannt gewesen sein, wie ein Vermerk des Gemeindevorstehers von 1820 zeigt. Ebenso bekannt war, dass die Brunnen bereits bei geringer Tiefe warmes Wasser lieferten. Zudem besaß das Gebiet des heutigen Kurgartens den Flurnamen „auf der Brunnenwies“, so dass Kreuzberg durch seine lokalen Kenntnisse, aber auch Bischof genügend Hinweise hatten, wo man mit Bohrungen ansetzen könnte. Nur war das Gelände, das unmittelbar an einer in vielen Armen und zwischen Sandbänken verlaufenden Ahr lag, klein parzelliert und landwirtschaftlich genutzt. Mit welchem Bauern sollte man sich einigen? Es traf sich günstig, dass die Höfe eines Brüderpaars aneinander grenzten und just in ihrem Brunnen immer warmes Wasser nachströmte, wenn man zum Spülen von Weinfässern zuvor größere Wassermengen entnommen hatte. Am 29. Juni 1852 schloss Kreuzberg mit diesen Brüdern einen Nutzungsvertrag (RITTER 2008, Folge 24), hier nach „Mineralwasser u. heißen Quellen, jedoch auf seine Kosten zu suchen, und im Falle sich solche vorfinden, übertragen wir Herrn Georg Kreuzberg das alleinige Recht der Benutzung respective Ausbeutung derselben. - Dagegen verpflichtet sich Herr Georg Kreuzberg uns von dem daraus zu erzielenden Nutzen zu einem Drittel zu betheiligen u. gilt dieses für unsere Entschädigung. Sollte sich bey drey Jahren den Nachforschungen ein ungünstiges Resultat heraus stellen, so ist Georg Kreuzberg verpflichtet alles in den alten Zustand wieder herzustellen. - Ueberhaupt trifft bei der ganzen Speculation die Winzer Heinr. Jos. Steinborn und Bert. Steinborn kein Anteil an den Auslagen, sondern sind sie lediglich an dem möglicher Weise zu erzielenden Nutzen, d.h. Netto Gewinn für ein Drittheil betheiligt. Die übrigen zwei Drittel sind Antheil des Herrn Georg Kreuzberg, insofern denselben alle Auslagen treffen und er die Speculation übernimmt, und steht ihm auch allein das Recht zu die Art und Weise derselben zu bestimmen.“ Bevor Kreuzberg mit Bohrungen beginnen konnte, musste der Gemeinderat von Wadenheim, der auch für das benachbarte Beul zuständig war, seine und dann vom Landrat zu bestätigende Genehmigung erteilen, bei der Suche nach „Mineralquellen jeder Art“ auch „unter den Gemeindewegen hergraben“ und etwa gefundenes Quellenwasser auf ein ihm gehörendes Grundstück leiten sowie auch „eventuell beim Abfluß unter den Gemeindewegen hergehen zu dürfen“. Diese Konzession war an die Zusicherung Kreuzbergs geknüpft, jene Wege nicht zu beschädigen und, wenn es zur Fassung von Quellen kommen sollte, den Eingesessenen die Wasserentnahme für den eigenen Gebrauch zu bestimmten Zeiten zu gestatten„ (FRICK 1958, S.19). Das geschah am 11. und 15. Juli, sowie 1. August 1852, so dass Versuchsgrabungen zur genaueren Eingrenzung eines Bohrpunktes nach dem 20. August 1852 begannen. Hält man sich vor Augen, dass er gleichzeitig mit dem Aufbau des Apollinaris Brunnens beschäftigt war, wird deutlich, in welchem Maße er hier ein unternehmerisches Risiko einging, das noch dadurch erhöht wurde, dass er nicht der einzige war, der jetzt in Beul Thermalwasser suchte. FRICK (ebda.) zitiert einen Bericht des Landrats vom 2. Oktober 1852 an die Koblenzer Regierung: “In dem Dorfe Beul, Bürgermeisterei Ahrweiler, ist man mit dem Aufsuchen warmer Quellen beschäftigt, und wäre es sehr wünschenswert, wenn dieses Unternehmen von einem Erfolg gekrönt würde, wodurch die fast verarmte Ahr wieder etwa(s) in Flor geraten würde. Die Versuchsarbeiten werden bis jetzt von zwei Gesellschaften getrennt betrieben, deren wünschenswerte Vereinigung bis jetzt noch nicht hat erzielt werden können.„
Wer war der Konkurrent? Wie schon 1838/39 bei dem ruinösen Konkurrenzkampf zwischen altem Heppinger und neuem Landskroner Brunnen drohte erneut ein Desaster aufgrund eines noch nicht existierenden Quellschutzrechtes, das ja erst 1908 geschaffen wurde. Der Landrat hatte keine Namen genannt, aber FRICKs Annahme, dass es sich dabei um Gustav Bischof und seinen Sohn Dr. Karl Bischof gehandelt habe, erscheint plausibel, denn erst im Dezember 1852 schlossen Kreuzberg und Bischof einen Gesellschaftsvertrag (zitiert nach FRICK 1958, S.20) mit der “Speculation„, “warme Wasser in dem Dorf Beul … aufzusuchen und sie hierauf zu veräußern„. Würde man allerdings nur kalte Quellen finden, dürften diese zum Schutz des Apollinaris Brunnens nicht für einen Versandhandel, sondern ausschließlich für Heilzwecke genutzt werden. Kreuzberg und Bischof bohrten von nun an in der Nähe des im Sommer 1852 gesicherten Hofbrunnens weiter, wobei sie auch ahrauf- und -abwärts in Landankäufe und nicht nur den Erwerb von Nutzungsrechten einstiegen. Ihr Vorhaben wurde durch einen Umstand enorm begünstigt, der zufällig zeitlich parallel lag. Ein Blick auf die Tranchot-Karte (ca. 1810) und die Preußische Uraufnahme (ca. 1847) zeigt die Ahr in diesem Abschnitt ihres hier ungewöhnlich breiten Betts in mehrere Arme verästelt, mit Sandbänken durchsetzt und von zahllosen Löchern mit stehendem Wasser begleitet. Als ideale Brutherde für Insekten, deren Stiche ein “Kaltes Fieber„, im Volksmund “Frese„ genannt, das heißt wohl einen Schüttelfrost, auslösten, waren diese Löcher gefürchtet. Während am Rhein schon seit einigen Jahren an der Korrektion gearbeitet wurde, begann just 1852 auf Initiative des Direktors der Rheinstrombauverwaltung, Nobiling, flussabwärts von Ahrweiler die Begradigung der Ahr im Bereich der Wadenheimer Gemarkung, gegen die sich der Gemeinderat angesichts der auf die drei Dörfer entfallenden Kosten zunächst heftig gewehrt hatte. Bis 1857 war die Regulierung bis zur Brücke nach Beul vorgestoßen und die Gemeinde freute sich, die Kosten für den weiteren Ausbau auf Kreuzberg abwälzen zu können, der sich für das gewonnene Gelände links und rechts einer begradigten Ahr interessierte.
Aber auch unabhängig von der Ahrkorrektion hatten Kreuzberg und Bischof bis 1856 über 100 Parzellen, die ziemlich zusammenhingen, in ihr Eigentum gebracht. Das setzte Kreuzberg auch in die Lage, seine bäuerlichen Vertragspartner vom 29. Juni 1852, denen er ja ein Drittel des Gewinns zugesagt hatte, regelrecht auszutricksen: Als sich abzeichnete, dass eine Bohrung auf ihrem Grundstück tatsächlich erfolgreich sein würde, ließ er davon ab und bohrte mit Erfolg auf einem ihm inzwischen gehörenden unmittelbar benachbarten. Aber es bedurfte trotzdem eines dreijährigen langen Atems, ehe Kreuzberg und Bischof 1856 von fünf gefundenen Quellen drei auch mit Fassungen versahen und durch den örtlichen Arzt auf ihre Tauglichkeit für Heilzwecke überprüfen ließen, von denen schließlich zwei 1858 am Beginn des Kurbetriebs standen. Ihr Wasser sei dem von Ems und wegen des höheren Kohlensäuregehalts eher noch Vichy vergleichbar, urteilten damalige Fachleute. Doch bevor es so weit war, den Kurbetrieb aufzunehmen, mussten weitere Probleme gemeistert werden. Bischof, der mit den erschlossenen Quellen und dem inzwischen erworbenen Grundbesitz den Schlusspunkt seines Engagements sah und das gesamte Objekt wieder zu Geld machen wollte, fügte sich nach längerem Zaudern nur unwillig in die Absicht Kreuzbergs, eine Aktiengesellschaft zu begründen. Schließlich gab er aber im März 1857 gegen eine Abfindung seine Anteile an eine Kommanditgesellschaft ab. Deren Vorsitz übernahm bis 1863 Kreuzberg als erster Kurdirektor, der umgehend mit Anzeigen in Köln und anderen großen Städten erfolgreich Kapital für den infrastrukturellen Ausbau eines Badebetriebs einwarb. Genau das war eben zur gleichen Zeit “Heilbronn„ im Brohltal und Sinzig nicht gelungen. Der als Kaufmann und Weinhändler erfahrene Kreuzberg mit seinen Beziehungen zu Persönlichkeiten mit Einfluss und Kapital war da seinen Konkurrenten wohl deutlich überlegen. Außer ihm selbst gehörten dem Verwaltungsrat der Kommanditgesellschaft nur Kräfte an, die nicht aus dem Ahrtal stammten: Justizrat Adams (Koblenz), Graf Fürstenberg-Stammheim (Stammheim), Landrat Fonck (Adenau), Landrat Freiherr von Hövel (Ahrweiler), Dr. Velten (Aachen) und Freiherr von Waldbott-Bassenheim-Bornheim (Koblenz). KEßLER (1975, S.112) betont aber auch Kreuzbergs Probleme, in einem noch nicht entwickelten deutschen Bankenwesen an Kredite zu gelangen, und begründet so seine relativ vorsichtige Investitionsstrategie, nach und nach die für einen Badebetrieb notwendigen Gebäude im Kurort Neuenahr zu errichten.
Resümee
Am Ende der Amtszeit (30. Juni 1863) des Badbegründers, des ersten Vorsitzenden der Aktiengesellschaft und damit ersten Kurdirektors, Georg Kreuzberg, konnte der bald 67-Jährige eine stolze Bilanz ziehen:
- Ein florierender Apollinaris Brunnen, den er auch weiterhin leitete;
- ein wachsender Kurbadebetrieb mit ergiebigen Quellen, zwei Badehäusern, einem Kurhaus und großem Parkgelände mit Promenaden in einem Bereich der Ahr, der noch zehn Jahre zuvor von wilden Armen, Kiesbänken, einigen Wiesen und Äckern geprägt war;
- eine Vielzahl durch sein Engagement ausgelöster privater Folgeinvestitionen ins Unterkunftsgewerbe, Geschäftsleben und medizinische Angebot. Von kleinsten Anfängen 1858/59 ausgehend boten nur fünf Jahre später, 1863, 14 Hotels und 7 Privatpensionen über 600 Gästebetten an.
Georg Kreuzberg war nicht im wörtlichen Sinne der “Entdecker„ des Apollinaris Brunnens und der Heilquellen des Bades Neuenahr in Beul gewesen, denn die Existenz von Quellen hatte man längst gekannt, diese nur nicht verwertet. Erst der “Kaufmann„ Georg Kreuzberg, der auch mit Wein zu handeln verstand, hat die Mineral- und Thermalquellen vor Ort im echten Sinne “in Wert gesetzt„, den Apollinaris Brunnen industriell, die Heilquellen touristisch. Dass er in diesem Prozess regionale und lokale Wettbewerber in beiden Märkten auszuschalten vermochte, gehört mit zu seiner Erfolgsgeschichte. Auch in Godesberg hatte man das Aufblühen des Apollinaris Brunnens und Bades Neuenahr wahrgenommen und wollte wohl beiden nacheifern. 1864 kaufte die Gemeinde den Draitschbrunnen aus preußischem Besitz, musste aber so viel in seine Sanierung investieren (geologischer Berater: Prof. Gustav Bischof), dass sie ihn angesichts einer nur schwachen Nachfrage 1871 an einige Interessenten weiter verkaufte, deren Erfolg eher bescheiden blieb.
(Jürgen Haffke, Bonn, 2024)
Internet
www.aw-wiki.de: Georg Kreuzberg (abgerufen 27.04.2025)
Quellen
Ritter, Hans-Jürgen (2008): Bad Neuenahrer Impressionen, Folgen 23, 24. In: Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler