Rest eines ehemals größeren Waldgebiets mit Relikten der Waldentwicklung (Niederwald, Jagen, Meilerplätze, Pfalzdorfer Waldbahn), Territorial- und Kriegsgeschichte (Schanzen und Stellungen des Ersten Weltkriegs) bis zu zahlreichen Überresten aus dem Zweiten Weltkrieg.
Britischer Ehrenfriedhof an der L 424 (1945-48); Architekt Philip Dalton Hepworth.
Erhaltene urgeschichtliche, römische und mittelalterliche Besiedlungs- und Nutzungsareale, großflächige Gräberhügelfelder insbesondere der Metallzeiten.
Kulturlandschaftliches und denkmalpflegerisches Ziel im Rahmen der Regionalplanung ist eine erhaltende Kulturlandschaftsentwicklung, insbesondere
- Bewahren des Kulturlandschaftsgefüges
- Sichern linearer Strukturen
- Sichern kulturgeschichtlich bedeutsamer Böden
- Achten von Ereignisorten
- Bewahren überlieferter naturnaher Landschaftselemente
Aus: Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.): Fachbeitrag Kulturlandschaft zum Regionalplan Düsseldorf. Erhaltende Kulturlandschaftsentwicklung, Köln 2013
Kulturlandschaftliche Entwicklung
Der heutige Reichswald ist nur ein Teil von einem ehemals größeren Wald, der sich bis zum Hochwald auf dem gesamten Höhenzug hin erstreckte und seit der Kultivierung der Waldhufensiedlung Uedemerfeld (1236) ständig durch Verheidung und Kultivierungen verkleinert wurde.
Spuren der Besiedlung und anthropogenen Waldnutzung finden sich bereits aus prähistorischer Zeit, die durch eine Vielzahl von Grabhügeln am Südrand des Reichswaldes belegt sind. Bei Tacitus wird der Wald als „sacrum nemus“ bezeichnet. Im Mittelalter trug er die Bezeichnung „Ketelwald“ und diente vor allem als Lieferant für Brenn- und Bauholz und als Waldweide.
Die alten Grenzen des damaligen herrschaftlichen Waldes werden noch von spätmittelalterlichen Landwehrabschnitten als Grenze der Waldgrafschaft Nergena und von Wallhecken markiert.
Von der bedeutenden Niederwaldwirtschaft sind noch wenige Relikte erhalten geblieben. Der Niederwald hing insbesondere mit der Köhlerei zusammen. In den Jagen 55-59 und 88-92 befinden sich kreisrunde, eingeebnete, ehemalige Meilerplätze. Die seit 1729 eingeführte preußische forstwirtschaftliche Nutzung brachte neben der Köhlerei weitere Nutzungen im Reichswald hervor wie die Lohgerberei, die eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung Kleves als Zentrum der Schuhherstellung bildete. In den ehemaligen Heideflächen im südlichen und südwestlichen Bereich des Reichswaldes wuchs Wacholder für die Schnapsbrennerei.
Seit 1828 verringerte sich die Waldfläche von 11.600 Hektar bis ca. 7.600 Hektar 1950 und 6.100 Hektar heute. Um 1828 wurde der Wald mit einem rechtwinkligen Netz von Schneisen in Jagen eingeteilt, wodurch das alte mittelalterliche Wegegefüge fast verschwunden ist. Diese Jagen wurden um 1860 halbiert und nummeriert und mit Steinen versehen.
Während des Ersten Weltkrieges wurden Schanzen und Stellungen als Verteidigungslinie zu den Niederlanden hin ausgebaut.
Im Frühjahr 1945 wurde die größte Panzerschlacht des Zweiten Weltkrieges hier ausgetragen, bei der umfangreiche Waldflächen zerstört wurden, von der sich noch viele Spuren wie ein Panzergraben, Laufgräben, Geschütz- und Flakstellungen sowie Bombenkrater im Wald befinden.
Die benachbarten Siedlungen Reichswalde und Nierswalde sind als agrarisch geprägte Flüchtlingssiedlungen zwischen 1949-1951 errichtet worden. Hierfür wurden ca. 1.500 Hektar vor allem kriegsbedingte Waldflächen gerodet.
Prägende kulturlandschaftliche Elemente:
- Grabhügel
- Meilerplätze
- Niederwaldrelikte
- Grenzwälle (Landwehr)
- mittelalterliche Wegetrassen
- die frühneuzeitliche Straße Kleve-Gennep
- historische Straßentrassen
- rechteckige Jagen mit Jagenwegen
- Jagensteine
- Schützenstellungen des Zweiten Weltkrieges
- Laufgräben
- Forsthäuser
- Brandtürme
- Ehrenfriedhof mit Ehrenmal
- Wallanlagen und Stellungen des Ersten Weltkrieges
- ehemalige Wald- bzw. Munitionsbahn
Landschaftsbild
Das Landschaftsbild wird vor allem geprägt von Mischwald, der forstlich bewirtschaftet wird.
Bewertung
Als Schutzziel ist die Erhaltung der historischen Kulturlandschaftselemente sowie die Zeugnisse der beiden Weltkriege, die tradierte Laubwaldanteile mit älteren Laubbaumbeständen sowie die Bereiche mit Relikten der Niederwaldbewirtschaftung und die Meilerplätze anzustreben.
(Peter Burggraaff, Universität Koblenz-Landau, 2012)
Internet
Fachbeitrag Kulturlandschaft zum Regionalplan Düsseldorf (Abgerufen: 17.03.2015)