Heussallee 2-10, Allianzplatz (Heussallee / Winston-Churchill-Straße / Willy-Brandt-Allee), Haus 1-10
(Pressehaus des Deutschen Bundestages, Bundespressekonferenz / heute Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post)
1964-1969 nach einem Wettbewerb gebaut
Architekt: Hanns Dustmann, Düsseldorf
Gartenarchitekt: Wolfgang Darius, Bonn, Hanns Dustmann
Bauherr: Allianz Lebensversicherungs AG, Stuttgart
Die Anlage wurde zur Vermietung vorwiegend an den Bund geplant.
Das als „Tulpenfeld“ bezeichnete Terrain war Anfang des 20. Jahrhunderts Ziegeleigelände und wurde bis in die 1960er Jahre landwirtschaftlich genutzt. Heute liegt der Komplex gegenüber der Bundeskunsthalle und der städtischen Kunstsammlung an der B 9, der Willy-Brandt-Allee. Mit dem Bau der Anlage wurde die von Kessenich zur ehemaligen Mühle am Sträßchensweg führende historische Wegeführung unterbrochen.
Bauabschnitte:
I. Bauabschnitt: Tiefgarage
II. Bauabschnitt: Hochhaus und Anbau (Haus 4 und 5)
III. Bauabschnitt: Haus der Presse (Haus 7)
IV. Bauabschnitt: Atriumhäuser I bis III (Haus 1, 2 und 3)
V. Bauabschnitt: Bürogebäude mit Kasino (Haus 8, 8a, 9 und 10)
VI. Bauabschnitt: Hotel (Haus 6)
1999/2000/2006 Sanierung mit teilweisem Innenumbau
ehemalige Nutzung:
Bundespressekonferenz: Pressehaus des Deutschen Bundestages, mit Pressesaal;
Dienststellen verschiedener Bundesministerien, im Laufe der Jahre wechselnd zwischen den Bundesministerien für Justiz, Innerdeutsche Beziehungen, Post und Fernmeldewesen, Wissenschaft und Forschung; Heussallee/Willy-Brandt-Allee: bis 1999 Kanzlei der Botschaft des Königreichs Schweden, (1957 war laut Stadtplan die Schwedische Königliche Gesandtschaft in der Gerhardt-von-Are-Str. 1 untergebracht); an der Heussallee: Filiale der Dresdener Bank, Niederlassung des WDR, an der Winston-Churchill-Straße: Hotel.
Die letzte Pressekonferenz fand am 4. August 1999 statt.
Mehrteilige Anlage aus flach gedeckten kubischen Baukörpern in variierenden Grundrissdimensionen und gestaffelten Höhen; die Anlage besteht aus neun Baukörpern, die sich weiträumig freistehend auf einer Grundstücksfläche von 41.450 m2 um einen innenhofgleichen Platz mit Zugängen von der Heussallee und von der Winston-Churchill-Straße gruppieren. Durch unterschiedliche Gebäudehöhen wird zur Grundstücksmitte ein städtischer dreidimensional wirksamer Raum geschaffen. Die versetzten Gebäudefluchten und die Einbindung der Einzelbauten in Grünflächen verleihen der Anlage, von außen betrachtet, rundum den Eindruck eines Miteinanders von Einzelobjekten mit großzügigen Vorbereichen. Rasenflächen mit gezielt gepflanztem Bewuchs runden die Anlage nach außen ab und schaffen zur Nachbarbebauung einen umschließenden Distanzraum.
Ein 18-geschossiges, breit gelagertes Hochhaus mit 26 zu 3 Fensterachsen definiert die südöstliche Platzecke. Ein 3-geschossiger Seitentrakt bildet die südliche Raumkante. Durch das freistehende 6-geschossige Hotel mit einem 1-geschossigen Konferenzraum und durch ein 6-geschossiges Bürohaus werden die Platzecken im Südwesten an der Winston-Churchill-Straße und gegenüber im Nordwesten zur Heussallee bestimmt. Dazwischen begrenzt über einer 2-geschossigen Tiefgarage mit 800 Stellplätzen der 6-geschossige Riegel des Pressehauses den Platz. Drei freistehende 3-geschossige Atriumhäuser schließen, in der Flucht rhythmisch einspringend, die östliche Platzseite zur Heussallee und zur Willy-Brandt-Allee.
Die Bauten werden aus der Anlagenmitte über den großzügigen hellgrau plattierten unregelmäßig rechteckigen Platz erschlossen. Niedrige rechteckige Wasser- und Pflanzbecken leiten den Besucher zu den Eingängen. Alle Bauten wurden als Stahlbetonskelettkonstruktion errichtet. Das leicht vorgerückte Hochhaus beherrscht den Platz und markiert ihn nach außen innerhalb des Regierungsviertels als städtischen Raum. Hochhaus und Bürohäuser sind zweibündig konzipiert, die Bürohäuser mit Mittelflur, das Hochhaus mit Doppelflur um einen zentralen Versorgungskern. Horizontale Natursteinbrüstungsbänder aus poliertem schwarzen Granit (Labrador) mit schmalen weißen Begleitstreifen aus Marmor (Ruschitza) bilden in einer Ebene mit den stahlgefaßten Glasfenstern eine schwarz-weiße glatte und reflektierende Außenhaut. An den Schmalseiten des Hochhauses ist ein 3-achsiger Mittelstreifen zur Belichtung der Flure deutlich zurückliegend in die Ebene der flächigen Wandverkleidung aus grauem Bleu Cendré eingeschnitten.
Auf die innere Raumwirkung des Platzes bezogen, bildet der Baukörper des Saales der Bundespressekonferenz, der aus dem Pressehausriegel in den Platz eingestellt ist, den geometrischen Schwerpunkt. Der im Grundriss trapezförmige, konisch eckige, zweigeschossige Bau ragt auf 6 Rundstützen in den Platz hinein und schützt durch seine Aufständerung Eingangsbereich und Autovorfahrt. Der Konferenzsaal ist an der dem Platz zugewandten Stirnseite mit hellen leicht gelblich scheinenden Marmorplatten in vor- und zurückspringenden Ebenen verkleidet, wodurch die Wand dreidimensional strukturiert ist. Die darunterstehenden Rundstützen des Saales treten im Gegensatz zu der Wand durch die Verkleidung aus dem polierten schwarzen Granit in kleinen Platten mit schillernden hellen Einschlüssen optisch dezent zurück. Der Platzinnenraum wird durch die Wirkung des Saales als Plastik, die mit den umgebenden Bauten korrespondiert, in Weite und Höhe gliedert und gestaffelt.
In der Konzeption zweckbestimmt, funktional, nüchtern. In der architektonischen Wirkung kühl, elegant, edel in der stadträumlichen Wirkung introvertiert, nach außen abgeschlossen, gartenarchitektonisch durchgestaltet, Bewuchs durch Architektur bestimmt, Kommunizieren zwischen Gebautem und Grün, jedoch eher ein Unterordnen der Grünanlagen zur Betonung der Entwurfsidee.
Für die Erhaltung sprechen:
- architekturgeschichtliche Gründe: zeittypischer, qualitätvoller Entwurf eines bekannten Architekten; Dustmann im Umkreis von Albert Speer. Zeittypische Merkmale: Hochhaus, klare rechteckige Formen, Außenraumgestaltung mit Platzcharakter;
stimmige Gesamtkonzeption, edle Materialien, Ausbildung von Details in der Innenausstattung (Lampen, Türgriffe, Geländer, ...), in der Platzmöbellierung (Wasser- und Pflanzbecken, Lampen, ...); reduziert dezente, funtionsbestimmte, unaufdringlich nüchtern-kühle/elegante Wirkung Gartenarchitektur ergänzt den Entwurf.
- ortsgeschichtliche Gründe: Bonn als Sitz der Bundesregierung, das Tulpenfeld als landwirtschaftliche Fläche, Bebauung ohne Einbindung in vorhandene bauliche/städtebauliche Gegebenheiten.
- politikgeschichtliche Gründe: Nach dem Beschluss des Bundestages 1956, keine weiteren Bundesbauten in Bonn zu errichten, wurde zusätzlicher Raumbedarf dadurch gedeckt, dass nichtstaatliche Körperschaften / Investoren (überwiegend Versicherungen, s. Axehaus an der Adenauerallee) Neubauten errichteten und an den Bund vermieteten. So wurden in der Anlage im „Tulpenfeld“ verschiedene Dienststellen von Ministerien untergebracht; die Schwedische Botschaft zog in den nordöstlichen Flachbau und der Baukörper an der Winston-Churchill-Straße wurde als Pressehaus der 1949 gegründeten Bundespressekonferenz genutzt. Die Bundespressekonferenz setzt sich regierungsunabhängig aus den Pressesprechern der Regierung und der Ministerien zusammen und beruft mehrmals pro Woche Konferenzen ein.
- städtebauliche Gründe: städtischer Raum, der im Laufe der Jahrzehnte umbaut wurde, städtebauliche Dominante durch das Hochhaus innerhalb des Regierungsviertels.
Baudenkmal
Der Verwaltungs- und Bürogebäudekomplex Tulpenfeld ist ein eingetragenes Baudenkmal (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Nr. 34568 / Denkmalliste der Stadt Bonn, laufende Nr. A4056).
(Angelika Schyma und Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2005)