Kurzbeschreibung des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland
Sitz des Bundespräsidenten in Bonn Villa Hammerschmidt mit ehemaligem Bundespräsidialamt - Komplex Bundespräsident / Bundespräsidialamt
Der Komplex umfasst das Gelände zwischen Adenauerallee, Kaiser-Friedrich-Straße und Wilhelm-Spiritus-Ufer und dem benachbartem Palais Schaumburg (siehe Adenauerallee 141) mit Gebäuden und Park einschließlich Uferböschung, historische Mauern und Zugängen, bestehend aus folgenden Teilen: Villa Hammerschmidt, Park, altes Bundespräsidialamt (Kaiser-Friedrich-Straße 16) und die ehemals zum Bundespräsidialamt gehörenden Häuser Kaiser-Friedrich-Straße 8/10, 12/14 und 18.
Villa Hammerschmidt Die Villa Hammerschmidt, auch „Das Weiße Haus von Bonn“ genannt, war von 1950 bis 1994 Amts- und Wohnsitz des Bundespräsidenten. Seitdem ist die Villa Hammerschmidt zweiter Amtssitz neben Schloss Bellevue in Berlin.
Geschichte: 1862/1863: 1. Bauherr: Albrecht Troost/Fabrikant; Architekt August Dieckhoff 1868: 2. Bauherr: Leopold Koenig/Fabrikant, ab 1877: Umbau und Erweiterung: Architekten Ludwig Bohnstedt/Otto Penner 1878: Anlage des Gartens vermutlich durch den Hamburger Gartenarchitekten Rudolph P.C. Jürgens (1850-1930) (Sohn von Friedrich J.C. Jürgens). 1899: 3. Bauherr: Rudolf Hammerschmidt/Kaufmann, Geheimer Kommerzienrat 1929-1945: verpachtet, verschiedene Umbauten, Unterteilung in einzelne private Wohnungen. 1945-1950: Beschlagnahme durch Besatzungsmächte, zuletzt Residenz des belgischen Armeekommandanten. 1950/1951: Seit Januar 1950 im Besitz der Bundesrepublik Deutschland und zum Amtssitz des Bundespräsidenten bestimmt; Umbau zum Sitz des Bundespräsidenten; Architekt Hans Schwippert, später mehrfache Veränderungen und Wiederherstellung. 1974: Wettbewerb Bundespräsidialamt, nicht weiter verfolgt.
Herrschaftliche zweigeschossige Villa, hervorgegangen aus der wesentlich kleineren klassizistischen Villa Troost von August Dieckhoff, die von Ludwig Bohnstedt und Otto Penner im Wesentlichen ab 1877 zu der heutigen Gestalt erweitert und umgebaut wurde. Die charakteristischen Türmchen der Erweiterung fielen der Purifizierung beim Umbau zum Bundespräsidentensitz unter Theodor Heuss zum Opfer. Heute stellt sich der repräsentative Bau als breit gelagerter, palazzoartiger Baukörper dar mit dominierendem Mittelrisalit an der Straßenfront. Im Obergeschoss offene Arkadenhalle flankiert von Figurennischen, darüber Mezzanin mit abschließender Balustrade. Die anschließenden Fassaden zweifach zurückgestuft. Im Erdgeschoss Rechteck-, im Obergeschoss Rundbogenfenster, in den Seitenflügeln zu Doppelfenstern zusammen gefasst. Kräftige Gesimse, Fensterrahmungen und Schmuckformen gliedern den Baukörper. Der ähnlich gestalteten Rheinseite ist eine Terrasse vorgelagert mit säulengestütztem Balkon über drei Achsen in der Mitte, darüber Mezzaningeschoss mit Dreiecksgiebel und Satteldach, die übrigen Trakte mit Flachdächern. Das 1871 errichtete Palmenhaus noch vor 1930 niedergelegt; erhalten ist der Verbindungsbau im Süden der Villa, unter Hammerschmidt entstanden, der ehemaligen sog. Nibelungenhalle mit überkuppeltem Muschelsaal, die vor und nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu zur Unkenntlichkeit zweigeschossig zu Wohnungen umgebaut wurde. Die Raumdisposition der Villa wurde mit der Nutzung zum Präsidentensitz weitgehend wiederhergestellt. Teile der wandfesten Ausstattung sind erhalten. Im Erdgeschoss befinden sich die Repräsentationsräume mit Empfangssaal, Kaminsaal, Speise- und Terrassenzimmer. Von der Eingangshalle führt links das Treppenhaus ins Obergeschoss, wo sich die Privaträume mit reichen Stuckdecken befinden.
Der Park Der erste nachgewiesene Landschaftspark wurde 1878 unter Leopold Koenig von dem Hamburger Gartendirektor Rudolph Jürgens (1850-1930) angelegt, der auch die „Nibelungengrotte“ zum Rhein hin gestalten ließ, die aber nur noch rudimentär (ohne Figuren) erhalten ist. Das bereits 1871 erbaute Palmenhaus an der Südseite des Parks wurde noch vor 1930 niedergelegt. Nach mehreren Umgestaltungen erfolgte zu Beginn der 1950er Jahre die Neugestaltung durch den Gartenarchitekten Hermann Mattern (1902-1971). Letzte Gestaltung nahm das Büro Horst Wagenfeld vor unter der Präsidentschaft von Richard von Weizsäcker. Der alte Baumbestand wurde teilweise beibehalten. Von der ursprünglichen Wegeführung zeugt nur noch der nach Süden schräg verlaufende Weg von der Adenauerallee und der nierenförmige Bogen vor dem Eingang. Die ursprünglich mittig angelegte Ulmenalle wurde wegen der europäischen Ulmenkrankheit niedergelegt.
Anstelle der ehemaligen Stallungen zur Kaiser-Friedrich-Straße entstand das Alte Bundespräsidialamt.
Schlichter zweigeschossiger Baukörper in 17 Achsen, jeweils durch Lisenen gegliedert, Flachdach über profilierter überstehender Traufe; traufseitiger Eingang durch gestuften flachen Risalit über vierstufiger Freitreppe hervorgehoben. Fenster heute entgegen ursprünglicher Aufteilung gesprosst, ebenso die ehemals durchgehende voll verglaste Portalzone, die durch ein späteres Vordach unterteilt wurde. Die innere Erschließung erfolgt durch den zentralen Eingangsbereich, das rechts vom Foyer liegende Treppenhaus und über die Mittelflure. Trotz der Veränderungen ist das Gebäude in den wesentlichen Merkmalen erhalten.
Wohnhaus Kaiser-Friedrich-Straße 8/10 Baujahr: 1898 Architekt: Hermann Schmitt/Bonn; Josef Spettmann/Bonn Bauherr: Johann Balg (Kaufmann) Nutzung: 1966-1999 durch Bundespräsidialamt; heute: Bundeskartellamt
Zweigeschossige Doppelvilla, die linke Haushälfte (Nr. 10) durch Architekt Josef Spettmann 1900 um repräsentativen zweigeschossigen Vorbau (sog. Wintergarten) über offener Vorfahrt erweitert. Nach Brand des Dachgeschosses im Zweiten Weltkrieg purifizierender Wiederaufbau in geänderter Form (Nr. 8 ursprünglich mit Turm über der rechten Eckachse). Dagegen Nr. 10 im Äußeren weitgehend den Zustand zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiedergebend mit aufwändigem historisierenden Formenvokabular in Neurenaissance-Schmuckformen. Das Erdgeschoss über hohem Sockel in beiden Häusern noch weitgehend gleich gestaltet mit durchgehendem Quaderputz und Rundbogenfenstern. Im Obergeschoss reich verzierte Fensterbekrönungen und Kranzgesims, in der linken Achse flacher Erker mit Balkon im Dachgeschoss und geschweiftem Giebelaufsatz, in ähnlicher Form über der Eingangsseite (hier mit Jahreszahl 1898). Im Innern von Nr. 10 sind das Treppenhaus sowie einige Stuckdecken im Erd- und Obergeschoss erhalten. Durch die Umnutzung zu Bürozwecken für das Bundespräsidialamt wurden im Innern aber erhebliche Veränderungen vorgenommen und die beiden Gebäude miteinander verbunden. Trotz der Veränderungen wird die ursprüngliche bürgerliche Wohnsituation im Hinblick auf Anspruch und Repräsentation noch anschaulich, vor allem im Zusammenhang mit Lage und baulichem Umfeld der Straße.
Wohnhaus Kaiser-Friedrich-Straße 12-14 Baujahr: 1932/33 Architekt: Hans Letsche/Bonn Bauherren: F.H. Schmitz und Ferdinand Hubert Nutzung: 1966-1999 Bundespräsidialamt
Als Doppelwohnhaus errichtet. Jeweils seitlich erschlossen, Tür und Fensterrahmen in Kunststein, Fenster im Obergeschoss mit Segmentbogen, Walmdach mit Gauben; schlichte, aber gediegene Ausführung; ursprüngliche Aufteilung, trotz der äußeren Symmetrie variierend und heute noch ablesbar. Im Rahmen der Umnutzung für Bürozwecke des Bundespräsidialsamtes Durchbruch zwischen den Häusern.
Wohnhaus Kaiser-Friedrich-Straße 18 Baujahr: 1899 Architekt: H.Reiffen/Bad Godesberg Bauherrin: Frau Ernst Prieger, Nutzung: Seit 1966 Bundespräsidialamt, seit 1999 Bundeskartellamt.
1926 Umbauten unter Heinrich Prieger durch Architekt Wilhelm Denninger, vermutlich aus dieser Zeit die beiden großen Fenster im Ergeschoss beiderseitig des Eingangs, 1936 ebenfalls durch Denninger Umbau zu Mehrfamilienhaus.
Freistehende zweigeschossige Villa mit Mezzanin mit spätklassizistischem Formenvokabular, flachem Eingangsrisalit, zweigeschossige, säulengestützte Veranden die Rheinseite flankierend, Bänderputz im Erdgeschoss, Fenster im Obergeschoss mit Halbsäulenvorlagen auf kräftigen Konsolen, Eingang und Flurfenster mit großem Rundbogen, kräftiges umbiegendes Konsolgesims, flaches Walmdach. Im Innern Baukörperstruktur erhalten; ebenso Reste der Gartenanlage mit z.T. historischem Bewuchs, Eisenzaun zur Kaiser-Friedrich-Straße. Zum Wilhelm-Spiritus-Ufer Mauer mit Grottenansatz, ehemals nordöstliche Begrenzung des Grundstücks der Villa Hammerschmidt.
(Angelika Schyma und Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2014)
Literatur
Berkowski, Walter (1913)
Bilder aus dem Garten des Geheimen Kommerzienrat R. Hammerschmidt in Bonn. In: Die Gartenwelt XVII, Heft 22, S. 297-302. o. O.
Knopp, Gisbert (1985)
Villa Hammerschmidt - Ein klärender Nachtrag zur Baugeschichte. In: Denkmalpflege im Rheinland 4, S. 17-21. Köln.
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