Die Britische Botschaft wurde in zwei Bauphasen am ehemaligen südlichen Stadtrand von Bonn auf damals freiem Feld errichtet. 1. Bauabschnitt: Dreigeschossiger, lang gestreckter Flachdachbau von 63 m Länge parallel zur Straße in Stahlbetonkonstruktion. Kurzer Flügelanbau an der rechten Straßenfassade und rückwärtig an der linken Seite. Hier 1954 durch einen L-förmigen Anbau, wie bereits ursprünglich geplant, erweitert, so dass ein offener dreiseitig umschlossener Innenhof entstand. Im ersten Bauabschnitt entstanden 85 Zimmer für 90 Beamte, die am 5. Oktober 1953 einziehen konnten. Im 2. Bauabschnitt wurde das Volumen etwa verdoppelt. Die Fassaden waren mit gleichmäßigen aneinander gereihten Fensteröffnungen versehen, ohne rhythmische Gliederung. Der Eingang befand sich unrepräsentativ im Winkel zum Flügelbau, dieser hatte an der Stirnseite zur Straße eine Granitverkleidung mit dem königlichen Wappen und einem flachen Balkon über die ganze Seite; dahinter befand sich allerdings ein Teil der Haustechnik (Heizungsanlage), vermutlich bei den Umbauarbeiten erst hierher verlegt. 1985/86 fanden umfangreiche Umgestaltungen und Erweiterungen statt: Eingang, Fenstererneuerung, Pförtnerhaus, Kantine, Zufahrten, Stellplätze, Außenanlagen.
Das Gebäude zeichnete sich durch äußerste Zweckmäßigkeit aus, unter Verzicht auf jede Form von Repräsentation außen wie innen. Zusammen mit dem freistehenden „Casino“ der 1960er Jahre und seinem Wellblech gedeckten Tonnendach hielt es offenbar bis zuletzt am britischen Understatement und deutschem Provisorium fest, allerdings in „guter und solider Ausführung“, wie das britische Außenministerium versicherte.
Der damalige Beauftragte des Landeskonservators, Bendermann, urteilte über die Planungsunterlagen: „Darüberhinaus ist zu der Architektur des Gebäudes zu sagen, dass sie nicht ohne eine gewisse Sorglosigkeit geplant zu sein scheint. Die Proportionen der Öffnungen zu den jeweiligen Flächen lassen die Spannung vermissen, die nach unserer Auffassung eine gute Architektur ausmacht.“ (Brief vom 29.9.1952 an die Stadtverwaltung Bonn). Und John le Carré schreibt in seinem berühmt gewordenen Roman „Eine kleine Stadt in Deutschland“ über die britische Botschaft: „Man stelle sich den stillosen Gebäudeblock einer Fabrik vor, der sich nach und nach wuchernd ausgebreitet hat, die Art von Bauwerk, die man zu Dutzenden an Londons Westumfahrung sieht, gewöhnlich mit dem Symbol ihres Produkts auf dem Dach, man male darüber einen trüben rheinischen Himmel, füge eine undefinierbare Andeutung von Nazi-Architektur hinzu, nur einen Hauch, nicht mehr und errichte auf dem freien Feld dahinter zwei verwitterte Fußballtore zur Erholung für Ungewaschene, und man hat mit ziemlicher Genauigkeit Geist und Stärke Englands in der Bundesrepublik porträtiert. …Errichtet, während die Besetzung ihrem frühzeitigen Ende entgegenging, spiegelt das Botschaftsgebäude genau jene tölpische Selbstverleugnung: Ein steinernes Gesicht blickt den früheren Feind an, ein graues Lächeln gilt dem gegenwärtigen Verbündeten.“ Die Architektur war immerhin so pejorativ (abwertend, allgemein) auffallend, dass sie Eingang in die Literatur fand.
Deutlich wird bei diesem Beispiel die Diskrepanz zwischen architekturgeschichtlicher und historischer Bedeutung, die zweifellos gegeben war, war doch die Britische Botschaft die dritte der westalliierten Vertretungen, die als Neubauten in Bonn errichtet worden waren, und als einzige der Besatzungsmächte in unmittelbarer Nähe der Regierungsorgane. Mehr als fünfzig Jahre aber waren dem Bau nicht gegeben.
(Angelika Schyma, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2014)
Literatur
le Carré, John (1996)
Eine kleine Stadt in Deutschland. S. 22 f. München.
Schyma, Angelika (2004)
In diplomatischer Zurückhaltung: Botschaftsarchitektur in Bonn von der Staatsgründung bis zum Fall der Mauer. In: Englert, Kerstin u. Tietz, Jürgen (Hrsg.): Botschaften in Berlin, S. 29-42. Berlin.
Schyma, Angelika (1999)
"Eine kleine Stadt in Deutschland" - das Regierungsviertel der ehemaligen Bundeshauptstadt. In: Denkmalpflege im Rheinland 2/1999, S. 49-62. o. O.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.