Im Jahr 1855 verlängerte die Bonn-Cölner Eisenbahn-Gesellschaft ihre linke Rheinstrecke zwischen Köln und Bonn bis nach Rolandseck bei Remagen und ermöglichte den Fahrgästen durch die direkte Rheinanbindung einen bequemen Umstieg auf die Dampfschiffe. Das unter Denkmalschutz stehende klassizistische Empfangsgebäude des Ausflugsbahnhofs aus dem Jahr 1858 ist ein großartiges Beispiel preußischer Baukultur aus der Gründerzeit der deutschen Eisenbahn. Es beheimatet heute das „Arp Museum Rolandseck“.
Die Linke Rheinstrecke Am 13. Februar 1844 eröffnete die Bonn-Cölner Eisenbahn-Gesellschaft (BCE) die Eisenbahnstrecke zwischen Bonn und Köln. Sie war somit die erste Eisenbahn-Gesellschaft, die es wagte, eine Eisenbahnstrecke parallel zum Rhein zu bauen und sich somit in direkte Konkurrenz zur Dampf-Schifffahrt zu begeben. 1853 wurde die Genehmigung zum Weiterbau der Linie bis Rolandseck bei Remagen erteilt. Ab dem 15. Oktober 1855 war somit neben dem damaligen Kölner Bahnhof bei St. Pantaleon der Bahnhof Rolandseck der neue Endpunkt der circa 45 Kilometer langen linken Rheinstrecke. Als Endpunkt erhielt der Bahnhof eine Wasserstation, einen Schuppen für zwei Lokomotiven und Häuser für Bedienstete der Bahngesellschaft. Die unmittelbare Lage am Rhein war bewusst gewählt, um ein bequemes Umsteigen auf die Dampfschiffe zu ermöglichen. Am 1. Januar 1857 übernahm die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft (RhE) die Bonn-Cölner Eisenbahn-Gesellschaft und führte die linke Rheinstrecke über Remagen und Andernach bis nach Koblenz weiter. Seit dem 21. Januar 1858, mit der Verlängerung der Bahnstrecke bis Remagen, ist der Bahnhof Rolandseck somit nur noch Durchgangsbahnhof.
Die Lage des Bahnhofs Rolandseck Der repräsentative „Ausflugsbahnhof“ liegt an prominenter Stelle im Rheintal bei Remagen. Die Gegend gehörte früher zu den reichsten der ehemaligen Preußischen Rheinprovinz. Vor dem Bahnhofsgebäude erstreckt sich der Rhein mit den beiden Inseln Nonnenwerth und Grafenwerth. Direkt unterhalb des Bahnhof befindet sich die Rheinfähre nach Bad Honnef. Links und rechts des Rheins erheben sich der Rolandsbogen und die Hügel des Siebengebirges mit dem Drachenfels. Das spätklassizistische Bahnhofsgebäude sowie die umgebende Parkanlage mit alten Kastanien- und Lindenbäumen und der Hans-Arp-Allee sorgen für eine hervorragende Einbindung in die umliegende Villenarchitektur und die umgebende Landschaft.
Das Eisenbahnempfangsgebäude Rolandseck Der Bahnhof Rolandseck wurde 1858 vom Baumeister und Eisenbahningenieur Emil Hermann Hartwich (1801-1879) fertig gestellt. Das Empfangsgebäude wird durch seine ausgewogene, klare und streng symmetrische Form geprägt. Es besteht aus einem zweigeschossigen klassizistischen Hauptbau, der durch zwei risalitartige Eckbauten ergänzt wird, deren flache Giebel den Hauptbau überragen. Die ursprünglich rund umlaufenden Außengalerien mit Geländern in Gusseisen, Gusseisenstützen und filigranen Bogenträgern unterstreichen den villenartigen Charakter des Gebäudes und sind markante Zeugnisse des rheinischen Eisenkunstgusses. Die im Jahr 1958 entfernte Terrasse zu den Bahngleisen, von der aus die Ankunft und Abfahrt der Reisenden beobachtet werden konnte, war nur vom Wartesaal der ersten und zweiten Klasse, dem heutigen Festsaal, aus zugänglich. Der Wartebereich der dritten und vierten Klasse lag im Erdgeschoss. Welches Geschoss für welche Klasse vorgesehen war, ist bis heute durch die deutlichen Unterschiede im Aufwand der Verarbeitung des Gusseisens erkennbar. So stehen die schlicht verzierten und kannelierten Gitterstäbe des Erdgeschosses im Gegensatz zu den filigran ausgeführten reliefartigen gusseisernen Ornamenten des Obergeschosses. Das Sockelgeschoss des alten Bahnofs wurde als Unterstellplatz für die Kutschen, als Lagerraum und als Küche genutzt. Im Dachgeschoss befand sich eine Wohnung mit vier Zimmern und der Speicher.
Bereits 1906/1907 wurden nach Plänen von Emil Hermann Hartwich erste Umbauten vorgenommen. Neben der Glasüberdachung des Altans wurde südlich des Empfangsgebäudes ein Ergänzungsbau in Jugendstilform angefügt. Bis heute beherbergt dieser Bauteil die damals neu angelegten Sanitäranlagen.
Der Bahnhof Rolandseck als Kulturelles Zentrum Rolandseck galt als Inbegriff rheinischer Romantik und war von Anfang an ein viel besuchtes Ausflugsziel. Der Bahnhof war mit einem prächtigen Festsaal ausgestattet, der schon Mitte des 19. Jahrhunderts Treffpunkt der prominenten Gesellschaft und Schauplatz kultureller Ereignisse war. Berühmte Persönlichkeiten wie Königin Victoria von England, Kaiser Wilhelm II., Reichskanzler Otto von Bismarck und Alexander von Humboldt waren hier zu Gast. Johannes Brahms, Franz Liszt und Clara Schumann gaben im Festsaal Konzerte. Bekannte Schriftsteller wie Heinrich Heine, die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm sowie Friedrich Nietzsche ließen sich am Bahnhof Rolandseck von der rheinischen Landschaft inspirieren. Der Bahnhof Rolandseck war somit ein Ort des kulturellen Austausches im Sinne der Romantik in Musik, Literatur und bildender Kunst. Auch Bonner Studenten feierten hier mit Blick auf den Rhein ihre Feste.
Der neue Künstlerbahnhof Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bahnhofsgebäude nicht mehr genutzt, verfiel zusehends und sollte abgerissen werden. Doch kurz vor dem geplanten Abriss entdeckte 1964 der Galerist und Kunstsammler Johannes Wasmuth (1936-1997) das klassizistische Bauwerk. Zusammen mit namhaften Künstlern und Politikern verhinderte er den Abriss durch die Bundesbahn und etablierte ein Kunst- und Künstlerzentrum: Er gründete die Gesellschaft arts and music, stellte Künstlern Ateliers zur Verfügung, ließ sie hier oft über mehrere Monate wohnen, schuf eine Stätte der Begegnung und verwandelte so den Bahnhofsbau in einen Künstlerbahnhof. Aufgrund wirtschaftlicher Probleme dieser Privatinitiative, rief das Land Rheinland-Pfalz 1973 die Stiftung Bahnhof Rolandseck ins Leben. Mit Hilfe der Stiftungsgelder konnte das Bahnhofsgebäude erworben und die Kosten für Unterhalt und Betrieb der Kultureinrichtung gesichert werden. Nach dem Tod von Johannes Wasmuth endete vorerst das kulturelle Leben im Bahnhof Rolandseck.
Umgestaltung zum Arp Museum Rolandseck Im Jahr 2001 wurde mit der Restaurierung und Renovierung des Bahnhofsgebäudes begonnen, um es den speziellen Bedürfnissen eines Kunstmuseums anzupassen und um gravierende Gebäudeschäden zu beheben. Die Arbeiten orientierten sich am historischen außen- wie innenarchitektonischen Zustand von 1907. Neben der Wiederherstellung der Veranda und des blassgrünen Fassadenanstrichs wurden auch die Stuckarbeiten im Festsaal wieder freigelegt. Die feierliche Wiedereröffnung fand im Oktober 2004 statt.
Seit 2007 ist das Empfangsgebäude Teil des Museumskomplexes Arp Museums Rolandseck. Im gleichen Jahr wurde das Gebäude inklusive Grundstück der Stiftung Arp Museum Bahnhof Rolandseck zur Nutzung überlassen. Es wird durch Zuschüsse der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur finanziert. Über den neu geschaffenen Eingang im Sockelgeschoss kann gleichzeitig der Museumsneubau des amerikanischen Star- Peter Richard Alan Meier (*1934) auf den darüber liegenden Rheinhöhen erreicht werden. Im historischen Bahnhofsgebäude, sowohl im Sockelgeschoss als auch im Erdgeschoss, befinden sich zusätzliche Ausstellungsräume des Kunstmuseums. Die Deckenmalereien im nördlichen Kopfraum im Erdgeschoss stammen noch aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der ehemalige Festsaal im Obergeschoss beheimatet heute ein Museumscafé und Bistro. Von der Außenterrasse bietet sich ein beeindruckender Blick auf den Rhein und das Siebengebirge mit dem Drachenfels. Eine Besonderheit des historischen Bahnhofsgebäudes ist die Gestaltung mehrerer Funktionsräume – wie die Sanitärräume, das Bistro oder die Bibliothek – durch zeitgenössische Künstler.
Denkmalzone Das Eisenbahnempfangsgebäude steht seit 1981 unter Denkmalschutz; seit 1995 ist der Bahnhof Rolandseck als Denkmalzone ausgewiesen (Denkmalverzeichnis Kreis Ahrweiler, S. 60). Das Bahnhofsgebäude gilt als großartiges Beispiel preußischer Baukultur aus der Gründerzeit der deutschen Eisenbahn und ist somit gleichzeitig ein bedeutendes Kulturdenkmal für die rheinische Kunstgeschichte.
(Anne Stollenwerk, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2014 / mit freundlicher Unterstützung der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat und Kulturpflege)
Internet de.wikipedia.org: Linke Rheinstrecke (abgerufen 13.11.2014) de.wikipedia.org: Bahnhof Rolandseck (abgerufen 13.11.2014) www.arpmuseum.org: Arp Museum, Bahnhof Rolandseck (abgerufen 13.11.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 26.09.2018) arpmuseum.org: Arp Museum (abgerufen 26.09.2018)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Ahrweiler. Denkmalverzeichnis Kreis Ahrweiler, 12. Juni 2023. Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Ahrweiler, abgerufen am 15.06.2023
Götz, Gisela (2011)
Perlen der Rheinromantik. Remagen.
Kemp, Klaus; Schmoeckel, Reinhard (1994)
150 Jahre Eisenbahn in Bonn. Bonn.
Krings, Ulrich (1985)
Hochbauten der Eisenbahn im Rheinland zwischen 1837 und 1914. In: Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter. Band 4: Zur Geschichte von Wissenschaft, Kunst und Bildung an Rhein und Ruhr, S. 256-270. Wuppertal.
Loosen, Judith (2007)
Bahnhof Rolandseck. Das Empfangsgebäude. Bonn.
Loosen-Graefe, Judith (2008)
Die Architektur des Eisenbahnempfangsgebäudes Rolandseck. In: Arp-Museum Bahnhof Rolandseck - ein Museum und seine Geschichte, S. 54-63. Remagen.
Mattern, Jutta (2008)
Ein Bahnhof macht Geschichte. In: Arp-Museum Bahnhof Rolandseck - ein Museum und seine Geschichte, S. 44-53. Remagen.
Tümmers, Horst-Johannes (1994)
Der Bahnhof Rolandseck und sein Architekt. In: Sonderdruck aus Festschrift für Brigitte Klesse, S. 329-341. Berlin.
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