Hintergrund Der ehemalige Sportplatz ist ein gutes Beispiel für die kontinuierlich ablaufenden Verdrängungsprozesse aufgrund des steigenden Besiedlungs- und Verkehrsdrucks im Rheintal, hier speziell bei Königswinter. Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts sind selbst in der Ebene des Rheintals große Flächen mit Wein bestockt. Aufgrund eines zunehmenden Obst- und Gemüseanbaus im Laufe des 19. Jahrhunderts konzentriert sich der Weinbau dann vor allem auf die Hanglagen. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts geraten wegen stetig anwachsender Bevölkerungszahlen und dem damit einhergehenden Flächenbedarf für Wohnungsbau auch die Gartenflächen unter Druck. Die zahlreichen Kleingärten verlagern sich aus dem Ort an den Fuß der Hangflächen.
So auch am Kissel. Als für die Königswinterer Sportler im Ort nicht mehr genug Platz ist, muss ein Teil der Gärten am Kissel wiederum dem neuen Königswinterer Sportplatz weichen. Dieser fällt rund 30 Jahre später der Umgehungsstraße B 42 zum Opfer. Die Restflächen dienen heute der Freizeitnutzung. (vgl. Ortsrandlage Kissel „Vom Weingut zur Freizeitanlage“)
Geschichte Ende der 1920er Jahre beklagen die Königswinterer Sportvereine, dass im Ort nicht genügend brauchbarer Platz zur Verfügung steht. Bislang nutzte man den innerstädtischen Schulplatz am Palastweiher. Um einen größeren Platz pachten zu können, erhält der „Turnverein 1885“ Zuschüsse der Stadt für ein geeignetes Stück Land. Findig wird man am Fuße der ehemaligen Weinberge „Am Kissel“. Der Unternehmer Ferdinand Muelhens (4711) und Wilhelm Bachem sind bereit, die dortigen Flächen, die zu der Zeit als Gärten genutzt werden, zu verpachten.
Mithilfe einer Feldbahn planieren die Vereinsmitglieder des „Turnvereins 1888“ in 125 Tagen den 9.000 m² großen Platz, der zukünftig bis zu 1.000 Besucher fassen kann. Im Oktober 1931 wird die Einweihung des sogenannten Ludwig-Buttlar-Platzes gefeiert. Ludwig Buttlar war Vereinsführer des Sportvereins. 1933 wird er die Königswinterer NSDAP gründen, ist dann kurzzeitig Bürgermeister und geht von 1934 bis 1936 als Landrat nach Siegburg. (vgl. Das Siebengebirge in der NS-Zeit)
Das direkt südlich an den Platz angrenzende Ausflugslokal „Eichendorffmühle“ von Franz Trimborn profitiert erheblich von den zahlreichen Zuschauenden, die zu den Spieltagen kommen. Doch ganz im Zeichen der Zeit dient der Platz nicht nur sportlichen Zwecken, auch die SA nutzt den Platz regelmäßig für Aufmärsche und Übungen - wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem ebenfalls von der SA mitgenutzten Schießplatz der etwas oberhalb am „Am Dömchen“ liegt.
1942 übernimmt die Stadt Königswinter den Platz, da der Verein den Unterhalt nicht dauerhaft sichern kann. Schließlich nutzen auch die örtlichen Schulsportvereine den Sportplatz. Mülhens verzichtet daraufhin auf seine Pachteinnahmen. Ab 1948 geht der Platz wieder zurück in die Hände des Sportvereins.
Im Zuge der Planungen für die B 42, welche Königswinter vom zunehmenden Durchgangsverkehr entlasten soll, wird schnell klar, dass der Sportplatz von der neuen Straßenführung betroffen sein wird. Daraufhin beginnen ab 1956 Überlegungen für einen neuen Sportplatz weiter nördlich, an der Grenze zu Niederdollendorf. Die exakte Streckenführung der B 42 ist lange unklar, es fehlt die benötigte Planungssicherheit, sodass der neue Sportplatz erst 1969 eingeweiht werden kann. Bis dahin nutzt man den alten Platz „Am Kissel“.
Zustand Durch den Bau der B 42 um 1970 wird der Platz der Länge nach durchschnitten und damit als Sportplatz unbrauchbar. Die hangseitig gelegene Restfläche dient heute dem „Hundesportverein Siebengebirge e.V.“ als Trainingsgelände. Die nördlich an den Platz anschließenden Weinberge des ehemaligen Guts Wintermühlenhof werden von einer Kleingartenanlage genutzt. Auf der Grundstücksgrenze zum Hundeplatz sind noch niedrige Reste der Umfassungsmauer vorhanden.
Datierung 1931-1969
Zugang Vereinsgelände, von außen einsehbar
Hinweis Das Objekt „Sportplatz am Kissel in Königswinter“ ist Element des historischen Kulturlandschaftsbereiches Siebengebirge (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 446).
(Jörn Kling, 2024)
Quellen Ortschronik Königswinter, Typoskript, Heimatverein für das Siebengebirge (1981), Eintrag 1928, S. 3.; Notiz 14.11.1930. Stadtarchiv Königswinter: Pachtvertrag mit Mülhens, 29.6.1930, KW-586; Turnverein an Bürgermeister, 25.2.1940; KW-790; Turnverein an Bürgermeister, 6.7.1947, KW-1657.
Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge. Historische Nutzungen und ihre Auswirkungen auf die Landschaft. (Kulturlandschaftspflege im Rheinland, Band 2.) S. 320, Köln.
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