Eisenbahnstrecke von Horrem nach Liblar (ab 1926)

Ruhr-Mosel Entlastungsstrecke

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Erftstadt, Kerpen (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 53′ 28,7″ N: 6° 43′ 7,18″ O 50,89131°N: 6,71866°O
Koordinate UTM 32.339.554,23 m: 5.640.216,94 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.550.609,47 m: 5.639.800,84 m
  • Bahnstrecke Horrem-Liblar. Ausschnitt aus: Uebersichtskarte des Eisenbahn-Direktions-Bezirks Cöln, Stand 1. Juni 1917 (Nachdruck. Hrsg.: Karten- und Luftbildstelle der DB, Mainz)

    Bahnstrecke Horrem-Liblar. Ausschnitt aus: Uebersichtskarte des Eisenbahn-Direktions-Bezirks Cöln, Stand 1. Juni 1917 (Nachdruck. Hrsg.: Karten- und Luftbildstelle der DB, Mainz)

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  • Alt-Mödrath (1958)

    Alt-Mödrath (1958)

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  • Neue Eisenbahnbrücke nach Türnich (1960)

    Neue Eisenbahnbrücke nach Türnich (1960)

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Die Eisenbahnstrecke von Horrem nach Liblar verband zwei überregional bedeutende Bahnstrecken und erschloss die Industrielandschaft in der westlichen Ville und im Erfttal. Sie wurde 1896 und 1899 in mehreren Abschnitten eröffnet. Nach mehrfachen Verlegungen wegen des fortschreitenden Braunkohlentagebaus legte man die Strecke bis 1972 still.

Die Entwicklung bis in die 1920er Jahre
Die Gesamtstrecke zwischen Horrem und Liblar (heute Erftstadt) wurde von zwei Bahngesellschaften eröffnet. Den nördlichen Teil zwischen Horrem und Mödrath nahm am 5. November 1896 die Bergheimer Kreisbahn in Betrieb, zunächst nur für den Güterverkehr; Personenverkehr ab dem 20. Februar 1897. Die Mödrath-Liblar-Brühler Eisenbahn nahm den südlichen Abschnitt zwischen Mödrath und Liblar am 1. März 1899 in Betrieb.
Beide Bahngesellschaften waren vom Kreis Bergheim beauftragt worden, den südlichen Teil des Kreisgebietes zu erschließen. Südlich der 1846 eröffneten Bahnstrecke von Köln nach Aachen entwickelten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutende Braunkohlentagebaue und Brikettfabriken, die jedoch nicht an das Bahnnetz angeschlossen waren.

Dabei erschloss die Bergheimer Kreisbahn vor allem den nördlichen Teil des Kreisgebietes, im Süden bildete Mödrath den Endpunkt. Von hier aus gab es Verbindungen nach Blatzheim (später Nörvenich), Benzelrath und Bergheim. In Benzelrath sollte ein Anschluss an die Cöln-Frechener Eisenbahn erreicht werden. Die Verbindung zum Netz der Dürener Kreisbahn suchte man über die Strecke nach Blatzheim; die Verknüpfung in Nörvenich wurde jedoch erst 1924 geschaffen. Den Bau und Betrieb auf der Strecke von Mödrath nach Horrem und weiter nach Bergheim führte die Firma Lenz & Co., Berlin aus; seit 1895 die Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (WEG).
Ebenfalls durch den Kreis Bergheim beauftragt wurde der Bau und Betrieb der Strecke von Mödrath nach Liblar. Da jedoch diese Strecke weiter bis Brühl geführt werden sollte, um den Anschluss an die Cöln-Bonner Eisenbahn und an den Hafen von Wesseling/Godorf zu erreichen, übergab der Kreis der Firma Lenz & Co. die Betriebsführung. Die Mödrath-Liblar-Brühler Eisenbahn baute und betrieb die Strecke seit 1899.
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Die Strecken waren in der Spurbreite von einem Meter gebaut worden, um die Anschlüsse an die anderen Kreisbahnen herstellen zu können. Da die Verladung in die normalspurigen Staatsbahnwagen jedoch umständlich und teuer war, erweiterte man bis 1904 die Gleise um die normale Spurbreite von 1.435 Millimeter. Nun fuhren die Güterzüge auf den Normalspurgleisen, die Personenzüge auf den Schmalspurgleisen.

1907 begannen offiziell die Planungen für eine neue Bahnstrecke, die das Ruhrgebiet mit dem Industriegebiet in Elsass-Lothringen und Luxemburg verbinden sollte. Ziel war die Umgehung der überlasteten Knoten in Duisburg, Düsseldorf und Köln. In diesem Zusammenhang sollten auch die vorhandenen Strecken der Bergheimer Kreisbahn und der Mödrath-Liblar-Brühler Eisenbahn genutzt werden. Der preußische Staat nahm sein Vorkaufsrecht wahr und erwarb die beiden Gesellschaften mitsamt Strecken, Fahrzeugen und Personal zum 1. Januar 1913.
Bei den Vorplanungen des Ersten Weltkrieges kam es zur strategischen Entscheidung, den Angriff auf Frankreich von der Nordseite her über das neutrale Belgien zu führen. Dazu mussten die Truppen und Materialien mit der Eisenbahn aus dem Reich an die Westfront gebracht werden. Es kam zu einem Ausbau von Eisenbahnlinien im Rheinland mit dem Ziel, die schweren Militärzüge bis an die Front bzw. die Aufstellungsräume fahren zu lassen. Die Ruhr-Mosel Entlastungsstrecke wurde in diese Überlegungen miteinbezogen. Es kam daher zu umfangreichen Planänderungen. Die Strecke musste mit flacheren Steigungen und größeren Kurvenradien ausgeführt werden. Die Bahnstrecke wurde nun auch als Strategische Bahn bezeichnet.
Zu diesem Zeitpunkt fuhren die Güterzüge noch auf den Strecken der ehemaligen Bahnen, also teilweise mitten durch die Orte, wie z.B. in Horrem und Mödrath. Es war daher erforderlich, die neue Bahnstrecke auf neue Trassen zu verlegen. Diese Arbeiten wurden zwar noch vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 begonnen, mussten aber infolge der Kriegsereignisse eingestellt werden.
Nach dem Ende des Krieges 1918 und den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrags von 1919 durfte die Ruhr-Mosel Entlastungsstrecke aus wirtschaftlichen Gründen weiter gebaut werden. Zwischen 1919 und 1926 wurden daher die Strecken zwischen Rommerskirchen und Horrem in großen Teilen neu errichtet. In ihren Dimensionen war sie weiterhin als Militärbahn ausgelegt, was aber auch für die schweren Kohlenzügen von Vorteil war.
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Die Bahnstrecke zwischen den 1920er und 1940er Jahren
Nach der Übernahme des Betriebes durch die Preußische Staatsbahn 1913 fuhren durchgehende Züge zwischen Horrem und Liblar über Mödrath. Gefahren wurde über die alten Strecken, die durch die Orte führte. Hier fuhren auch die Militärzüge, die Material und Truppen im August und September 1914 zu den Kriegsschauplätzen in Belgien und Frankreich transportierten.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und unter den Vorgaben des Versailler Friedensvertrages wurde die Ruhr-Mosel-Entlastungsbahn weitergebaut. Dies erfolgte bis 1926 nördlich von Horrem auf der Strecke nach Rommerskirchen. Zwischen Horrem und Liblar liefen die Züge weiterhin auf der alten Trasse durch die Ortschaften.
Bei den weiteren Ausbauarbeiten wurde in Horrem eine großzügig ausgelegte Verbindung zur Strecke nach Rommerskirchen/Bergheim errichtet, die auf einen hohen Damm westlich der Stadt geführt wurde. An diesen schloss sich die neue Trasse Richtung Liblar an, die großzügig auf einem Damm an der Erftniederung verlegt worden war. In Mödrath musste ein neuer, zweiter Bahnhof angelegt werden, der westlich des alten Bahnhofes lag. Auch die weitere Trasse zwischen Mödrath und Liblar wurde großzügig ausgebaut, ebenso der Bahnhof in Liblar. Diese neue Strecke wurde 1940 durch die Deutsche Reichsbahn in Betrieb genommen.

Die Zeit nach 1945
Auf der Strecke, die im Personenverkehr keine größere Bedeutung besaß, setzte die Deutsche Bundesbahn ab den 1950er Jahren vorwiegend Schienenbusse der Bauart VT 98 (Baureihe 798) ein. Im Güterverkehr diente sie als Abfuhrbahn für die Braunkohlentransporte. Zudem besaß sie eine geringe Bedeutung als Umgehungsbahn zwischen den Strecken aus Aachen bzw. der Eifel nach Köln.

1949 wurde mit dem Tagebau Frechen der erste Großtagebau im rheinischen Braunkohlenrevier aufgeschlossen. Dieser erforderte die Verlegung des Abschnittes zwischen Mödrath und Türnich-Balkhausen weiter nach Westen, die zum 16. Dezember 1956 fertiggestellt wurde. In Mödrath wurde der dritte Bahnhof angelegt, die Zufahrt nach Nörvenich wurde ebenfalls angepasst.

Wegen des sich ausbreitenden Tagebaus legte man am 28. Mai 1961 den Personenverkehr auf dem südlichen Abschnitt zwischen Mödrath und Liblar still. Güterverkehr zwischen Liblar und Türnich-Balkhausen gab es noch bis 1. Juni 1965. Nördlich von Mödrath fuhren Personenzüge bis zum 28. Mai 1972, Güterzüge bis zum 1. Oktober 1978. Große Teile der Strecke sind abgebaut, Reste sind noch im Bereich der Erftaue und in Liblar erhalten.
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Betriebsstellen
Die Strecke weist eine Länge von rund 16 Kilometern auf. Die Streckenkilometrierung beginnt in Liblar.
(Bf = Bahnhof, Hp = Haltepunkt, Abzw = Abzweig; jeweils aktuelle bzw. letzte Bezeichnung)
Bahnkilometer
Name
15,6
Bf Horrem (seit 1841; Verbindungen nach Bergheim / Rommerskirchen, Köln und Aachen)
12,9
Bf Mödrath (seit 1896; verlegt 1940, 1956; Verbindungen nach Nörvenich, Benzelrath)
8,6
Bf Türnich-Balkhausen
6,7
Bf Brüggen (Erft)
5,1
Bf Zieselsmaar (Personenverkehr 1899-1920)
3,6
Hp Köttingen
1,8
Bf Liblar Dorf
Abzw nach Brühl-Vochem
0,0
Bf Erftstadt (seit 1875; bis 1990: Liblar; Verbindungen nach Köln und Euskirchen, zur Euskirchener Eisenbahn sowie zur Ruhr-Mosel-Entlastungsstrecke)


(Claus Weber, Redaktion KuLaDig, 2025)

Hinweise
Der Text wurde im Rahmen des Projektes „Eisenbahnen im Rheinischen Braunkohlenrevier“ 2024 erstellt.
Die Streckengeometrie wurde teilweise von historischen Karten übernommen, daher kann es im Detail zu Abweichungen kommen.

Internet
nrwbahnarchiv.bplaced.net: NRW Bahnarchiv von André Joost, Strecke 2601 Mödrath - Rommerskirchen (abgerufen 28.01.2025)
nrwbahnarchiv.bplaced.net: NRW Bahnarchiv von André Joost, Strecke 2606 Erftstadt - Mödrath (abgerufen 28.01.2025)
de.wikipedia.org: Erftbahn (abgerufen 28.01.2025)
de.wikipedia.org: Bahnstrecke Mödrath – Liblar (abgerufen 28.01.2025)
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Literatur

Weingarten, Helmut (1987)
Die Eisenbahn zwischen Rhein und Erft - ein Lesebuch für Eisenbahnfreunde. (Beiträge zur Geschichte des Erftkreises 5.) Köln.

Eisenbahnstrecke von Horrem nach Liblar (ab 1926)

Schlagwörter
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1926, Ende 1972

Empfohlene Zitierweise

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Claus Weber: „Eisenbahnstrecke von Horrem nach Liblar (ab 1926)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-355932 (Abgerufen: 30. April 2025)
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