Kulturhistorisches
Bis zur Anlage des Zentralfriedhofs dahin gab es im Großraum Godesberg den Burgfriedhof, den Friedhof Plittersdorf und Sankt Andreas in Rüngsdorf. Auch der Nachfolger, der Friedhof Rüngsdorf, reichte schon bald nicht mehr aus und war zu weit entfernt, so dass Mitte der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts der Zentralfriedhof gebaut wurde.
Für die Friedhofshalle, die Kapelle und das Pförtnerhaus hatte Godesberg einen Wettbewerb ausgeschrieben. Die Jury entschied sich für die Entwürfe des Godesberger Architekten Willy Mahs (1880 bis 1947). 1929 wurden die Gebäude auf dem Friedhof errichtet. Sie gehören zum Spätwerk des Baukünstlers und sind der „Neuen Sachlichkeit“ zuzurechnen. Mahs hatte zahlreiche Wohnhäuser im Godesberger Villenviertel und in der Bonner Südstadt entworfen. Die schmiedeeisernen Fenster und Türen wurden nach 1933 wahrscheinlich nach den Entwürfen von Robert Wahle, dem Mitarbeiter von Willy Mahs, hergestellt.
In den 1960er und 1970er Jahren waren Erweiterungen des Friedhofes notwendig. An anderer Stelle präsentiert sich der 2011 eröffnete Memoriam-Garten mit Beeten und Wegen in organischen Formen. Die Beisetzungen erfolgen in verschiedenen Gemeinschaftsanlagen, die durch die Friedhofsgärtner-Genossenschaft gepflegt werden. Außerdem gibt es neben pflegefreien Urnen-Reihengräbern ein anonymes Grabfeld und ein Aschefeld. So entstand eine große Vielfalt an Bestattungsformen, die den Zentralfriedhof zu einem interessanten Areal der Friedhofskultur machen. Hier sind Bestattungsformen zu sehen, die es auf den anderen Bonner Friedhöfen nicht gibt, zum Beispiel Kolumbarien, oberirdische Mausoleen mit Nischen, in denen bis zu vier Urnen beigesetzt werden können und die mit einer Steinplatte verschlossen werden. In der Nähe liegt der Soldatenfriedhof mit Gräbern von Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.
Naturkundliches
Der Zentralfriedhof gehört mit ca. 11 ha zu den größten Friedhöfen Bonns. Er liegt mitten im städtischen Bereich ohne Anschluss an größere natürliche oder halbnatürliche Freiflächen oder Wald. Der zentrale Teil des Friedhofs ist baumarm. Hier gliedern Formschnitthecken (Eibe, Hainbuche u.a.) die Gräberparzellen. Mittig durch den Friedhof verläuft eine Allee aus Lebensbäumen (Thuja), weitere Alleenartige Baumbestände gibt es in Form von Ziergehölzen (Zierkirschen). Kleinere Gehölzgruppen finden sich zerstreut auf der gesamten Fläche, konzentriert in den Randbereichen vor allem im Norden. Höhere Bäume sind in erster Linie Pappeln, Kiefern, Zedern, Lebensbäume sowie Ahornarten.
Bei der floristischen Erfassung wurden 68 Wildblumen ermittelt. Es dominieren Arten, die mit nährstoffärmeren Bedingungen auf den eher sandigen Böden gut zurechtkommen: Frühlings-Hungerblümchen (Draba verna), Mauer-Pfeffer (Sedum acre), Niederliegendes Mastkraut (Sagina procumbens), Mausohr-Habichtskraut (Hieracium pilosella), Reiherschnabel (Erodium cicutarium), Mittlerer Wegerich, Ackerröte (Sherardia arvensis), Rasen-Vergissmeinnicht (Myosotis laxa) sowie Gemeine Braunelle (Prunella vulgaris). Eine Besonderheit stellt der seltene Doldige Milchstern dar (Ornithogalum umbellatum). Im Rahmen des Friedhofsprojekt „Lebensstätte Friedhof“ wurden auf fünf Flächen insgesamt ca. 1,1 ha blütenreiche Wiese entwickelt und damit das Artenspektrum um typische Wiesenarten wie Margerite, Malven und Witwenblumen erweitert.
Es kommen 26 Vogelarten vor, die zumindest anteilig auf dem Friedhof brüteten bzw. ihn als erweitertes Brutrevier nutzten. Randeffekte, d.h. Arten, die außerhalb brüteten und den Friedhof nur als Nahrungshabitat nutzten, gab es kaum. Mit 136 Brutrevieren gehörte der Zentralfriedhof zu den Friedhöfen mit den höchsten Revierdichten im Untersuchungszeitraum zwischen 2020 und 2022. Bemerkenswerte Brutvogelarten fanden sich allerdings kaum. Typische Stadtarten wie Amsel, Ringeltaube, Zaunkönig und Rotkehlchen sind stark vertreten. Auch der Halsbandsittich lässt sich am Brutplatz gut beobachten.
(Monika Hachtel und Peter Tröltzsch, Biologische Station Bonn / Rhein-Erft; Claudia Feldhaus, Bundesstadt Bonn, 2023)
Internet
www.bonn.de: Zentralfriedhof (abgerufen 25.11.2024)