Kulturhistorisches
Seit 1879 begannen im Gemeinderat die Gespräche darüber, einen neuen Friedhof zu errichten. Der alte Kirchhof um Sankt Andreas mitten im Dorf war Ende des 19. Jahrhunderts für Begräbnisse zu klein geworden. Auf Betreiben des damaligen Bürgermeisters Anton Dengler sollte eine neue Fläche außerhalb des Dorfes zur Verfügung gestellt werden. Die Bevölkerung sträubte sich zunächst gegen diese „Ausquartierung“, da ein Kirchhof als geweihte Erde galt, in der die Verstorbenen im Schutz der Kirche und der Friedhofsmauer beigesetzt wurden. Der Gemeinderat erwarb erst 1883 ein 2100 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem sich bis dahin Obstgärten befanden. Für den neuen Friedhof legte der Landschaftsgärtner Heinrich Vincentz aus Plittersdorf einen Plan vor, der daraufhin umgesetzt wurde.
1889 feierte man die Eröffnung des Friedhofes an der Konstantinstraße/Kapellenweg außerhalb des Ortes. Der alte Friedhof wurde 1890 geschlossen. Auf dem neuen und nach einer Erweiterung über einen Hektar großen Zivilfriedhof wurden Angehörige aller Konfessionen, außer der jüdischen Gemeinde, beigesetzt. Diese erhielt einen eigenen Begräbnisplatz auf dem Godesberger Burgfriedhof. 1889 wurde ein Leichenwagen angeschafft, bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Toten getragen.
Die katholischen Bewohnenden errichteten 1890 ein neogotisches Kirchhofskreuz. Dort fanden zunächst die Aufbahrungen statt. Seit Mitte der 1950er Jahre gibt es für diesen Zweck die Friedhofskapelle. In der gleichen Zeit erfolgte eine Erweiterung des Friedhofes.
Naturkundliches
Es gibt an den Friedhof angrenzend zahlreiche, größere Gärten. Grünland und/ oder Wald grenzt nicht an. Im östlichen Teil finden sich ältere, großstämmige Laubbäume, vor allem Linden in geschlossener, parkähnlicher Formation. Im westlichen Teil wachsen gruppenweise einige hohe Nadelbäume (Kiefern, Lärchen u.a.). Der zentrale Teil ist weitgehend frei von höheren Bäumen im geschlossenen Verbund. Die Gräberparzellen sind mit Formschnitthecken voneinander abgetrennt. Kleinere Wildecken gibt es im Süden des Friedhofs an den angrenzenden Privatgärten. An der östlichen Mauer des Friedhofs wächst eine höhere, einfache Hainbuchenhecke.
Mit 87 gefundenen Blühpflanzen war er bei der floristischen Untersuchung im Rahmen des LVR-Projekts „Lebensstätte Friedhof“ der zweitartenreichste Friedhof. Er ist mit den vielen Frühjahrsblüher im zeitigen Frühjahr sehr farbenfroh. Verschiedene Veilchen-Arten kommen hier vor. Das Blau des Mitschenko-Blausterns (Scilla mischtschenkoana), das Gelb der Narzisse (Narcissus Pseudonarcissus) und des Winterlings (Eranthis hyemalis) sowie die weiß oder violetten Frühlings-Krokusse (Crocus vernus) lassen den Friedhof im Februar/ März erleuchten. Daneben finden sich in den schattigeren Ecken des Friedhofs einige Wildpflanzen, die nicht überall Stadtgebiet zu finden sind wie das Große Hexenkraut (Circae lutetiana), die Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine bulbifera), der Bärlauch (Alium ursium) das Lungenkraut (Pulmonaria officinalis). Auch einige Farne kann man auf dem Friedhof entdecken. Besonderheit ist ein großes Exemplar des Hirschzungen-Farns (Asplenium scolopendrium). Auch kommt die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine) vor, eine Orchidee, die in schattiger Lage gut gedeiht. An den trockeneren weniger nährstoffreicheren Standorten auf dem Friedhof lassen sich einige wärmeliebende Arten bestaunen. Unter anderem kommen Mittlere Wegerich (Plantago media), Scharfer (Sedum acre) und Milder Mauerpfeffer (Sedum sexangulare) oder die Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre) vor.
Der Friedhof Rüngsdorf wurde im Rahmen des LVR-Projekts „Lebensstätte Friedhof“ im Jahr 2020 auf seine Vogelwelt untersucht. Der Friedhof ist mit 22 Vogelarten im Vergleich eher artenarm, jedoch ist die Revierdichte mit 26 Brutrevieren pro Hektar außerordentlich hoch. Insbesondere die typischen Gebüsch- und Baumbrüter der Stadt Amsel, Heckenbraunelle, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen und Zaunkönig sind hier in hoher Dichte vertreten. Besonderheit ist zweifelsohne der im Stadtgebiet in den letzten Jahren sehr selten gewordene Grünfink. Besonders im Frühjahr kann man als Besucher*in auf dem Friedhof in Rüngsdorf sehr vielstimmige Vogelkonzerte genießen.
(Monika Hachtel und Peter Tröltzsch, Biologische Station Bonn / Rhein-Erft; Claudia Feldhaus, Bundesstadt Bonn, 2023)
Internet
www.bonn.de: Friedhof Rüngsdorf (abgerufen 25.11.2024)