An der Körnerstraße 107-111 im Kölner Stadtteil Ehrenfeld befindet sich ein ehemaliger Luftschutzbunker, der heute als Ausstellungsraum und Kunststättte genutzt wird. Mit Platz für 1500 Schutzsuchende war dies der größte Luftschutzbunker des Stadtteils.
Geschichte Die Geschichte des früheren Hochbunkers ist eng mit der ehemaligen Synagoge an der Körnerstraße verzahnt, deren Fundamente sich direkt neben dem Bunker befinden. Am 17. August 1926 erwarb die Kölner Synagogengemeine einen Teil des Gebäudes an der Körnerstraße 107 um eine Synagoge zu errichten, die bereits am 18. September 1927 eingeweiht werden konnte. In den Novemberprogromen 1938 wurde das gerade elf Jahre alte Gebäude bis auf die Grundmauern zerstört. Wie an vielen anderen Orten in Deutschland wurde das Gelände der Synagoge gezielt entwertet, in dem direkt neben den Überrresten ein Luftschutzbunker errichtet wurde. Die Entscheidung zum Bau ergab sich nicht nur aus der zur Verfügung stehenden Fläche, sondern kann deutlich als politische Handlung gewertet werden. Nach Kriegsende kamen im Bunker zunächst entlassene Kriegsgefangene unter, ebenso wie obdachlos gewordene Familien, Geflüchtete oder Kriegsversehrte. Die Lebensbedingungen im Bunker waren extrem beengt und unhygienisch, die Versorgung mit Lebensmitteln auch für Nachkriegsverhältnisse unzureichend. Bis Mitte der 1950er-Jahre diente der Bunker als Wohnraum im allerweitesten Sinne, bevor er zum Lagerraum umfunktioniert wurde. Der Bunker wurde 1962 instandgesetzt und 1983 erneut für einen möglichen Einsatz im Zivilschutz bereitgehalten. Seit 1964 erinnert eine Tafel an der Straßenseite des Bunkers an den ehemaligen Synagogenstandort; die Fehlannahme, der Bunker sei genau über der ehemaligen Synagoge errichtet worden, wurde so verfestigt. Mitte der 1990er-Jahre lösten Bauvorhaben eine erneute Prüfung der historischen Grundstücksdaten aus und bestätigten die Lage des Bunkers neben dem jüdischen Gotteshaus. Auch die Fundamente der Synagoge konnten rekonstruiert werden; so wurden unter anderem Rest einer Mikwe, eines rituellen Reinigungsbads, freigelegt.
Bauweise „Bei dem Hochbunker handelt sich um ein dreigeschossiges, freistehendes Gebäude aus unverkleidetem Stahlbeton, das über erweitertem rechteckigem Grundriss mit einem pfannengedeckten Walmdach abschließt. Die Nutzfläche des Hochbunkers beträgt 1700 m². Die Anzahl der Schutzplätze wurde zuletzt mit 1502 angegeben. Zu dem Hochbunker gehört noch ein unbebauter rückwärtiger Grundstücksteil, der bis heute an einen Karnevalsverein verpachtet ist.“ (www.bunkerk101.de, Bunker K101). Die Kölner Feuerwehr gab zuletzt 2018 an, dass in Ehrenfeld insgesamt sieben Luftschutzbauten existieren, von denen der Bunker an der Körnerstraße den mit Abstand größten Raum bietet.
Kulturbunker K101 Ebenfalls seit den 1980er-Jahren dient der Bunker als Kultur- und Erinnerungsstätte. Unter anderem zum Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen wurde im Bunker die Ausstellung „5:45 - Gestaltwechsel“ eröffnet. Die „Initiative Gestaltwechsel“ beteiligte sich ebenfalls an der Ausstellung „TATA West - Kunst an Gürtellinie“ 1991, in der die Werke ausgestellt wurden, die in den illegalen Zeichenklassen der Bauhausschülerin Friedl Dicker-Brandeis im Konzentrationslager Theresienstadt entstanden waren. Dicker-Brandeis wurde selbst im Oktober 1944 in Auschwitz ermordet. Die künstlerische Nutzung des Bunkers stand wiederholt vor dem Aus. Neben den phasenweise unzureichenden Eigenschaften des Gebäudes hinsichtlich Brandschutz und Fluchtwegen wurde der Raum immer wieder für andere Zwecke zurückgefordert. In Reaktion darauf gründete sich 2012 der Verein „Förderkreis Hochbunker Körnerstraße 101 e.V.“ zum Erwerb und Erhalt des Bunkers; der Verein konnte die Räume anmieten und 2013 wieder öffentlich zugänglich machen.
Ehrenfeld im Krieg Der industriell geprägte Stadtteil Ehrenfeld wurde insgesamt 55 Mal in Luftangriffen attackiert und zu weiten Teilen zerstört. Mindestens 30.00 Menschen wurden bis 1944 nach Köln in Zwangsarbeit verschleppt; vielen von ihnen lebten in Ehrenfeld, Kalk und Mülheim. Ein normaler Alltag war seit spätestens 1942 durch die Fliegerangriffe und Zerstörungen nicht mehr möglich. Der Bunker war auch ein Treffpunkt von sogenannten „Edelweißpiraten“. Das NS-Regime bezeichnete unangepasste Jugendliche als Edelweißpiraten, die den Namen aber auch selber verwendeten. Kurz vor Ende des Krieges waren einige wenige, noch in der Stadt verbliebene Jugendliche aus den Reihen der Edelweißpiraten, zusammen mit geflüchteten KZ-Häftlingen und Desertierten in Kämpfe mit der Gestapo verwickelt. Am Bahnhof Ehrenfeld, nicht weit vom Bunker entfernt, erinnern eine Gedenktafel und verschiedene Wandgemälde an die Edelweißpiraten, da dort KZ-Häftlinge und unter anderem der Edelweißpirat Bartholomäus „Barthel“ Schink (1927-1944) von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) ohne Gerichtsverfahren öffentlich hingerichtet worden sind. In den Ruinen des Viertels fanden auch zunehmend geflüchtete Zwangsarbeitende oder desertierte Soldaten Unterschlupf. Der Unmut der Bevölkerung äußerte sich in wachsendem Widerstand.
Der Bunker in seiner Bedeutung selbst sowie als Symbol für Geschichte seiner Umgebung spielt eine große Rolle im kollektive Gedächtnis des Stadtteils: „So versammelt sich seit vielen Jahren am 10. November, in Erinnerung an die Reichsprogromnacht und die Ermordung der Edelweißpiraten eine große Gruppe von Menschen am Bunker und bricht nach verschiedenen Wortbeiträgen zu einem Schweigemarsch auf.“ (www.bunkerk101.de, Konzeptpapier) Das im Zuge der Industrialisierung schnell und dicht besiedelte Viertel bot im 19. Jahrhundert Arbeiter*innen und ihren Familien günstigen Wohnraum und wurde im Zweiten Weltkrieg als industriell relevanter Standpunkt gezielt von den alliierten angegriffen. In Folge der Anwerbeankommen der 1960er- und 1970er-Jahre hat Ehrenfeld bis heute den größten Anteil an Bewohner*innen mit Migrationsgeschichte - eine deutliche Parallele zu den historischen Bewohner*innen des Arbeiterviertels Ehrenfeld und ihren Geschichten des Aufbruchs und der Chancensuche.
Baudenkmal Am 25. April 1995 wurde der Hochbunker unter der laufenden Nummer 7443 in der Denkmalliste der Stadt Köln eingetragen.
(Janina Schwiderski, LVR-Redaktion KuLaDig, 2021)
Internet www.bunkerk101.de: Homepage Bunker K101 (abgerufen 17.03.2022) www.bunkerk101.de: Geschichte des Bunkers (abgerufen 17.03.2022) www.bunkerk101.de: History of The High-Rise Bunker in Körner Straße and the Ehrenfeld Synagogue (abgerufen 17.03.2022) www.bunkerk101.de: Vom Krieg zur Kunst (PDF-Datei, 3.319 kB, abgerufen 07.12.2021) www.bunkerk101.de: Konzept der Arbeit im Hochbunker Körnerstraße 101 (PDF-Datei, 641 kB, abgerufen 07.12.2021) www.ksta.de: Überblick gefordert - Wie viele alte Luftschutzbunker gibt es in Köln-Ehrenfeld? (Text Heribert Rösgen, Kölner Stadt-Anzeiger vom 05.06.2018,abgerufen 12.01.2022) www.stadt-koeln.de: Denkmalliste der Stadt Köln (abgerufen 07.12.2021, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024) www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024) www.wikipedia.de: Hochbunker Körnerstraße Köln (abgerufen 07.12.2021)
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