Anstelle mehrerer am Ende des Ersten Weltkrieges durch einen frühen Luftangriff zerstörter Häuser entstand der Baukomplex für den Stammsitz der Zigarettenfabrik Haus Neuerburg. Die Firma geht zurück auf eine kleine Fabrik, die Johann Neuerburg 1866 in Wittlich/Eifel gegründet hatte, um den Tabak der örtlichen Händler zu verarbeiten. Mit dem boomenden Zigarettenkonsum nach dem Ersten Weltkrieg expandierte das Familienunternehmen und zählte Ende der Zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts sogar zu den größten deutschen Industriekonzernen. In dieser Phase verlegte die Firma ihren Geschäftssitz von Trier nach Köln und dokumentierte den Umzug durch die Einführung der heute wieder erhältlichen Marke „Overstolz“, deren Name an eine bedeutende Patrizierfamilie im mittelalterlichen Köln erinnert. Die Stadt entwickelte sich dadurch – hinter den Zentren Dresden, Berlin und Hamburg – zu einem wichtigen Standort der Zigarettenindustrie.
1935 wurde Haus Neuerburg von seinem größten Rivalen, der Firma Reemtsma aus Hamburg, übernommen, seine Marken bestanden aber weiter. Bei der Entflechtung der Tabakindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg gewann das Unternehmen seine Selbständigkeit zurück, konnte gegen die nun massiv auf den deutschen Markt drängende amerikanische Konkurrenz aber nicht bestehen und wurde Anfang der sechziger Jahre vom Reynolds Tobacco-Konzern aufgekauft.
Das in Sichtbackstein mit Werksteingliederung und reicher Bauskulptur (Wolfgang Wallner) in zwei Bauabschnitten zwischen 1921 und 1929 ausgeführte Gebäude nach Entwürfen des Schweizer Architekten Emil Felix greift traditionelle Formen Kölner Patrizierhäuser mit barockisierendem Giebel auf. Ebenfalls übernommen wurde die Tradition des schlanken, polygonalen Treppenturms (Rückseite), von dessen bekannten spätmittelalterlichen Exemplaren heute in Köln keines erhalten ist.
An der Ecke Obenmarspforten/Gülichplatz schließt das Haus an zwei Seiten den Gülichplatz ein, der durch Abriss des Hauses eines vom Rat verurteilten Bürgers entstand. Der Fastnachtsbrunnen (Georg Grasegger) auf dem Platz wurde bereits 1913 aufgestellt. Im Haus Neuerburg sind heute städtische Dienststellen untergebracht.
Hinweis Das Objekt „Haus Neuerburg (Altstadt-Köln)“ ist seit 1984 ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalliste der Stadt Köln 2012, laufende Nr. 2686) und Bestandteil des historischen Kulturlandschaftsbereiches Innenstadt Köln (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 352).
(Walter Buschmann / M. Hennies / Alexander Kierdorf, Institut. Industrie-Kultur-Geschichte-Landschaft, 2018)
Internet deu.archinform.net: Emil Felix, Architekt (1875-1941) (abgerufen 13.09.2019) www.jti.com: Ein Jahrhundert Tabakgeschichte: von Haus Neuerburg zu JTI (abgerufen 11.07.2022)
Literatur
Buschmann, Walter; Hennies, Matthias; Kierdorf, Alexander (2018)
Via Industrialis. Entdeckungsreise Kölner Industriekultur. S. 24, Essen.
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Empfohlene Zitierweise
Walter Buschmann / M. Hennies / Alexander Kierdorf (2018): „Zigarettenfabrik Haus Neuerburg in Altstadt-Nord”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-290311 (Abgerufen: 12. November 2024)
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