Die Stadt Stade wurde 1645 durch schwedische Truppen unter Hans Christoph Graf von Königsmarck (1605-1663, deutscher Feldmarschall in schwedischen Diensten, Generalgouverneur von Bremen und Verden, Erbauer von Schloss Agathenburg) eingenommen. Sie wurde Hauptstadt des bremisch-verdischen Territoriums. Beim Ausbau der Festungsanlagen hatten die Schweden in den Jahren 1662/1663 die Königsmarcksbastion angelegt. Diese lag südlich des Schiffertores und sicherte den Weg Richtung Bremervörde und Bremen.
Um 1700, im Vorfeld des Nordischen Krieges (1700-1721), fürchteten die Schweden, dass sich dieser Krieg um die Vorherrschaft im Ostseeraum auch in das bremisch-verdensche Territorium ausdehnen könnte. Daher begannen sie an den Außenwerken Schanzungen vorzunehmen. Vor dem Schiffertor schanzte man ein kleines Außenwerk, fertig gestellt im August 1700. Ursprünglich war nur ein Waffenplatz vorgesehen.
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Dieses Werk (Retirade: Rückzugsort als Teil der Contrescarpe - Vorfeldbefestigung) war über den Damm mit Bären (Wehranlage) zwischen Königsmarcksbastion und Schiffertorsravelin mit dem Schiffertor verbunden. Zugleich bildete es den westlichen Abschuss des Dammes und sicherte ihn zugleich von dieser Seite her. Im Norden begrenzte es ein Wehrgraben. Im Süden ging es in den Weg hinter den Wällen der Contrescarpe über (Isenbart 1752). Es bestand aus einem zentralen Waffenplatz mit einem Pulverhaus (errichtet Mitte 18. Jahrhundert), der nach Außen durch Wälle geschützt war. Auf dem gedeckten Gang hinter den Wällen konnten Geschütze und Soldaten postiert werden. Isenbart schlug 1779 vor, das Pulverhaus zu erhöhen, da es durch die Schifffahrt gefährdet sei. Die Schwinge zog auf ihrem Weg zum Schiffertor unmittelbar nördlich am Werk vorbei. Daher war das Glacis, der Freiraum vor dem eigentlichen Wall des Werkes, weit nach Westen vorgezogen worden. Dies spiegelt sich bis heute in der langgestreckten Form der Erleninsel wieder (Isenbart 1779).
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Nach Abtrag des Dammes und des Bären vor der Königsmarcksbastion vor 1880 musste ein neuer Zugang zum Festungswerk und zur Insel geschaffen werden, es wurde ein hölzerne Brücke von der Königsmarcksbastion auf die Insel errichtet (Greihn 1880).Im Zusammenhang mit der Entfestung von Stade ab den 1870er Jahren fasste man das Werk und die Königsmarcksbastion zusammen, indem man den Graben vor der Bastion zuschüttete (heute Weg). Der Schiffsverkehr aus der Schwinge Richtung Neuer Hafen, der nach 1850 stark an Bedeutung zugenommen hatte, wurde nach Süden über den Burggraben geleitet.
Anlässlich der Internationalen Gartenschau iga in Hamburg-Wilhelmsburg 2013 wurde auf der Erleninsel ein Mehrgenerationen-Aktivplatz gestaltet. Dazu gehört auch ein touristisch nutzbarer Bootsanlegers an der Erleninsel. Heute befindet sich auf der Erleninsel, die in die Parkanlagen um die ehemaligen Festungsanlagen einbezogen ist, auch der Spiel- und Bolzplatz Erleninsel der Hansestadt Stade.
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Badeanstalt ErleninselDas hannoversche Militär richtete 1825 auf einer Seite der „Insel“ (Bleicher-Ravelin) eine Militärbadeanstalt ein, die 1881 zur Erleninsel verlegt wurde.
Auf Betreiben des Vaterländischen Vereins konnte die dauerhafte Einrichtung der öffentlichen Badeanstalt für Frauen und Männer sichergestellt werden. Ein erstes Badehaus wurde errichtet.
Die Badeanstalt auf der Erleninsel erhielt 1936 ein neues, reetgedecktes Umkleidegebäude, außerdem wurden ein Kinderplanschbecken in Beton sowie eine Dusch- und Fußwaschanlage geschaffen. Die alten Umkleidekabinen wurden abgerissen und die Kinder-Badekuhle zugeschüttet. Die Sprungbretter sowie das in Holz gefasste Nichtschwimmerbecken in der Schwinge blieben erhalten.
1953 hatte die Flussbadeanstalt Erleninsel rund 60.000 Badegäste. Im Sommer 1955 begannen die Arbeiten an der neuen Badeanstalt auf der Köhnshöhe. Am 13. Juni 1956 wurde das Freibad auf der Köhnshöhe eröffnet (heute: Erlebnis- und Freibad Solemio) und zugleich die Erleninsel geschlossen. In das alte Badegebäude wurden zur Minderung der Raumnot Klassenräume für die Volksschule I (heute Am Burggraben) eingerichtet, eingeweiht am 26. August 1957. 1971 brannte das Badegebäude von 1938 ab, wurde aber neu errichtet.
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(Claus Weber, Stade, 2023)Hinweise
Die Erleninsel/Retirade ist zusammen mit der Königsmarcksbastion als Teil einer Gruppe baulicher Anlagen Denkmal gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG, Objekt-Nr. 627.
Die Retirade auf der Erleninsel ist dargestellt in ihrer Ausdehnung Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Entfestung: Karte von den Festungswerken und Festungsländereien bei der Stadt Stade. Handzeichnung angefertigt nach den Grundsteuergemarkungskarten von Greihn, M 1:2.000, 1880. NLA ST Karten Neu Nr. 13699 (online unter www.arcinsys.niedersachsen.de, abgerufen 4.1.2024).
Quellen
- Landesarchiv Niedersachsen, Abteilung Stade
- Stadtarchiv Stade
- Archivinformationssystem Niedersachsen und Bremen. Erleninsel: www.arcinsys.niedersachsen.de (Abgerufen 04.01.2024)
Internet
- de.wikipedia.org: Liste der Baudenkmale in Stade: Gruppe Ehemalige Festungsanlage (Abgerufen: 23.12.2023)
- www.museen-stade.de: Freilichtmuseum, Geschichte des Museums (Abgerufen 23.12.2023)
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