Beschreibung und Geschichte
Das Wohnhaus gehörte zum später sogenannten Kirchenhof, der zusammen mit anderen Gütern zu „frekena“ (=Frechen) erstmals in der Urkunde Kaiser Karls des Kahlen im Jahre 877 erwähnt wird. Diese Urkunde bestätigt den Mönchen der Abtei Sithiu bei St. Omer in Nordfrankreich ihren hiesigen Besitz, der zehn Güter umfasste (Heeg 1984, S. 123). Im Hochmittelalter gehörte er dem Kölner St. Kunibertskloster, welches ihn 1400 mit dem Kloster Marienborn zu Burbach gegen einen Hof in Niehl eintauschte. „Mit der Zeit änderte sich der Name Kunibertshof in Kirchenhof“ (Heeg 1984, S. 123). Der Hof blieb bis zur Säkularisierung und Versteigerung in dessen Besitz (Heeg 1984, S. 122f).
Der Kirchenhof war ursprünglich ein Vierkanthof, dessen Wohngebäude die nördliche Begrenzung bildete (Urkataster von 1819). Dieses „Gebäude ist auf der Eingangsseite, dem früheren Innenhof, zweigeschossig ausgeführt und unterkellert. Die Rückseite weist nur eine ebenerdige Fensterreihe auf“ (Heeg 1977, S. 24).
Um 1785 wurde das Wohngebäude nach einem Brand wiedererrichtet. Die für den Wiederaufbau verwendeten Ziegelsteine verweisen darauf, dass hier reiche Menschen wohnten, denn Ziegelsteine waren teurer als die Baumaterialien Holz und Lehm (Heeg 1977, S. 24). Gleichzeitig gilt dieses Gebäude als das älteste erhaltene Steinhaus Frechens (Heeg 1984, S. 122). „An der Fassade und im Inneren weist es typische Merkmale der größeren Frechener Bauernhäuser des 18. Jahrhunderts auf“ (Kölner Stadtanzeiger 26. Januar 1990), so führt Heeg als Beispiele dafür die doppelteilige fensterlose Tür, einen Eingangsraum mit Fußboden aus Steinzeugplatten, Schlagläden an den Fenstern und den kleinen Kellerraum an (Heeg 1984, S. 122).
Der Kirchhof als Stätte Frechener Keramikproduktion
1868 ließ der Kannenbäcker Peter Thomer, nun wohl Eigentümer des Hofes mit der Hausnummer 531 (im Jahr 1868, vgl. Stadtarchiv Frechen, Akt. 189/173), einen kaminlosen Kannenofen südöstlich der Hofanlage, hinter der Scheune (Heeg 1984, S. 123) errichten. Es handelte sich um den letzten in Frechen errichteten Kannenofen, denn seine Erbauungszeit liegt in der Phase des Niederganges der Kannenbäckerei in Frechen. Der Grundriss dieses Ofens ist verkleinert im Pflaster auf der Antoniterstraße dargestellt und sein Baugesuch samt Bauzeichnung befindet sich im Frechener Stadtarchiv (Stadtarchiv Frechen, Akt. 189/173).
Die Lebendaten des Töpfers Peter Thomer lauten nach Göbels (1971):
„THOMER, PETER Kannenbäcker - 1808 Okt. 21 geb. zu Frechen, Sohn des Kannenbäckers Theodor Th. und der Agnes Thomer, Geburtsreg. 47/1808 - 1832 Nov. 28 zeigt den Tod des Vaters an, Sterbereg. 105/1832 - 1842 März 1 heir. Sophia Hüppeler, verwitwete Stark, 36 Jahre alt, aus Frechen, Traureg. 6/1842 - 1844 Dez. 8 zeigt die Geburt des Sohnes Friedrich an, Geburtsreg. 170/1844 - 1846 Juni 14 zeigt den Tod der Mutter an, Sterbereg. 77/1846 - 1850 in einer Handwerkerliste aufgeführt, StaF Akt. 182 fol. 20 - 1852 Febr: 15 zeigt den Tod seines Bruders, des Kannenbäckers Anton Th. an, Sterbereg. 15/1852 - 1856 unterschreibt das Gesuch um die Errichtung einer Töpferinnung, StaF Akt. 187 fol. 19 - 1856 in einer Töpferliste aufgeführt, ebd. fol. 21 - 1858 Jan. 2 zeigt den Tod der Ehefrau an, Sterbereg. 2/1858 - 1868 Okt. 31 stellt einen Antrag auf Errichtung eines Kannenofens in seinem am Kirchenhofe gelegenen Garten. Die Bauzeichnung ist erhalten; es handelt sich um den letzten in Frechen errichteten Kannenofen, StaF Akt. 189 fol. 171 f - 1870 März 29 zeigt den Tod seiner Schwester Margaretha Th. an, Sterbereg. 53/1870 - 1877 Apr. 14 stirbt zu Frechen, ebd. 66/1877.“
Nach Aufgabe des Töpferbetriebs gelangte das Gelände in die Hände neuer Eigentümer: 1883 gründeten der Frechener Töpfer Peter Weiden und der Kölner Kaufmann Alexander Schaaf hier ihre Steinzeugröhrenfabrik „Weiden & Schaaf“, die das Wohnhaus nun als Verwaltungsgebäude nutzte und den Rest der alten Hofanlage verdrängte (Kölner Stadtanzeiger vom 26.01.1990). Produktionsende für Steinzeugröhren war im Jahr 1966. Als in den 1980er Jahren Pläne für die Nachnutzung des Fabrikgeländes und dessen Umgebung entwickelt wurden, wurde die Bedeutung des Kirchenhofes für die Geschichte Frechens nicht angemessen berücksichtigt (Kölner Stadtanzeiger vom 14./15.01.1984). Auf Betreiben der Denkmalbeauftragten Egon Heeg und Helmut Weingarten wurde das Wohnhaus 1985 unter Denkmalschutz gestellt. Auch Fassadenteile der Steinzeugfabrik wurden als Denkmal erhalten und verwendet, als auf dem Gelände um 1990 ein Wohnkomplex errichtet wurde. Pläne, das kleine Steinhaus etwa zeitgleich zu sanieren, wurden bis 1994 nicht umgesetzt (Kölner Stadtanzeiger vom 28./29.05.1994) und es wird bis heute als Wohnhaus genutzt.
Kulturhistorische Bedeutung
Dem Wohnhaus des ehemaligen Kirchenhofes kommt aufgrund seiner Bedeutung für die Frechener Ortsgeschichte eine sehr hohe kulturlandschaftliche Bedeutung zu. Die Gründung der Hofanlage reicht bis ins 9. Jahrhunderts zurück. Zudem handelt es sich um das älteste noch stehende Steingebäude der Stadt und zeigt entsprechende Kennzeichen für hiesige Häuser des 18. Jahrhunderts auf. Auch seine funktionalen Verflechtungen mit der Frechener Steinzeugindustrie des 19. und 20. Jahrhunderts als Verwaltungsgebäude sind sehr bemerkenswert und führten vermutlich zu seiner Erhaltung bis heute.
Hinweis
Das Objekt „Wohnhaus des Kirchenhofes“ ist ein eingetragenes Baudenkmal (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Datenbank-Nr. 9066, UDB Frechen lfd. Nr. A 21, Eintragungsdatum 04.02.1985).
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2023)
Quellen
- Kölner Stadtanzeiger vom 28./29. Mai 1994: Am alten Pfarrhaus tut sich nichts (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Weiden & Schaaf, Stadtarchiv Frechen).
- Kölner Stadtanzeiger 26. Januar 1990: Wohnen in alter Fabrik (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Weiden & Schaaf, Stadtarchiv Frechen).
- Kölner Stadtanzeiger vom 14./15.01.1984: Planer vergaßen Geschichte (von Ursula Diedenhofen; Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Weiden & Schaaf, Stadtarchiv Frechen).