Bad Honnef liegt auf der rechten Rheinseite südlich von Königswinter - in der Höhe von Rolandsbogen und Kloster Nonnenwerth - leicht abgerückt vom Fluss am Saum des hier allmählich ansteigenden Siebengebirges.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden im Deutschen Reich im Zuge eines allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs parallel zur Zunahme des Fremdenverkehrs auch einzelne Badeorte am Rhein. Hierzu zählt Bad Honnef. Der medizinische Fortschritt, verbesserte Kurmethoden und die vertiefte Kenntnis der heilkräftigen Bestandteile von Mineralwasser unterstützten diese Entwicklung in einer Welt, die die Ursache für die ansteigenden Erkrankungen in den schädigenden Einflüssen des Großstadtlebens als Folge der Industrialisierung sah.
Kurtaxen und erhöhte Preise hielten finanzschwache Schichten von Besuchen in den neuen Badeorten ab, so dass der Kurbetrieb vor allem ein Privileg des wohlsituierten Bürgertums war und hier in der späten Kaiserzeit bis zum Ersten Weltkrieg dem allgemeinen Lebensgefühl nach gesellschaftlichem Austausch entsprach, gerahmt von einem vielseitigen kulturellen Programm und getragen von dem Bedürfnis nach Repräsentation und Unterhaltung im Sehen und Gesehen werden.
Bereits Alexander von Humboldt sprach vom deutschen Nizza. Honnef war in der landschaftlich bevorzugten Lage, zur Sonne gerichtet, geschützt durch die aufsteigenden Hänge und in Kombination mit der Höhenluft des Gebirges, seit 1845 klimatischer Kurort. 1891 erfolgte oberhalb des Ortes in 240 Metern Höhe auf einem Terrassenhügel am südlichen Fuß der Augusthöhe zur Behandlung von Tuberkulosekranken die Gründung der Lungenheilstätte Hohenhonnef.
Nach Auffinden einer Mineralquelle, der Drachenquelle, 1897 in 249 Metern Tiefe in der Austraße am westlichen Rand vom historischen Ortskern auf dem Gelände der Villa Weckbecker konnte 1898 der Brunnen- und Badebetrieb im Ort aufgenommen werden. Honnef erhielt die Anerkennung als Kur- und Badestadt. Heilschwerpunkte lagen bei Magen-, Darm-, Leber-, Gallen-, Stoffwechsel-, Herz- und Kreislauferkrankungen. 1901 erwarb die Stadt benachbart zu der Quelle die Villa Haarhaus und baute sie zum Kurhaus um. 1906 folgten die Anlage einer Wandelhalle, eines Musikpavillons und eines Kursaales im Park der Villa nach Entwurf des Honnefer Stadtbaumeisters Wilhelm Schwingen. Ab 1911 unterstand das Lungensanatorium der Landesversicherungsanstalt Rheinland.
Der Fremdenverkehr und der beginnende Kurbetrieb lösten in den 1890er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg zunächst eine rege Bautätigkeit und dann einen regelrechten Bauboom aus, begünstigt durch die verbesserten Verkehrsverhältnisse und begründet durch den zunehmenden Wohlstand des gehobenen Mittelstandes als Folge eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Das mit dem Zuzug von Fremden im Baugewerbe fließende Kapital kam dem Ort zugute und führte auch bei den Einheimischen zur Investition in zahlreiche Neubauten, so dass in Honnef zwischen 1898 und 1905 etwa 250 Bauvorhaben beantragt wurden, vorwiegend Landhäuser und Villen, über die Hälfte davon Spekulationsobjekte, errichtet ohne Eigenbedarf zum Verkauf an auswärtige Interessenten. Die Zugezogenen waren größtenteils Rentiers, im Sinne von Kapitalrentnern. Denn das 1893 verabschiedete Gesetz zur Bildung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung hatte die Neugründung von Firmen erleichtert und damit nach einer jahrelangen Rezession Firmengründungen schon bei geringem Eigenkapital ermöglicht - unter personeller Trennung von Betriebsleitung und Kapitaleignern - und auch die Beteiligung an gewinnversprechenden Unternehmen unterstützt. Die jährlichen Gewinnausschüttungen der neugegründeten und meist gut florierenden Firmen erlaubten vielen Gesellschaftern, sich vorzeitig als Rentner / als Rentiers zurückzuziehen. Rentiers konnten auch Hauseigentümer und Geschäftsinhaber sein, die ihren Lebensunterhalt aus Miet- und Pachteinnahmen bestritten. Ortsunabhängig zogen sie in eine angenehme ruhige Umgebung, ohne die Attraktivität des gesellschaftlichen Lebens missen zu wollen.
Mit der Erbohrung der Mineralquelle auf der Insel Grafenwerth 1938 ging einer neuer Anstoß des Kurbetriebs einher. 1937/1938 entstand nach Abriss der alten eine neue Wandelhalle sowie eine neue Trinkhalle. 1939 erfolgte eine Erweiterung des Kurgartens unter Abbruch einer der evangelischen Kirche gegenüberliegenden Villa. Zwar konnte 1968 die Thermal-Mineralquelle Edelhoff zusätzlich neu erschlossen werden, doch bereits Mitte der 1980er Jahre wurde der Kurbetrieb in Bad Honnef eingestellt.
Die Blütezeit von Honnef als Kurort lag eindeutig vor dem Ersten Weltkrieg. Der überlieferte Baubestand insbesondere in der Gestalt der zahlreichen qualitätvollen Villen mit großzügigen Parkanlagen und weiten Blicken und die städtische Struktur mit den bevorzugten Wohnlagen der Zeit um 1900 am Rand vom dörflichen Ortskern lassen diese Entwicklung bis heute sehr anschaulich ablesen. Eine angelegte Promenade mit ausgesprochener Schauseite zum Rhein hat es nie gegeben, dafür liegt Honnef zu weit vom Flussufer entfernt.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland 2020)
Literatur
Darius, Veronika; et al. (1979)
Bad Honnef - Stadtentwicklung und Stadtstruktur. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 26.) S. 108-112, Köln.
Haag, August (1962)
Bad Honnef am Rhein. Bad Honnef.
Saget, Peter (1911)
Bad Honnef das deutsche Nizza in Rheinlands Paradies. Windhagen.
Schnabel, Carl-Heinz (1925)
Der neuzeitliche Fremdenverkehr am Mittelrhein und seine Einwirkung auf das Wirtschaftsleben. Eine wirtschaftshistorische Untersuchung. Köln.
Weber, Karl Günter (2001)
Honnefer Spaziergänge. Bad Honnef.
Werber, Karl Günter (1996)
Der Kursaal von Bad Honnef. vor 90 Jahren erbaut. (Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises.) S. 39-47. Siegburg.
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