Baugeschichte
Zeitlicher Kontext
Heinzelmännchen als Volkssage
Aufbau des Heinzelmännchenbrunnens
Textreliefs
Bildreliefs
Hinweis, Internet, Literatur
Baugeschichte
Der Brunnen wurde im Jahr 1899 von dem Dombildhauer Edmund Renard (1830–1905) und seinem Sohn, dem Architekten Heinrich Renard (1868–1928), im neugotischen Stil gestaltet und errichtet. Für beide war das weltliche Thema etwas Neues, schufen sie sonst hauptsächlich religiöse Kunst- und Bauwerke. Den Auftrag erhielten sie vom „Cölner Verschönerungsverein,“ der den Brunnen zum hundertsten Geburtstag des schlesischen Dichters August Kopisch (1799–1853) stiftete. Kopisch hatte die Kölner Sage in seinem Gedicht „Die Heinzelmännchen zu Cölln“ von 1836 populär gemacht. Ziel war es die damals als eng, dunkel und unwohnlich empfundene Kölner Altstadt umzugestalten.
Im Vergleich zu großen Teilen des Kölner Stadtgebiets überstand der Heinzelmännchenbrunnen den Zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschadet. Im Laufe der Zeit verlor er jedoch immer mehr an Substanz. Das lag zum einen an dem verwendeten Heilbronner Sandstein, der einen hohen Lehmanteil hat und sich schneller abnutzt, als andere Sandsteine. Zum anderen haben derartige Bauwerke in heutiger Zeit unter der Luftverschmutzung durch Abgase zu leiden. Der dunkler werdende Kölner Dom ist das bekannteste Beispiel hierfür.
In den Jahren von 1992 bis 1994 schlug ein erster Instandsetzungsversuch fehl. Der Schneidersfrau, oben auf dem Brunnen, fehlte sogar der Kopf und dieser musste ersetzt werden. Seitdem befindet sich die Originalfigur im Kölner Stadtmuseum.
Rund 14 Jahre später konnte der Heinzelmännchenbrunnen schließlich für schätzungsweise 180.000 Euro umfassend restauriert werden. Das Brauhaus „Früh am Dom“ übernahm eine Patenschaft und trug den Großteil der Kosten. Dabei wurden die Reliefplatten, die sich links und rechts am Brunnen befinden, durch Kopien ersetzt. Die Originale können nun ebenfalls im Kölner Stadtmuseum bewundert werden.
Im ursprünglichen Zustand wurde hingegen das Schriftband in der Mitte des Brunnens belassen, das heute kaum noch lesbar ist und ein sichtbares Zeugnis der Bedeutung der Restaurationsarbeiten darstellt. Es besagt: „Neugierig war des Schneiders Weib.“
Zeitlicher Kontext
Dass ein Gedicht wie „Die Heinzelmännchen zu Cölln“ im Verlauf des 19. Jahrhunderts so bekannt werden konnte, dass ihm ein eigener Brunnen im Herzen der Großstadt Köln gewidmet wurde, stellt keine Überraschung dar. Das Gedicht ist der Spätromantik zuzuordnen, deren Anhänger sich von hauptsächlich auf Latein verfassten, klassischen Texten der Antike und der Kirche abwandten. Stattdessen befassten sie sich mit ihrer eigenen Sprache, Herkunft und Kultur. Dies führte zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit folkloristischen Erzählungen des Mittelalters. Bis heute weltweit bekannt ist beispielsweise die Märchensammlung der Gebrüder Grimm.
In den selben Kontext ist die Sage der Kölner Heinzelmännchen einzuordnen. Sie wurde erstmals 1826 vom Kölner Schriftsteller Ernst Weyden (1805–1869) in der Domstadt lokalisiert und schriftlich festgehalten. Er vermerkt ausdrücklich in seinem Text, dass es sich um eine „mündliche“ Überlieferung handelt. Ihr genauer Ursprung ist somit nicht nachvollziehbar.
Das Ende der Sage ist in Weydens Darstellung ist ein anderes als in Kopischs Gedicht. Der Anschlag der Schneidersfrau auf die Heinzelmännchen schlägt bei ersterem fehl. Nichtsdestotrotz verschwinden die kleinen Wesen aufgrund des Versuchs. Die Abweichung des Endes bei Kopisch ist der künstlerischen Freiheit geschuldet.
Heinzelmännchen als Volkssage
Die Erzählung der Heinzelmännchen ist der Textgattung der Sage und nicht des Märchens zuzuordnen, da mit einem konkreten Ort, Köln, sowie den verschiedenen menschlichen Akteuren ein realer Rahmen gegeben ist, in dem sich die fantastischen Begebenheiten zutragen.
Heinzelmännchen sind dabei gutgesinnte Kölner Hausgeister, die nachts, während die Menschen schliefen, deren Arbeit verrichteten. Aufgrund ihres Fleißes und ihrer geringen Größe können Sie der Gruppe der Kobolde, Wichtel und Zwerge zugeordnet werden. Weydens Sage zufolge waren sie nackt, was vermutlich gerade in der bildlichen Darstellung aus ästhetischen Gründen abgeändert wurde.
Ihre Popularität hat sich bis heute erhalten und lässt sich anhand zahlreicher Kinderbücher und dem berühmten Kölner Weihnachtsmarkt „Heinzels Wintermärchen“ am Heumarkt erkennen.
Aufbau des Heinzelmännchenbrunnens
Der Aufbau des Heinzelmännchenbrunnens orientiert sich an Kopischs Gedicht. Er besteht aus einem Mittelteil, der auf einem dreibeinigen Sockel ruht. Unter dem Sockel ist das Wasserbecken angelegt.
Auf der oberen Ebene des Brunnens ist der Höhepunkt des Gedichts dargestellt. Die Figur der Schneidersfrau ragt auf dem zentralen Teil des Brunnens empor. Mit einer Laterne lauert sie in der Nacht den Heinzelmännchen auf, die sie zuvor mit einer List zu Fall gebracht hatte. Die Heinzelmännchen sind auf den von ihr verstreuten Erbsen ausgerutscht und die Treppe hinabgestürzt. Links und rechts des Treppenfußes blicken sie verdutzt, teils noch dabei sich aufzurappeln, zu der Person hinauf, durch deren Neugier sie für immer verschwinden sollten.
Eine Ebene darunter befinden sich an einer Sandsteinmauer acht verschiedene Reliefs.
Textreliefs
Das linke und rechte Ende des Brunnens sind aus gestalterischen Gründen angewinkelt. Hier befindet sich jeweils ein Textrelief, bei welchen es sich um die erste und letzte Strophe aus Kopischs Gedicht handelt. Sie bilden den erzählerischen Rahmen für die sonst bildliche Darstellung am Brunnen.
Um die Texte auf eine Größe anzupassen wurden einzelne Verse weggelassen und das Wort „und“ oftmals durch ein kleines „u“ mit Überstrich ersetzt. Die verwendete Schriftart ist Fraktur.
Textrelief links:
„Wie war zu Köln es doch vordem Mit Heinzel- / männnchen so bequem
Denn war man faul man / legte sich hin auf die Bank û pflegte sich
Da kam / en bei Nacht ehe man‘s gedacht
Die Männlein Und / schwärmten û klappten û lärmten […]
û eh ein Faulpelz / noch erwacht war all sein Tagewerk bereits gemacht“
Denn war man faul man / legte sich hin auf die Bank û pflegte sich
Da kam / en bei Nacht ehe man‘s gedacht
Die Männlein Und / schwärmten û klappten û lärmten […]
û eh ein Faulpelz / noch erwacht war all sein Tagewerk bereits gemacht“
Textrelief rechts:
„Oh weh nun sind sie alle fort û keines ist mehr hier /
am Ort man kann nicht mehr wie sonsten ruhn
man muß nun alles selber thun ein jeder muß fein /
selbst fleißig sein u kratzen û schaben û rennen / u traben […]
Ach daß es noch wie damals wär / doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her“
am Ort man kann nicht mehr wie sonsten ruhn
man muß nun alles selber thun ein jeder muß fein /
selbst fleißig sein u kratzen û schaben û rennen / u traben […]
Ach daß es noch wie damals wär / doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her“
Bildreliefs
Zur Dekoration sind auf den Längsstreben zwischen den Reliefs in wappenförmigen Symbolen vier von fünf Berufsständen abgebildet, denen die Heinzelmännchen gerade helfen: Handwerker, Bäcker, Metzger und Schneider.
Die bildliche Darstellung beginnt außen links. Hier wird ein schlafender Zimmermann abgebildet, wie an der Axt im Hintergrund erkennbar ist. Links von ihm sind zwei Heinzelmännchen zu sehen, die ihn beobachten. In der daraufflogenden Abbildung ist die handwerkliche Arbeit zu sehen, die sie für ihn leisten. Die nächste zeigt wie die kleinen Wesen die Arbeit in einer Bäckerei verrichten. Danach, nun rechts vom Sockel des Brunnens, werden die Heinzelmännchen beim Schlachten und Herstellen von Wurst gezeigt. Es folgt eine Darstellung der Helfer bei der Arbeit eines Küfers (Hersteller von Fässern und anderen Behältnissen). Die letzte Darstellung, ganz außen rechts, zeigt einen schlafenden Schneider. Im Hintergrund erledigen zwei Heinzelmännchen seine Arbeit und nähen einen Rock.
Der erzählerische Höhepunkt befindet sich, wie bereits angemerkt, eine Ebene darüber. Die vorletzte Strophe, in der die Schneidersfrau die Heinzelmännchen zu Fall bringt, ist zentral über den Reliefs abgebildet.
In der Bildgalerie können die Strophen nachgelesen werden.
Eine exakte kunstwissenschaftliche Analyse des Brunnens kann an dieser Stelle nicht geleistet werden, wäre jedoch andernorts wünschenswert.
(Katharina Grünwald, LVR-Redaktion KuLaDig, 2020)
Hinweis
Der Kölner Heinzelmännchenbrunnen war KuLaDig-Objekt des Monats im Mai 2020.
Internet
wikisource.org: Die Heinzelmännchen, Ernst Weyden (abgerufen 19.03.2020)
www.heinzels-wintermaerchen.de: Die Heinzelmännchen zu Köln, August Kopisch (abgerufen 19.03.2020)
www.koeln.de: Heinzelmännchenbrunnen (abgerufen 19.03.2020)
www.frueh.de: Heinzelmännchen-Brunnen (abgerufen 19.03.2020)
koelnisches-stadtmuseum: Fataler Erbsenwurf (abgerufen 19.03.2020)
www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste (abgerufen 19.03.2020, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024)
www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024)
www.stadt-koeln.de: Kölner Wald und Grün, Liste städtischer Brunnen (abgerufen 05.07.2023)
www.youtube.de: BAP-Sänger Wolfgang Niedecken liest „Die Heinzelmännchen von Köln“ (abgerufen 23.06.2020)
www.koeln-lotse.de: „Neugierig war des Schneiders Weib“ – Die Kölner Heinzelmännchen (Uli, der Köln-Lotse vom 19.09.2020, abgerufen 05.10.2020)
koelnding.podigee.io: Das Köln Ding der Woche - Die Kölner Heinzelmännchen (Uli, der Köln-Lotse, Podcast vom 22.09.2023, abgerufen 29.09.2023)