Unterhalb des Diezer Grafenschlosses befindet sich eine Lahnbrücke, die die Altstadt mit dem westlich der Lahn gelegenen Stadtgebiet und den Ortsgemeinden Altendiez und Heistenbach verbindet.
Die alte Brücke Ursprünglich handelte es sich bei dieser Brücke um eine Bogenbrücke, deren Bögen von gemauerten Rundpfeilern getragen wurden. Die ältesten Teile gehen wohl auf das 16. Jahrhundert zurück. Die mittleren Brückenbögen waren im Jahre 1634 auf Befehl Fürstin Sophie Hedwigs (1592-1642) während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) gesprengt worden. Im Februar 1634 zog der spanisch-kaiserliche General Alonso Gaspar Fernández de Córdoba, 2. Marqués de la Celada (Geburtsdatum unbekannt-1635) mit 1600 Reitern und 3000 Fußsoldaten bei Andernach über den Rhein, um gemeinsam mit Truppen aus Köln und Neuenburg die Lahn zu überqueren und in die Gebiete des Westerwalds vorzudringen. Die in Diez stationierten schwedischen Soldaten bezogen daraufhin an den Lahnpassagen Stellung und besetzten viele der Lahnbrücken mit Garnisonen. Den Vorgang schildert eine Quelle aus den 1850er Jahren: „Der Lahnpass bei Diez bedurfte um deßwillen eine besondere Aufmerksamkeit, da er nicht, wie Limburg, durch eine Garnison vertheidigt wurde. Dort residierte damals Sophie Hedwig, geborne Herzogin von Braunschweig, hinterlassene Wittwe des holländischen Feldmarschalls Grafen Ernst Casimir von Nassau-Diez, welcher bei Ruremonde den 26. Mai 1632 durch eine Musquetenkugel getötet worden war, um in der Mitte ihrer treuen Unterthanen ihre übrigen Lebenstage im Wittwenstande zuzubringen und die Grafschaft unter Leitung ihres trefflichen Oberamtmanns Naurath selbst zu regieren. Da nun ohne ihre Einwilligung nach den bestehenden Reichsgesetzen keine Garnison in ihre Residenz gelegt werden durfte, so wurde es ihr unter den dringenden Umständen in den Willen gestellt, eine starke schwedische Garnison zur Vertheidigung der Lahnbrücke aufzunehmen oder die Brücke selbst unbrauchbar machen zu lassen. Die Fürstin zog Letzteres vor und so mußte die Zerstörung der Brücke in aller Eile vorgenommen werden, indem man den Marquis de Celada ganz nahe glaubte. Am 4. März 1634 wurden auch die nöthigen Arbeiten dazu begonnen. Da man aber damals in der Minen-Wissenschaft noch nicht weit gekommen war und die Wirkung der Mine in Ansehung der nöthigen Quantität des Pulvers zur Ladung der Minenkammern bei den verschiedenen Arten von Mauer- und Erdwerk beruhte, so war es kein Wunder, daß die Brückenpfeiler zwar alle erschüttert und aus ihrer perpendiculären Richtung herausgebracht, aber nicht auseinander gerissen wurden. Es bietet daher die Lahnbrücke zu Diez bis auf diesen Tag das eigenthümliche Schauspiel dar, daß die Brückenpfeiler zum Theil oder ganz umgeworfen sind, auf die man in der Folge wieder neue Pfeiler aufgebaut hat“ (Keller 1854, S. 204f.).
Dass die Fürstin Sophie Hedwig die Sprengung der Brücke durch Schwarzpulver nur deshalb erlaubte, um eine Stationierung der schwedischen Truppen und die zur damaligen Zeit herrschenden Ausschreitungen der Söldner gegenüber der Zivilbevölkerung zu verhindern, wird in dieser Quelle nicht beschrieben. Der Marqués de la Celada unternahm indes keinen Versuch, die Lahn zu überwinden, sondern zog sich wieder über den Rhein zurück, da die erhoffte Unterstützung durch weitere Truppen der Katholischen Liga nicht eintraf.
Die heutige Brücke An den beiden ufernahen Brückenköpfen haben sich noch die ursprünglichen Bögen erhalten. Diese gemauerten Überreste der alten Lahnbrücke stammen aus dem frühen 17. Jahrhundert, die gemauerten Brückenpfeiler im Kern aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahr 1862 wurde einer der Rundpfeiler entfernt, um günstigere Bedingungen für die Schifffahrt zu schaffen. Die heutige Brücke besteht aus einer stählernen Brückenkonstruktion, die in den alten, fragmentarisch erhaltenen Brückenbau integriert wurde. Auf der Brücke befindet sich ein Zollhäuschen, das seit dem 14. Jahrhundert bis in die 1920er Jahre zur Einnahme des Brückenzolls genutzt wurde. Zwischenzeitlich wurde dieses Häuschen restauriert. Eine Informationstafel am Zollhäuschen erinnert an die Brückengeldabgabe, die spätestens ab dem Jahr 1377 bis ins Jahr 1880 für die Überquerung des Flusses entrichtet werden musste (Escher/Hirschmann 2005, S. 148). Historische Fotografien verdeutlichen, dass die Lahnbrücke bereits im ausgehenden 19./frühen 20. Jahrhundert in ihren Grundzügen dem heutigen Aussehen entsprach (siehe Abbildungen in der Mediengalerie). So trugen die erhalten gebliebenen gemauerten Rundpfeiler eine stählerne Brückenkonstruktion, die der heutigen sehr ähnelt.
Die Alte Lahnbrücke in Diez wird als Kulturdenkmal in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz (Stand 2019) geführt. Der Eintrag lautet: „Pfaffengasse Alte Lahnbrücke, Pfeiler der Steinbrücke von 1615, im Kern 16. Jh.“
Lahn-Marmor-Route Dieses Objekt ist Teil der Lahn-Marmor-Route von Wetzlar nach Balduinstein.
(Alana Dawn Knickmann, Universität Koblenz-Landau, 2019 / freundliche Hinweise von Herrn Matthias Reusch)
Literatur
Escher, Monika (2005)
Die urbanen Zentren des hohen und späteren Mittelalters. vergleichende Untersuchungen zu Städten und Städtelandschaften im Westen des Reiches und in Ostfrankreich. (Trierer historische Forschungen 50,3.) o. O.
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Rhein-Lahn-Kreis. Denkmalverzeichnis Rhein-Lahn-Kreis vom 18. Oktober 2019. Mainz.
Keller, Ernst Friedrich (1854)
Die Drangsale des Nassauischen Volkes und der angrenzenden Nachbarländer in den Zeiten des 30jährigen Krieges, seine Helden, Staatsmänner u.a. berühmte Zeitgenossen. Ein Beitrag zur inneren Geschichte jener Zeit, nach archivalischen und anderen Quellen bearbeitet. o. O.
Odernheimer, F. (1867)
Das Berg- und Hüttenwesen im Herzogthum Nassau: Statistische Nachrichten, geognostische, mineralogische u. technische Beschreibungen des Vorkommens nutzbarer Mineralien, des Bergbaues u. Hüttenbetriebes. o. O.
Steubing, Johann Hermann (1812)
Topographie der Stadt und Herrschaft Diez mit eingestreuten statistischen und literarischen Nachrichten. Hadamar.
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