Das Weingut
Parallel zur Weingasse im historischen Ortskern von Deidesheim befindet sich das ehemalige Hauptgebäude des Winzerguts, ein langgestrecktes zweigeschossiges Hochkellergebäude aus dem Jahr 1783. Dieser spätbarocke Putzbau mit Sandsteingliederung und Eckpilastern ist mit einem Satteldach gedeckt. Typisch für die Zeit der Erbauung sind die aus der Dachfläche herausragenden Dreieckgauben. Unter der gesamten Grundfläche befindet sich ein tonnengewölbter Keller zur Lagerung des Weins, die ältesten Jahrgänge stammen aus dem Jahr 1811. Von der Straßenseite (Weingasse) aus, lässt sich die gegenüber dem Straßenniveau erhöhte Lage des Kellers nachvollziehen. Die Gewände des Kellergeschosses sind mit Schulterbogenfenstern durchbrochen. Auch auf Höhe des ersten Obergeschosses ist die Fassade durch die Schulterbogenfenster mit Keilstein geprägt. Die heute noch erhaltenen Fensterteilungen und Fensterläden stammen aus dem 19. Jahrhundert. Der Zugang zum Gebäude erfolgt über Freitreppen von der Hofseite aus. Zu Anfang beherbergte das Hochkellergebäude auch die Wohnräume der Familie Jordan im ersten Obergeschoss. Heute sind in diesen Räumlichkeiten Büroräume untergebracht.
Die anderen Gebäude des Winzerguts schließen sich im Westen an den Hochkeller an und stammen aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Es handelt sich dabei um ein zweites Wohnhaus, das heutige Aussehen dieses repräsentativen Gebäudes stammt aus dem 19. Jahrhundert sowie Schuppen-, Scheuer- und Keltergebäude. Gemeinsam mit dem Hochkeller sind die Gebäude in einer U-Form angeordnet und bilden einen zur Pfarrgasse hin offenen Hof. Neben den Kellern im Hochkellergebäude existieren unterhalb des Areals zwischen Kirchgasse, Pfarrgasse und Weinstraße unterirdische Kelleranlagen, die teilweise noch aus den 1530er Jahren stammen.
Das Weingut bewirtschaftet nach ökologischen Maßstäben 49 Hektar Rebfläche in 20 Einzellagen in Forst, Deidesheim und Ruppertsberg. Die häufigste angebaute Rebsorte ist mit 85 Prozent der Riesling. Zu den anderen Rebsorten gehören Chardonnay, Weißburgunder, Grauburgunder, Scheurebe, Gewürztraminer, Muskateller, Sauvignon Blanc, Spätburgunder sowie Merlot. Der historische Weinkeller beherbergt das Museum alter Weine.
Zur Geschichte des Weinguts
1718 wurde das Weingut von Johann Peter Jordan (1753-1795) gegründet und 65 Jahre später, 1783, wurde es nach Deidesheim verlegt. Um 1793/1794 erlitt Deidesheim im Rahmen des ersten Koalitionskrieges schwere Verluste und Zerstörungen durch französische Truppen, währenddessen auch das Weingut beschädigt wurde. Der Wiederaufbau des Guts lag in der Verantwortung des Sohnes von Peter Jordan, Andreas Jordan (1775-1848), der in jungen Jahren die Leitung übernommen hatte. Andreas Jordan war Begründer des Qualitätsweins in der Pfalz und führte den Qualitätsweinbau nach Deidesheim. Im Zuge der Etablierung dieses Qualitätsweins, wurden ökologisch nachhaltige Maßnahmen im Weinanbau getroffen. Durch eine erfolgreiche Bewirtschaftung des Weinguts, konnte Jordan höhere Preise für den Wein erzielen und seine Rebfläche vergrößern. Im Jahr 1815 übernahm Andreas Jordan den Ketschauer Hof, der durch die Revolutionskriege weitestgehend zerstört wurde. Von 1816 bis 1820 wurde der Hof wiederhergestellt und schließlich von seinem Sohn, Ludwig Andreas Jordan (1811-1883), umgebaut. Das Erbe von Andreas Jordan wurde unter seinen Kindern aufgeteilt. Seine Tochter Josephine (1813-1872), die Franz Peter Buhl (1809-1862) heiratete, gründete mit diesem das heutige Weingut Reichsrat von Buhl. Die zweite Tochter Auguste (1816-1889) heiratete Friedrich Georg Deinhard (1812-1871) und gründete mit diesem das heutige Weingut von Winning (früher: Dr. Deinhard). Ludwig Andreas Jordan übernahm das bestehende Weingut und führte es weiter. Sein zukünftiger Schwiegersohn Emil Bassermann (1835-1915) übernahm nach Ludwigs Tod das Weingut und änderte den Namen des Weinguts in Bassermann-Jordan um. Daraufhin blieb das Weingut im Besitz der neuentstandenen Familie Bassermann-Jordan. 2002 kaufte der aus Neustadt stammende Achim Niederberger (1957-2013) das Weingut und ließ auf dem Gelände des Ketschauer Hofs zwei Hotels bauen.
Das Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan wird als Kulturdenkmal in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz (Stand 2017) geführt. Der Eintrag lautet: „Kirchgasse 10
spätbarockes Hochkellerhaus, bez. 1783, Nebengebäude spätes 18. und frühes 19. Jh., Rokoko-Wappenstein, bez. 1768, zwei ehem. Türstürze bez. 1767; unter dem Wohnhaus Pfarrgasse 6 ein heute mit den übrigen Kellern verbundener Keller, bez. 1536.“
(Sarah Krieger, Universität Koblenz-Landau, 2019)
Internet
www.bassermann-jordan.de: Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan (abgerufen 05.11.2019)