Die Gebäude des Ketschauer Hofs
Der Ketschauer Hof umfasst ein Hauptgebäude und zwei Wirtschaftsgebäude (Ökonomien), die um einen Hof angeordnet sind. Bei dem Hauptgebäude handelt es sich um einen zweigeschossigen Putzbau auf rechtwinkligem Grundriss, der unmittelbar an der Pfarrgasse liegt. Auffällig ist das Hochparterre, das gegenüber dem Straßenniveau erhöhte Erdgeschossniveau, das den Zugang zum Gebäude über Steintreppen mit gusseisenen Geländern nötig macht und auf einen hohen Kellerraum hinweist. Solche Keller sind typisch für die regionalen Winzergüter. Das Zentrum des Gebäudes bildet ein dreiachsiger Mittelrisalit. Ein Risalit ist ein auf ganzer Höhe aus der Fassade hervorspringender Gebäudeteil. Die Sockelzone aus Naturstein hebt sich auch von der übrigen, cremefarbenen Fassade ab. Die Fassade des Hauptgebäudes endet in einem Konsolgesims, über dem ein flaches Walmdach das Gebäude abschließt. Auffällig sind die gusseisenen Ziergeländer an den Treppen und Umläufen am Gebäude.
Ein Wirtschaftsgebäude, ein eingeschossiger, langgestreckter Bau mit Satteldach und Dachgauben zur Hofseite, liegt nördlich des Hauptgebäudes. Ein zweites Wirtschaftsgebäude rahmt den Hof im Süden ein und besteht aus einem ursprünglich U-förmigen Bau mit Anbau, wobei auch die Fläche zwischen den Seitenflügeln mittlerweile bebaut und im Gebäude integriert wurde.
Zur Geschichte
Die erste Erwähnung des Ketschauer Hofs findet sich in einer Besitzerurkunde aus dem Jahre 1395. Aus dieser geht hervor, dass sich der Adelssitz im Besitz der Herren von Enggaß befand, die um 1360 von Niederkirchen nach Deidesheim übergesiedelt waren. Zu dieser Zeit erhielt Deidesheim von König Wenzel (1361-1419, römisch-deutscher König von 1367-1400), die Stadtrechte. Durch eine Heirat mit Anna von Enggaß (Lebensdaten unbekannt), gingen 1430 das Anwesen und die dazugehörigen Güter an Johann Freiherr Schliederer von Lachen (Lebensdaten unbekannt) über. Die Witwe des Wilhelm Schliederer von Lachen (Lebensdaten unbekannt) veräußerte ihr Gut 1609 an die Freiherrn Sturmfeder von Oppenweiler.
Nach der Besetzung Deidesheims durch schwedische Truppen Ende 1631, übergab König Gustav Adolf von Schweden (1594-1632, regierte ab 1611), das Gut als Lehen an seinen Obristen von Chanofsky (1592-1645), doch verlor dieser es nach der Niederlage der Schweden bei Nördlingen zwei Jahre später wieder. Im Zuge der Stadtzerstörung am 26. September 1689, wurde das Anwesen sehr stark beschädigt.
1716 gelangte es an die mit den Freiherrn von Sturmfeder verwandte Familie von Ketschau, die den Wiederaufbau vorantrieb. Sie verleiht bis heute dem Hof ihren Namen. Von 1770 bis 1772 veranlasste die Familie von Ketschau den Neubau im Barockstil nach Entwürfen des kurpfälzischen Hofbaumeisters Franz Wilhelm Rabaliatti (1716-1782). Johann Peter Jordan (1753-1795) erwarb das benachbarte Anwesen mit den dazugehörigen Kellern. Auf diesem Grundstück entstand später der Sitz des Weinguts von Bassermann-Jordan. Nachdem 1785 die männliche Erblinie mit Adalbert von Ketschau (1709-1785) ausgestorben war, gelangte das Gut an dessen Schwager Franz Sigismund von Lehrbach (1729-1787).
Französische Revolutionstruppen verwüsteten 1794 die Gebäude, die 1815 schließlich durch einen Brand im großen Maß zerstört wurden. Im gleichen Jahr erwarb Andreas Jordan (1775–1848), der Sohn von Johann Peter Jordan, das Anwesen und den dazugehörigen Grundbesitz. Von 1816 bis 1820 wurde der Ketschauer Hof wiederhergestellt und schließlich von seinem Sohn Ludwig Andreas Jordan (1811-1883) umgebaut. Die vorhandene Substanz und der traditionelle Gutshofcharakter sind dabei erhalten geblieben.
Im Jahr 2002 erwarb Achim Niederberger (1957-2013) das Weingut „Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan“ sowie der Ketschauer Hof. Er ließ das Anwesen zu einem Hotel und zwei Restaurants umgestalten. Das Andenken an die Geschichte der Familie Bassermann-Jordan sollte weiterhin gewahrt werden, indem das Restaurant „L.A. Jordan“ nach Ludwig Andreas Jordan benannt wurde. Das zweite Restaurant „1718“ orientiert sich an der Herkunftsgeschichte der Familie Jordan und erinnert an die erstmalige Nennung des Weinguts durch Peter Jordan im Jahre 1718.
Das Winzergut Ketschauer Hof wird als Kulturdenkmal in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz (Stand 2017) geführt. Der Eintrag lautet: „Ketschauerhofstraße 1 ehem. Ketschauer Hof, repräsentatives Winzergut; 1770-1772, Arch. Franz Wilhelm Rabaliatti, nach Brand 1815 Wiederherstellung 1816-20, Umbau mit Erweiterung und Aufstockung bez. 1849, Arch. angeblich Hermann Nebel, Koblenz; großvolumiger Walmdachbau mit barocken und spätklassizistischen Motiven, Keller 18. Jh.; Wappenreliefs, eins bez. 1569; Grabplatte von 1430; eingeschossige Ökonomie, bez. 1822, weitere Ökonomie, bez. 1817 und 1853.“.
(Sarah Krieger, Universität Koblenz-Landau, 2019 / Mit freundlichen Hinweisen von Berthold Schnabel)
Internet
www.ketschauer-hof.com: Ketschauer Hof (abgerufen 11.11.2019)