Gegründet wurde das Unternehmen „Ferd. Kohlstadt & Comp.“ 1843 am Eigelstein als Gummiwarenfabrik, in der in Fäden geschnittener Kautschuk zu gewebten Gummibändern und Hosenträgern verarbeitet wurde. Damals reichte vielen innovativen Unternehmen der Platz in der noch von einem Mauerring umgebenen Stadt nicht aus, um zu expandieren. Als die Herstellung vulkanisierter Gummifäden begann, verlegte Kohlstadt seine Werksanlagen daher zuerst nach Köln-Nippes und 1864 schließlich an die Deutz-Mülheimer Straße auf der östlichen, noch nicht zum Stadtgebiet gehörenden Rheinseite.
Obwohl die Rheinische Gummiwarenfabrik von Franz Clouth seit 1862 in Köln die Branche dominierte, erlebte das Unternehmen Kohlstadt ab den 1880er Jahren einen Boom und so wurde das Werk 1908 durch mehrgeschossige Flügelbauten ergänzt. Die Produktion umfasste nahtlose Gummiwaren wie Badehauben, Operationshandschuhe, Schürzen oder Gasballons. Ab 1934 machte eine neue Technik die Massenproduktion möglich: Statt Gummiplatten in Fäden zu zerschneiden, presste man nun flüssiges Gummi durch Düsen. Mit der kompletten Umstellung auf diese Technik florierte das Unternehmen auch in der Nachkriegszeit, musste jedoch 1972 nach Konkurs die Produktion einstellen.
Weitgehend originalgetreu erhalten ist nur der erste der 1908 angebauten Gebäudeflügel, der den Übergang vom Historismus zur Architektur der klassischen Moderne widerspiegelt. Das Erscheinungsbild des dreigeschossigen, heute als Atelierhaus genutzten Backsteinbauses dominieren die großen Metallsprossenfenster, die die Fassade in eine rasterartige Struktur auflösen, und die flachen, mehrfach gestuften Wandpfeiler. Besonders die Berliner Industriebauten aus den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg waren durch eine markante Pfeilerarchitektur geprägt, die anfangs noch historistisch orientiert war und an die Stützpfeiler mittelalterlicher Bauten erinnerte, sich unter dem Einfluss von Peter Behrens mit seinen epochalen AEG-Bauten dann aber von den historischen Vorbildern löste. In den 1920er Jahren machte Hans Hertlein die Pfeilerarchitektur zu einem Markenzeichen seines „Siemens-Stils“. Im Rheinland sind Bauten und Entwürfe von Wilhelm Kreis, Paul Bonatz, Peter Behrens und Emil Fahrenkamp von dieser Formensprache beeinflusst.
Hinweis Das Objekt „Gummifädenfabrik Kohlstadt in Mülheim“ ist seit 2004 ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalverzeichnis der Stadt Köln 2012, Nr. 8652).
Internet www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste (abgerufen 29.04.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024) www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024)
Literatur
Buschmann, Walter; Hennies, Matthias; Kierdorf, Alexander (2018)
Via Industrialis. Entdeckungsreise Kölner Industriekultur. S. 76, Essen.
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Empfohlene Zitierweise
Walter Buschmann / Matthias Hennies / Alexander Kierdorf (2018): „Gummifädenfabrik Kohlstadt in Mülheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-291584 (Abgerufen: 24. April 2024)
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