Tielenburg bei Tielenhemme

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Fachsicht(en): Archäologie, Landeskunde
Gemeinde(n): Pahlen, Tielenhemme
Kreis(e): Dithmarschen
Bundesland: Schleswig-Holstein
Koordinate WGS84 54° 16′ 46,78″ N: 9° 20′ 28,74″ O 54,27966°N: 9,34132°O
Koordinate UTM 32.522.222,84 m: 6.014.691,29 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.522.300,56 m: 6.016.657,72 m
  • Die Tielenburg in einer Karte von 1559

    Die Tielenburg in einer Karte von 1559

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    Mejer, Johannes und Danckwerth, Caspar
    Fotograf/Urheber:
    Caspar Danckwerth; Johannes Mejer
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Der vorliegende Artikel behandelt hauptsächlich die Tielenburg. Im Anschluss folgt derjenige zur Halvesburg. Diese ist bisher nicht lokalisiert und es liegen nur wenige Informationen vor, womit die Grundlagen für einen eigenständigen Eintrag nicht erfüllt sind.

Objektbeschreibung
Die historische Tielenburg lag an der nördlichen Grenze Dithmarschens auf der damaligen Eiderinsel Tielenhemme am östlichen Ufer des Zusammenflusses von Eider und Tielenau. Heute ist die historische Anlage vom Bauernhof Tieleburg überbaut. Daher liegen bisher keine archäologischen und kaum bauliche Informationen vor. Ein Offizier des Oldenburgischen Infanterieregimentes, der 1830 vor Ort gewesen sein soll, berichtet: Im Jahr 1613 sollen bei der Burg „drei kleine eiserene Mörser“ gefunden worden sein, die nach Husum gebracht wurden. Des Weiteren ist die Rede von zwei Umwallungen von etwa 72 Meter und 23 Meter, die um eine „Bastion“ gelegt waren. Während die Mörser mit der Belagerung der Burg durch die Dithmarscher im Jahr 1500 im Zusammenhang stehen könnten, ist anhand der Schilderungen des Offiziers eine Turmhügelburg denkbar, aber nicht nachgewiesen. Aus den Jahren 1438 und 1440 lässt sich mittels Schriftquellen ein Gefängnis auf der Burg nachweisen, zu dem darüber hinaus aber jegliche Informationen fehlen.

Geschichtliche Daten
Die Tielenburg wird erstmals in einem Friedensvertrag vom 21. Juli 1323 zwischen Herzog Erich II. von Schleswig, Graf Gerhard III. von Holstein-Rendsburg sowie Bischof Johannes II. von Schleswig auf der einen und dem Lande Dithmarschen auf der anderen Seite erwähnt, in dem eine Art Bestandsgarantie für die Burgen Tylenborgh et Hanrouwe enthalten ist. Somit kann die Tielenburg zu dieser Zeit schon Bestand gehabt haben, weshalb man ihre Erbauung um das Jahr 1300 gemeinsam mit der Burg Hanerau schätzt.

In den Friedensverträgen zwischen den Grafen Heinrich II. und Nikolaus von Holstein-Rendsburg einerseits und den Dithmarschern andererseits werden bereits drei Grenzburgen genannt: Hanerau, Tielenburg und Halvesburg. Beide Verträge unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Passagen zu den Burgen. Der 1341 von den Holsteinern ausgestellte Vertrag fordert eine Art Bestandsgarantie für die drei Anlagen. Der 1345 wiederum von den Dithmarschern ausgestellt Vertrag enthält diese Garantie nicht, sondern setzt fest, dass außer den drei Burgen keine weiteren gebaut werden sollen. Der nächste Vertrag, der die Tielenburg nennt, ist der Teilungsvertrag zwischen den Brüdern Herzog Gerhard II. von Schleswig (als Graf von Holstein-Rendsburg: Gerhard VI.), Graf Albrecht II. von Holstein-Kiel und Heinrich III. von Holstein-Rendsburg vom 28. August 1397. Hier wird die Burg neben den Vogteien Segeberg, Neustadt und Rendsburg sowie Teilen Ostholsteins Heinrich III. gegeben.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts erscheint die Burg eher im Lichte bewaffneter Auseinandersetzungen. In den Jahren 1403 und 1404 führten Herzog Gerhard II. und sein Bruder Graf Albrecht II. eine groß angelegte Fehdekampagne gegen das Land Dithmarschen, in deren Kontext auch die Marienburg errichtet wurde. Hier berichtet der Presbyter Bremensis zum Jahr 1403, dass die Fürsten die Burg Hanerau für den Kampf gegen die Dithmarscher Bauern verstärkten und die Burgen Schwabstedt und Tielenburg nutzten, um die Dithmarscher zu bedrängen. Über die weitere Rolle der Burg in der Fehde mit dem Land Dithmarschen ist nichts berichtet. Der Konflikt endete mit dem Tod der beiden Fürsten. 1403 starb Graf Albrecht II. nach einem Sturz vom Pferd und 1404 fiel Herzog Gerhard II. bei der Schlacht gegen die Dithmarscher in der Süderhamme.

Wie die folgenden Jahre zeigen, konnte die Burg, deren Eigentümer die Holstenfürsten waren, auch gegen diese eingesetzt werden, wenn die akutelle Burgherr ihnen nicht wohlgesonnen war. Von einem solchen Fall berichtet der Presbyter Bremensis zum Jahr 1414 als der Knappe Otto Schinkel als Hauptmann oder Vogt auf der Tielenburg saß. Zu dieser Zeit standen Graf Heinrich IV. von Holstein-Rendsburg und seine Mutter Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg, die Witwe des vorgenannten Herzogs Gerhard II., mit dem dänischen König Erich VII. von Dänemark in Konflikt. Otto Schinkel soll Frieden und Freundschaft mit dem Grafen und der Herzogin gebrochen und zahlreiche Kirchspiele beraubt haben, wobei er die Tielenburg als Ausgangsbasis nutze. Hierbei sollen ihn die Dithmarscher unterstützt haben und die Beute sei in Dithmarschen verkauft worden sein. Im selben Jahr zog der Graf, ausgestattet mit Kanonen oder kleinerer Artillerie, in das Eidertal. Otto Schinkel wurde auf der Burg von seinen Dithmarscher Verbündeten unterstützt. Ob es zu einer Belagerung kam, ist nicht überliefert. Der Presbyter Bremensis berichtet lediglich, dass der Graf seinen abtrünnigen Gefolgsmann von der Burg verjagte und dieser nach Rostock in das dortige Kartäuserkloster Marienehe geflohen sei.

Im Sommer des Jahres 1460 kam es erneut zu Gewalttaten im Umfeld der Burg. Zu dieser Zeit war Hinrich Reventlow Amtmann auf der Tielenburg und die Dithmarscher sowie auch Holsteiner beanspruchten eine nahe der Burg gelegene Wiese. Als die Dithmarscher in diesem Jahr auszogen, um die Wiese zu mähen, ritt der Burgherr mit seinen Knechten heran und wollte sie davon abhalten. Daraufhin erschlugen die Dithmarscher ihn und einen seiner Knechte, woraufhin der Rest seiner Truppe die Flucht ergriff. Danach sollen die Bauern den Amtmann in Stücke geschlagen haben. Ein Jahr später ist ein Vorfall auf der Segeberger Heide überliefert, bei dem Detleff Reventlow, der Sohn des Erschlagenen, und Hinrich Breide zwei Dithmarscher gefangen und von ihnen 1.000 Mark lübisch nahmen. Als Grund gaben die Täter ihre Rache für Hinrich Reventlow an. Ob es sich um die Totschläger des Amtmannes handelte, ist jedoch nicht überliefert.

Die Folgezeit war geprägt von wiederholten Verpfändungen und Auslösungen der Burg zwischen unterschiedlichen landesherrlichen, fürstlichen und niederadeligen Akteuren.

Das Ende der Tielenburg steht im Zusammenhang mit dem Eroberungszug des Königs Johann I. von Dänemark und seines Bruders des Herzogs Friedrich I. von Schleswig und Holstein, der am 17. Februar 1500 an der Hemmingstedter Schanze vernichtend scheiterte. Zwei Monate nach dieser Niederlage der fürstlichen Truppen, am 5. April 1500, belagerten die Dithmarscher die Burg und sollen auch bei Hemmingstedt erbeutete Geschütze mit sich geführt haben. Die Belagerung soll drei Tage gedauert haben und mit der völligen Zerstörung der Burg geendet sein. Hiernach brannten die Dithmarscher das Dorf Tielen und die Kirchspiele Erfde und Hademarschen nieder. Die Burg wurde nicht wieder aufgebaut, auch nicht, nachdem Dithmarschen 1559 erobert worden war.

Halvesburg
Die Halvesburg sollte mutmaßlich als Grenzburg an der Nordgrenze Dithmarschens eingesetzt werden, um die Tielenburg von Westen her abzuschirmen. Die Anlage wird lediglich in drei Quellen genannt und konnte bisher nicht lokalisiert werden, weshalb es auch an archäologischen Befunden und baulichen Informationen fehlt.

Die Burg wird erstmals im Friedensvertrag vom 5. März 1341 genannt und erneut im Vertrag vom 4. Juli 1345. Da sie im Friedensvertrag von 1323 noch nicht genannt wurde, wird ihr Baubeginn zwischen 1323 und 1341 anzusetzen sein. In beiden genannten Verträgen aus den 1340er Jahren wird sie neben den sclote Hanrowe und Tylenborch genannt. In Klageakten aus den Jahren 1447 und 1448 zwischen dem Herzog Adolf I. von Schleswig (als Graf von Holstein: Adolf VIII.) und den Dithmarschern heißt es, dass die stede Haluesborch dem Kirchspiel Delve gehöre. Hier ist auch die Rede davon, dass der Herzog versucht habe, die Anlage in den Haluen zu errichten. Diese Ortsangabe konnte bisher nicht näher lokalisiert werden. Es liegen Vermutungen vor, wie dass die Burg in Delve zu suchen sei, da es dort eine Stelle gebe, die „de Borg“, „op de Borg“ oder „um de Borg“ geheißen haben sollen. Die Bezeichnungen scheinen jedoch der dortigen befestigten Wehrkirche in Verbindung gestanden zu haben. Auch wurde versucht, die Halvesburg mittels des Namens Halvesmenkluft aufzufinden. Jedoch konnte gezeigt werden, dass es sich hierbei nicht um eine geographische Bezeichnung, sondern den Namen eines Dithmarscher Geschlechterverbands handelt. Im Projekt des Burgenarchäologens Karl Wilhelm Struve wurde die Anlage im Westteil der Eiderschleife nordöstlich des Dorfes Bergewöhrden bzw. nördlich von Delve vermutet, jedoch konnte eine konkrete Lage nie nachgewiesen werden. Ihr Standort bleibt somit unauffindbar.

Neben der Suche nach dem Standort der Burg ist auch eine zentrale Frage, ob sie jemals fertiggestellt oder auch nur ihr Bau begonnen werden konnte. Nach den Verträgen von 1341 und 1345 entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Halvesburg um eine fertiggestellte und in Benutzung befindliche Burg handelt, wie dies bei der Hanerau und der Tielenburg der Fall war. 1447 schrieb Herzog Adolf I. in den erwähnten Klageakten, dass er hoffe, in der Gegend, die man Halvesberch nennt, doch noch ein slot bauen zu können. Die Dithmarscher antworteten darauf, dass die Stelle mit Gewalt und Unrecht genommen worden sei, der Herzog jedoch die Haluesborch bauen solle. Vor dem Hintergrund der Klageakten entsteht somit vielmehr der Eindruck, dass die Halvesburg um 1341/45 noch nicht gestanden haben kann, sondern vielmehr in Planung gewesen sein wird und dieses Vorhaben noch 100 Jahre später nicht verwirklicht werden konnte. Eine weitere Theorie geht davon aus, dass die Burg zwar kurz vor 1341 fertiggestellt wurde, jedoch nur kurz in Benutzung war und nach 1345 zerstört wurde. Somit solle es sich bei den Äußerungen in den Klageakten von 1447 um die Pläne zur Wiederherstellung der Burg handeln. Da die Anlage in den Berichten zum Fehdezug der Holsteiner gegen Dithmarschen in den Jahren 1403/04, bei dem die Burgen der nördlichen holsteinisch-dithmarsischen Grenzregion miteinbezogen wurden, muss sie auch zwischen 1345 und 1403 nicht fertiggestellt oder in der gleichen Zeit bereits wieder zerstört worden sein.

Auch nach 1447 liegen keine Informationen zu der Halvesburg vor. Sollte sie ohne die Kenntnisnahme der Schriftquellen doch errichtet worden sein, wird sie wohl spätestens im Jahr 1500 mit der Eroberung und Zerstörung der Tielenburg ebenfalls den Dithmarscher Bauern zum Opfer gefallen sein.

(Jens Boye Volquartz, Abteilung für Regionalgeschichte mit Schwerpunkt zur Geschichte Schleswig-Holsteins in Mittelalter und Früher Neuzeit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 2018)

Literatur

Adolfi, Johann (Neocorus) / Dahlmann, Friedrich Christoph (Hrsg.) (1978)
Chronik des Landes Dithmarschen. Kiel.
Jans, Wolfgang (2013)
Die Bedeutung der Tielenburg und Tielenbrücke während der Fehden im Jahr 1500 und 1559. In: Die Bauernglocke 43, S. 29-42. o. O.
Jessen, Willers (1950)
Chronik der Landschaft Stapelholm. Rendsburg.
Jessen, Willers (1938)
Wo lag die Halvesburg? In: Die Heimat 48, S. 73-75. o. O.
Sürig, Gunter (2009)
N 54° 16' 48.432 " Breite und O 9° 20' 26.876 " Länge (Teil 1). In: Die Bauernglocke 35, S. 40-54. o. O.
Volquartz, Jens Boye (o.J.)
Im Spannungsfeld zwischen herrschaftlichem Zugriff und bäuerlicher Selbstbestimmung? Spätmittelalterliche Burgen in Nordfriesland und Dithmarschen. [Dissertation Uni Kiel; in Bearbeitung].

Tielenburg bei Tielenhemme

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Schüttingdeich 18
Ort
25794 Tielenhemme
Fachsicht(en)
Archäologie, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1300 bis 1500

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„Tielenburg bei Tielenhemme”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-288952 (Abgerufen: 18. April 2024)
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