Der Weilburger Schifffahrtstunnel ist der älteste, noch befahrbare Tunnel seiner Art in Deutschland. Er wird heute ausschließlich zur Sportschifffahrt genutzt und steht unter Denkmalschutz.
Gründe für den Tunnelbau Im Zuge der Schiffbarmachung der Lahn wurden insbesondere Mitte des 19. Jahrhunderts viele Wehre und andere schwer schiffbare Stellen der Lahn mithilfe von Schleusen passierbar gemacht. In Weilburg existierten zwei Mühlwehre, das der Kirchhofsmühle und das der Brückenmühle. Diese Wehre durchschnitten die Lahn in nur geringer Entfernung. Gleichzeitig besitzt die Lahn in Weilburg einen geschwungenen Verlauf. Dies führt dazu, dass vor Beginn der Schleife die einzelnen Flussbereiche nur etwas mehr als 300 Meter auseinander liegen. Im Jahre 1838 plante man die Schiffbarmachung der Lahn bei Weilburg. Die Idee des Tunnelbaus keimte schon zu Beginn. Man erhoffte sich deutliche finanzielle Einsparungen im Vergleich zum Schleusenbau. So mussten keine zwei Schleusen gebaut und für diese kein Personal eingestellt werden. Auf An- und Abseilarbeiten der Schiffe an zwei Weilburger Brücken konnte ebenfalls verzichtet werden. Im Vergleich zur Schleusenlösung sollte ein Tunnel außerdem zu geringeren Unterhaltungskosten führen. Die Kosten für zwei Schleusen wurden auf 79.600 Gulden und die der Tunnellösung auf 69.150 Gulden beziffert. Außerdem verkürzte ein Tunnel die zu befahrende Strecke um circa zwei Kilometer. Auf Basis dieser Berechnungen entschied man sich für den Bau eines Tunnels.
Der Durchbruch sollte durch den Mühlberg erfolgen, der die schmalste Stelle der Landzunge bildet. Vor dem Tunnelbau musste der Staat die betroffenen Flächen erwerben und mit den Eigentümern der Grundstücke verhandelt werden, was sich als schwierig herausstellte. Erst 1843 waren die Verhandlungen abgeschlossen. Zum Ausgleich der durch den Tunnel entstehenden Höhendifferenz von 4,64 Metern musste eine Koppelschleuse im Bereich des südlichen Tunnelendes errichtet werden.
Ablauf des Tunnelbaus Der Tunnelbau begann am 7. Oktober 1843 von den beiden späteren Tunneleingängen ausgehend. Jedoch verzögerte er sich, da die angestellten Arbeiter nur unvollständig und teilweise gar nicht auf der Baustelle erschienen. Nach Neueinstellungen und Sanktionen gegen die Belegschaft beschleunigten sich die Arbeiten und Anfang 1844 war hartes Felsgestein erreicht. Zunächst wurde geplant, den Tunnel nicht auszumauern, sondern die Wände roh zu belassen. Ein Gutachten stellte jedoch eine erhebliche Brüchigkeit des Gesteins fest, was eine vollständige Ausmauerung des Tunnels erforderte. Für die Wölbsteine des Weilburger Schiffstunnels wurde „in Platten brechender Kalkstein“ eines Steinbruchs am Löhnberger Weg in Weilburg verwandt. Weitere Mauersteine wurden im Gemeindewald der Gemarkung Waldhausen auf Höhe des Brückenkopfs der heutigen Ahäuser Brücke gewonnen (Steinbruch am „Gebrannten Berg“). Der Bau ging zügig voran, allerdings forderte herabfallendes Gestein am 11. Mai 1846 ein Todesopfer. Die Arbeiten schritten von da an nur langsam fort, da das Gestein mit Vortrieb des Tunnels immer brüchiger wurde und zusätzlich der Tunnel umgehend verkleidet werden musste. Zusätzlich konnte nur tagsüber gebaut werden und im Winter versuchte man durch eine Feuerung die Temperatur im Tunnel auf 5°C zu halten und damit die Arbeiten fortzusetzen. Der Tunnelbau endete Mitte Juli 1847 erfolgreich. Er ist mit Ziegelsteinen und Backstein ausgemauert und mit Zement verkleidet, außerdem ist die Sohle ausgekleidet. Er hat eine Länge von 195,26 Metern, ist 5,6 Meter breit, 6,3 Meter hoch, die Wassertiefe beträgt 1,75 Meter.
Anschließend errichteten die Arbeiter die Koppelschleuse, die aus Platzgründen einige Meter in den Tunnel hineinragt. Außerdem baute man die aus Lahnmarmor bestehenden Tunnelportale an beide Eingänge. Beteiligt waren dabei unter anderem der aus Villmar stammende Steinmetzmeister (Marmorierer) Johann Peter Leonhard (1793-1873) und seine Söhne. Am Nordportal wurde folgende, lateinische Inschrift angebracht: „ADOLPHUS DUX NASSOVIAE MONTIS JUGUM PERFOSSUM NAVIBUS APERUIT A.D. MDCCCXLVII“ (deutsch: Adolf Herzog von Nassau hat den Rücken des Berges durchstochen und den Schiffen geöffnet. Anno Domini 1847). Das Südtor erhielt die deutschsprachige Inschrift „Adolph Herzog zu Nassau – der Schifffahrt 1847“. Ursprünglich war die Anbringung eines Textes geplant, der den Bürgern als eigentliche Tunnelerbauer huldigen sollte. Dieser wurde aber verworfen. Am 18. September 1847 konnte erstmals Wasser durch den Tunnel in die Schleuse laufen, die Eröffnung erfolgte im September 1847. Die ursprünglich veranschlagten Kosten von 69.150 Gulden wurden durch die teils erheblichen Schwierigkeiten beim Bau übertroffen und lagen nach Abschluss der Arbeiten bei 182.575 Gulden.
Die wirtschaftliche Bedeutung des Schifffahrtstunnels Weilburg war gering und nur von kurzer Dauer. Bereits 1857 begann der Bau der Lahntalbahn und 1863 war Wetzlar erreicht. Dies läutete den Niedergang der Transportschifffahrt auf der Lahn ein. Spätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird der Tunnel ausschließlich zur Sportschifffahrt genutzt.
Lahn-Marmor-Route Dieses Objekt ist Teil der Lahn-Marmor-Route von Wetzlar nach Balduinstein.
(Jörn Schultheiß, hessenARCHÄOLOGIE, 2017; Rudolf Conrads, Lahnmarmor Museum, 2021)
Internet de.wikipedia.org: Weilburger Schifffahrtstunnel (abgerufen 16.03.2017) denkxweb.denkmalpflege-hessen.de: DenkXweb - Weilburger Schifffahrtstunnel (abgerufen 16.03.2017) heimatforschung-villmar.de: Johann-Peter Leonhard (abgerufen 06.07.2021) lgb-rlp.de: Rohstoffgeologische Untersuchungen an Lahnmarmor (abgerufen 06.07.2021) weilburg-lahn.info: Schifffahrtstunnel und Wasserreservoire - Historische Wasserbauten in Weilburg (abgerufen 16.03.2017)
Literatur
Eckoldt, Martin (1979)
Die Geschichte der Lahn als Wasserstraße. In: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, S. 99-123. Wiesbaden.
Lehmann, Falko (1994)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Landkreis Limburg-Weilburg II. Mengerskirchen bis Weinbach. Wiesbaden.
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