Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben

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Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Teuchern
Kreis(e): Burgenlandkreis
Bundesland: Sachsen-Anhalt
Koordinate WGS84 51° 06′ 37,58″ N: 12° 04′ 32,46″ O 51,11044°N: 12,07568°O
Koordinate UTM 33.295.308,06 m: 5.666.173,60 m
Koordinate Gauss/Krüger 4.505.405,52 m: 5.663.932,57 m
  • Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben - Blick vom Schornstein des Kraftwerks nach Süden über das Gelände des Industriekomplexes Deuben

    Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben - Blick vom Schornstein des Kraftwerks nach Süden über das Gelände des Industriekomplexes Deuben

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  • Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben - Blick von Westen auf Kraftwerk und Zentralaufbereitung

    Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben - Blick von Westen auf Kraftwerk und Zentralaufbereitung

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Der ehemalige Veredlungskomplex Deuben, ein Verbundsystem aus Kraftwerk und Veredelungsanlagen, war ein stark vernetzter und bedeutender Standort der Braunkohleaufbereitung, -veredlung und -verstromung. Die Ortschaft Deuben mit den ehemals drei Standorten „Marie“, „von Voß“ und „Deuben“ (mit allein drei Brikettfabriken) war ein Zentrum der Braunkohlenindustrie im Zeitz-Weißenfelser Revier und darüber hinaus. Der die Ortslage dominierende Komplex trieb die industrielle Entwicklung der ursprünglich landwirtschaftlich geprägten Umgebung voran. Mit dem Werk entstandenen in der angeschlossenen Ortslage Sozialstrukturen wie die Bergarbeiterkirche mit Friedhof und Trauerhalle, eine Schule, Siedlungs- und Mehrfamilienhäuser, ein Kulturhaus sowie der Bahnhof.
Die Entwicklung des Standortes beginnt 1872 mit Inbetriebnahme der Grube „Naumburg“ durch die Naumburger Braunkohlen AG. Diese Grube (1872–1926) ist bis heute auf dem Werksgelände archäologisch (z.B. durch erhaltene Fundamente) fassbar. Ab 1873 förderte sie im Tiefbauverfahren Braunkohle. Die dadurch entstandenen Bruchfelder (44501006) sind noch wahrnehmbar, ebenso die Aschekippe (44501007). Bauliche Zeugnisse dieser Zeit sind Abschnitte des Verwaltungsgebäudes von 1890 sowie ein Gebäude im Bereich der Lehrwerkstatt. 1895 war „Naumburg“ bereits der größte Produktionsstandort für Nasspresssteine im Oberbergamtsbezirk. Mit dem Einstieg in die Pressung von Briketts und dem Bau einer ersten Brikettfabrik 1899/1900 („Naumburg I“) wurde die Grube zusammen mit Grube „Kamerad“ mit erheblichen Fördermengen, Nasspressstein- und Brikettproduktion bis 1908 zum führenden Betrieb im Zeitz-Weißenfelser Revier. 1911 erwarb die A. Riebecksche Montanwerke AG durch Übernahme der Naumburger Braunkohlen AG das Areal, 1926 erfolgte die Eingliederung in die IG-Farben. Das Gelände wurde zwischen 1936 und 1940 mit Errichtung einer dritten Brikettfabrik sowie einer Ringpressenanlage, einer Schwelerei, eines Kraftwerkskomplexes, von Kohlebunkeranlagen, Sozial,- Lager- und Werkstattgebäuden sowie großräumigen Infrastrukturen umfassend für die großmaßstäbliche Veredelung von Braunkohle ausgebaut. Ziel war die Lieferung von Schwelereiprodukten an die Hydrierwerke der BRABAG zur Weiterverarbeitung zu kriegswichtigen Rohstoffen. Der Komplex ist damit Zeugnis der Autarkiebestrebungen und beginnenden Kriegsvorbereitungen der 1930er Jahre. Zu DDR-Zeiten erfolgte die Umbenennung in VEB Braunkohlenwerk „Erich Weinert“ Deuben, später im Zuge der Kombinatsbildung wurde der Komplex dem VEB BKK Bitterfeld unterstellt. Während dieser Zeit wurden innerhalb des Kraftwerkbetriebs Inhaftierte der JVA Naumburg eingesetzt. 1990 wurde der Standort an die MIBRAG mbH übergeben. Vom Gebäudebestand der 1930er Jahre sind bis auf die als Reparationszahlung 1945 abgebaute Ringpressenanlage und die 1990 außer Betrieb gegangene und 1993 in weiten Teilen abgerissene Schwelerei alle wesentlichen Bereiche bis heute erhalten geblieben. Die mechanische Veredelung zu Briketts sowie die energetische Nutzung des Rohstoffes Kohle sind am Standort gut ablesbar- viele Elemente der technischen Ausstattung waren von der Inbetriebnahme bis zur Stilllegung in Nutzung, darunter das bis zur Stilllegung am 07.12.2021 älteste betriebene Braunkohlekraftwerk in Deutschland mit einer Turbine von 1940, die über 80 Jahre dauerhaft in Betrieb war. Am Standort existiert ebenfalls die letzte, bis zur Stilllegung 2018 mit Dampf betriebene Brikettfabrik dieser Dimension in Deutschland mit Pressen aus der 1930er Jahren.
Während der Ausbau- und Zentralisierungsphase Mitte der 1930er Jahre entstanden die zentralen Anlagen des Komplexes mit dem bis heute prägenden Gebäudebestand. Die Produktionsbereiche der in auf das technisch notwendige Tragwerk reduzierten Stahlskelettbauweise (im Wesentlichen: Zentralaufbereitung mit Bunkern und Bandanlagen, Kraftwerk, elektrische Energieerzeugung sowie Brikettfabrik) zeugen vom Weiterleben der baukünstlerischen Gestaltungsideale der 1920er Jahre im funktionalistischen Bereich der Industriebauten und sind eine Dokumentation der technischen Möglichkeiten der Zeit. Zusammen mit den neoklassizistisch geprägten, repräsentativen Sozialbereichen entstand ein deutschlandweit einzigartiges Ensemble im Geiste der Klassischen Moderne. Die ergänzenden Erweiterungsbauten der 1980er bis 2010er Jahre, darunter die Messwarten, die REA Rauchgasentschwefelung, die Anlagen zur Additivbrikettherstellung sowie die Klärschlammverbrennung zeigen außerdem anschaulich den bis zur Stilllegung am 7.12.2021 zuletzt betriebenen Funktionszusammenhang des Veredlungskomplexes. Sie sind daher ein wichtiges Zeugnis der technologischen und wirtschaftlichen Weiterentwicklungen im Bereich der Braunkohleveredlung und -verstromung, sowie der Anpassung an Belange des Umweltschutzes.
Auffällige Leerstellen in der jüngeren Bebauung des 20. Jahrhunderts zeigen, dass der Veredelungsstandort Deuben nicht auf freiem Feld entworfen werden konnte, sondern in den Standort der Grube Naumburg mit ihren Bestandsbauten, setzungsgefährdeten Bruchfeldern und Gleisanlagen eingepasst werden musste. Auch der räumliche Wandel der Haupterschließung lässt die Entwicklung des Geländes nachvollziehen. Der Standort Grube „Naumburg“ wurde von Norden erschlossen, mit der Erweiterung der 1920er/1930er Jahre wurde das Werkstor an die westliche Seite verlegt. Nach Umbau, Erweiterungen und Neubau von Wache und Waage in den 1990er Jahren wanderte die Erschließung schließlich auf die östliche Seite.
Die gesamte, in großer Vollständigkeit erhaltene industrielle Anlage ist innerhalb Deutschlands ein einmaliges Zeugnis der Braunkohleveredlung und der Verbundwirtschaft innerhalb der Braunkohleindustrie. Da die nahegelegenen Standorte „Marie“ (später Deuben II) und „von Voss“ wurden in den 1990er Jahren weitflächig beräumt wurden, ist der Komplex in seiner Gesamtheit das letzte Zeugnis der bedeutsamen Braunkohlenindustrie innerhalb des Ortes und im Zeitz-Weißenfelser Revier.

Datierung:
  • 1872 - 2021
  • Bauphase(n): 1872, um 1900, 1936, 1945, 1993, 1990er-2010er Jahre

Quellen/Literaturangaben:
  • Sächsisches Wirtschaftsarchiv, Bestand U180, Akte 603.
  • Berkner, Andreas/ Kulturstiftung Hohenmölsen e.V.(Hrsg.): Bergbau und Umsiedlungen im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier, Markkleeberg 2022
  • Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (Hrsg.): Spektrum im Dezember 2003. Deubener Extra-Blätter, Deuben 2003 (unveröffentlichte, werksinterne Publikation)
  • Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (Hrsg.): Spektrum im Juni 1997. Deubener Extra-Blätter, Deuben 1997 (unveröffentlichte, werksinterne Publikation)
  • Otfried Wagenbreth, Die Braunkohlenindustrie in Mitteldeutschland. Geologie, Geschichte, Sachzeugen. Markkleeberg 2011.

BKM-Nummer: 44000784

Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben

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Teuchern
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Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
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„Gesamtstandort Veredlungskomplex Deuben”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-44000784 (Abgerufen: 4. Mai 2025)
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