Die seit Ende der 1850er Jahre am Südhang der Villa bei Liblar geplante Grube Donatus erlebte erst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts aufgrund technischer Innovationen einen enormen Aufschwung. Innerhalb kurzer Zeit entstanden drei Brikettfabriken; die seit 1875 existierende Bahnverbindung über Brühl erleichterte den Absatz. Für die Stammbelegschaft, die von den mitteldeutschen Betreibern sicher auch teilweise mitgebracht wurde, begann man um 1898 mit dem Bau einer umfangreichen Werkssiedlung unter dem Namen „Donatusdorf“, die auch in der Selbstdarstellung der Firma einen festen Platz einnahm. Offizieller Bauträger war eine gemeinnützige Baugesellschaft. In einem ersten Bauabschnitt entstanden Doppelhäuser mit insgesamt 92 Etagenwohnungen. An der benachbarten Heidebrecht-Straße ergänzten Reihenhäuser den Bestand. Das „Donatusdorf“ Oberliblar bildet mit der zugehörigen evangelischen Kirche die umfangreichste erhaltene frühe Werkssiedlung des Braunkohlenbergbaus.
Beschreibung:
Der Wohnungsbestand der Grube Donatus bildete mehrere Schwerpunkte innerhalb der Bebauung des Stadtteils Oberliblar, bis 1920 offiziell auch als Donatusdorf bezeichnet. Als erstes entstand um 1898 bis 1900 die „Kolonie“ beiderseits der Donatusstraße, bestehend aus einer geraden Zeile von Doppelhäusern auf der Südseite der Straße und insgesamt drei Stichstraßen mit weiteren Doppel- und Einzelhäusern; am Ostende befindet sich ein großes Vierviertelhaus. Die Donatusstraße mündet rechtwinklig in die parallel zur Bahnstrecke verlaufende Heidebroichstraße, in deren private Bebauung an der Ostseite eine Reihenhauszeile eingefügt ist; 1925/26 wurde die Friedenskirche mit Unterstützung der Firmen errichtet. Oberliblar bietet mit seinen beiden Werkssiedlungen einen guten Querschnitt durch die Entwicklung charakteristischer architektonischer und städtebaulicher Typen.
Datierung:
- 1898 bis 1904, Friedenskirche: 1925/26
Literatur:
- Stübben, Josef; Rheinischer Verein zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens (Hg.): Festschrift des Rheinischen Vereins zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens aus Anlaß des VI. Internationalen Wohnkongresses Düsseldorf 1902 und der Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung zu Düsseldorf 1902, Bd. 2: Ausgeführte Arbeiter-Wohnhäuser der gemeinnützigen Bauvereine, der Stiftungen und Gemeinden in der Rheinprovinz, Köln 1902
- Siebert, Josef Bernhard: Die Lage der Arbeiterschaft in der Rheinischen Braunkohlenindustrie (Diss.); Bonn 1910
- Interessengemeinschaft 850 Jahre Liblar (Hg.): Liblar 1150-2000, Erftstadt 1999
- Bormann, Cornelius: Liblar oder: über den Wagemut, in: Jahrbuch der Stadt Erftstadt 2005, S. 5-18, Erftstadt 2005
- Kleinebeckel, Arno: Rheinische Braunkohlenwerke Aktiengesellschaft (Hrsg.). Köln 1986
- Schüler, Volker / Coenen, Manfred: Die Brikettfabrik Donatus 1890–1959. In: Documenta Berchemensis Historica, Bd. 5. Frechen 2004
- Buschmann, Walter / Gilson, Norbert / Rinn, Barbara: Braunkohlenbergbau im Rheinland (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes). Worms 2008
- Bartsch, Frank / Hoffsümmer, Dieter / Stommel, Hanna: Denkmäler in Erftstadt. (Loseblattsammlung). Erftstadt 1998/2000
(Dr. Alexander Kierdorf, 2022)
BKM-Nummer: 20507000