Bewahrungshaus in Düren

„Erstes Rheinisches Bewahrungshaus für kriminelle männliche Geisteskranke“, später Haus 5 der LVR-Klinik Düren

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Düren
Kreis(e): Düren
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 49′ 1,53″ N: 6° 29′ 7,3″ O 50,81709°N: 6,48536°O
Koordinate UTM 32.322.867,41 m: 5.632.498,93 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.534.248,81 m: 5.631.410,98 m
  • Pychiatriegeschichtliches Dokumentationszentrum Düren (2012)

    Pychiatriegeschichtliches Dokumentationszentrum Düren (2012)

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  • Haus 5 auf dem Gelände der LVR-Klinik Düren, das vormalige "Bewahrungshaus" (2015).

    Haus 5 auf dem Gelände der LVR-Klinik Düren, das vormalige "Bewahrungshaus" (2015).

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Der 40. Provinzial-Landtag beschloss im März 1897, 8,5 Mio. Mark für eine menschlichere und freiere Behandlung in den Heil- und Pflegeanstalten der Rheinprovinz bereitzustellen. Neben dem Abriss der Mauern und der Modernisierung der Krankengebäude in den Anstalten Andernach, Grafenberg, Merzig, Düren und Bonn wurde in Galkhausen (heute Langenfeld) eine neue Anstalt nach dem System der offenen Türen geplant und im Jahr 1900 bezogen.
Zum gleichen Zeitpunkt wurde das Bewahrungshaus für männliche „irre“ Verbrecher in Düren eröffnet. Der Bau eines „festen Hauses“ für die besonders zu sichernden psychisch kranken Rechtsbrecher war Voraussetzung für die Liberalisierung der Psychiatrie im Rheinland zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

In seiner Architektur im Stil des Historismus lehnt sich dieses Haus an die in der Dürener Region typischen Bauten der Jahrhundertwende an. Eine bewusste Ähnlichkeit mit Fabrikgebäuden der Zeit ist deutlich am Treppenturm und den vielen Fensterachsen sowie dem Baumaterial erkennbar. Es ist ein dreiflügeliger Bau aus rotem Backstein mit Zierlagen aus gelben Steinen und Fensterbänken aus Sandstein. Im Inneren zeigt sich dank einer modernen Eisenstützkonstruktion ein großzügiger offener Mittelbau mit den Zellentrakten in den Seitenflügeln.

Geplant für 48 Patienten, wurde die Aufnahmekapazität schon bald überschritten, so dass in den 1920er Jahren in Brauweiler und Bedburg-Hau ebenfalls Bewahrungshäuser errichtet wurden. Ab 1935 wurden zunehmend Regimegegner, die vorher wegen ihrer politischen Auffassung oder Kriegsverweigerung als renitent und aufsässig galten und in Wehrmachtsgefängnissen einsaßen, durch die Aufnahme ins Bewahrungshaus der Heil- und Pflegeanstalt Düren ohne gesetzliche Grundlage „psychiatrisiert“.
Anfang 1940 wurden alle Bewohner nach Waldheim in Sachsen verlegt und schließlich im Zuge der „Euthanasie-Maßnahmen“ ermordet. Nur ein Insasse konnte seinen Mördern entkommen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bewahrungshaus wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt. Die Belegungszahl stieg an, Anfang der 1960er Jahre wurden mehr als 100 Patienten (statt 48) behandelt. Massenschlafsäle, sanitäre Anlagen ohne Schutz der Intimsphäre und unzureichende therapeutische Angebote führten dazu, dass der Landschaftsverband Rheinland öffentlich auf diese Missstände hinwies und einen Neubau für die psychisch kranken Rechtsbrecher forderte. 1986 konnte die neue forensische Abteilung bezogen werden.
Sie unterscheidet sich grundsätzlich von dem alten Bewahrungshaus: Statt mit Gefängnismauern und Gittern offenkundig einzusperren wurde hier eine aufgelockerte Bauweise in einer dörflichen Anlage mit Therapiehäusern geschaffen, in denen die Patienten in Achtergruppen leben und therapiert werden.

Baudenkmal
Das Bewahrungshaus wurde unter Denkmalschutz gestellt und dem Psychiatriegeschichtlichen Dokumentationszentrum (PDZ) zur Verfügung gestellt.
Die Denkmalbeschreibung lautet (Eintrag vom 05.03.1987, lfd. Nr. 1-1g, zitiert nach www.limburg-bernd.de):
„Haus 5, ehem. Bewahrungshaus, erbaut 1900. Dreiflügeliger Backsteinbau, zweigeschossig; dreigeschossiger Mittelrisalit mit vorgezogenem viergeschossigem Treppenhausturm; rote Backsteinfassade mit gelben Backsteinzierlagen; 19 zu 7 Fensterachsen, zum Teil Stichbogen – zumTeil Rundbogenfenster; Stockgesims als Konsolenfries, Traufgesims als Rundbogenfries; Flachdach mit großem Dachüberstand auf sichtbarenprofilierten Balkenköpfen.“

(Erhard Knauer, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2014)

Wege zum LVR – Anfahrt inklusiv: LVR-Klinik Düren

Internet
www.rheinische-geschichte.lvr.de: „Euthanasie“ und Zwangssterilisierungen im Rheinland (1933–1945) (Text Ralf Forsbach, abgerufen 08.11.2018)
www.limburg-bernd.de: Denkmale in der Stadt Düren, Haus 5 Bewahrungshaus Rheinische Landesklinik in Düren (abgerufen 16.09.2019)
de.wikipedia.org: Haus 5 (LVR-Klinik Düren) (abgerufen 06.07.2022)

Literatur

Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V. (Hrsg.) (2013)
Rheinland: Denkmal, Landschaft, Natur - 2014. (Jahreskalender 2014, 43. Jahrgang.) Köln.

Bewahrungshaus in Düren

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Meckerstraße
Ort
52353 Düren
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Denkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1900

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Empfohlene Zitierweise
„Bewahrungshaus in Düren”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-104580-20141002-2 (Abgerufen: 25. April 2024)
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