Elwetritsche in der Pfalz

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Fachsicht(en): Landeskunde
  • Marktbrunnen-Elwetrische in Neustadt an der Weinstraße (2024)

    Marktbrunnen-Elwetrische in Neustadt an der Weinstraße (2024)

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  • Urzeit-Elwetritsche in Dahn (2024)

    Urzeit-Elwetritsche in Dahn (2024)

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  • Schwimm-Elwetritsche beim Elwetritsche-Rennen  (2023)

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Elwetritsche (auch Elwedritsche, Elwetrittsche, Ilwedritsche, Elbedritsche) sind die fantastische Tierwesen. Man kennt sie vornehmlich in der Region der heutigen Pfalz und der Kurpfalz rechts des Rheins sowie in Pennylsvania, wohin im 18. Jahrhundert Pfälzerinnen und Pfälzer ausgewandert sind.

Name
Historisches
Sage
Darstellungen
Kult

Name
Der Name Elwetritsch leitet sich zum einen von den Elfen oder Elben ab, die zur germanischen Mythologie gehörenden Waldgeister. Der zweite Wortteil kann mehrere Wurzeln haben. Bei „Tritt“ liegt die Verbindung zum Hahnentritt nahe, womit in der Biologie die Begattung einer Henne durch einen Hahn und deren im Ei erkennbaren Ergebnis gemeint ist. Ein Elbentritt würde daher die Kreuzung zwischen Tier und Elfe als Ursprung der Elwetritsche meinen (Landgraf, Duden 111). Überliefert ist auch die Vorstellung, dass der Tritt einer Elfe verrückt machen könne.

Historisches
Das Phänomen der phantastischen Tierwesen gibt es weltweit. Historisch sind seit der Antike solche Wesen bekannt, beispielsweise die ägyptische Sphinx. Verwandt mit der Darstellung der Pfälzischen Elwetritsche-Königin in Neustadt an der Weinstraße sind Abbildungen der altgriechischen Harpyie mit Vogelkörper und menschlichem Kopf. Auch Darstellung des asiatischen Garuda, die heute noch an hinduistischen und buddhistischen Tempeln angebracht sind und diese von bösen Mächten schützen sollen, erinnern an das Motiv. Im Mittelalter ist in Europa der mythische Vogel Greif belegt. Manche der an mittelalterlichen Kirchen angebrachten Wasserspeier, im Englischen Gargoyle und im Französischen Gargouille genannt, stellen ebenfalls fantastische Tierwesen aller Art dar, so auch Vogelwesen. Deren Zweck war, durch ihr dämonenhaftes Aussehen böse Kräfte von einer Kirche fernzuhalten und zu schützen (Landgraf Elwetritsche 2023, 21.45). Mit protestantischen Auswanderern aus der Pfalz kam um 1708 das Motiv der Elwetritsche auch nach Pennsylvania, wo wohl die ursprüngliche Bedeutung der Darstellung erkennbar ist. Wie die Wasserspeier an mittelalterlichen Kirchen sollen heute noch auf Scheunen angebrachte „Elbetritsche“, wie dort deren Name ist, die darin gelagerte Ernte schützen. Den Stellenwert der Elwetrisch bei den Pennsylvania-Deutschen zeigt, dass 1892 eine Auswandererzeitung in den USA „Es Elbetritsch“ hieß. Eine der ersten Erwähnungen in der deutschen Literatur findet sich bei Victor von Scheffel, der regelmäßig bei seinem Verleger Eduard Witter am Neustadter Marktplatz im dortigen Scheffelhaus übernachtete. Im Roman Ekkehard aus dem Jahr 1855 erwähnt er einen „Elbentrötsch“. 1922 erschien der Gedichtband „Die Elwetrittchejagd“ von Eugen Fried, worin auch eine Zeichnung von Max Slevogt zu finden ist, die ein Vogelwesen darstellt.

Sage
Eine verbreitete Sage von den Elwetritschen beschreibt, dass bei einem großen Gewitter Hühner, Gänse und Enten am Haardtrand in den Wald liefen und nicht mehr zurückfanden. Tief im Wald trafen sie auf mystische Wesen wie Elfen, Kobolde und Wichtel, mit denen sie eine Verbindung eingingen, aus denen dann die Elwetritsche entstanden sind. Diese Sage wird in vielen Variationen mit unterschiedlichen Lokalitäten in der Pfalz erzählt (Landgraf / Webelow 4-12).

Darstellungen
Das Fabelwesen wird als eine Kreuzung aus einem Tier und einem mystischen Wesen dargestellt. In den meisten Darstellungen ist ein Vogelwesen zu erkennen, aber auch beispielsweise Otter und Waldtiere. Viele Künstler in der Pfalz haben Elwetritsche dargestellt, allen voran Barbara und Gernot Rumpf aus Lachen-Speyerdorf. Am 1978 entstandenen Neustadter Elwetritschebrunnen erkennt man die stolze Elwetritsche-Königin, viele skurrile Elwetritsche-Darstellungen als Mischwesen mit unterschiedlichen Tieren als Basis sowie streitlustige Kampf-Elwetritsche mit ihren scharfen Zähnen, die an die ursprüngliche Abschreck-Funktion der Elwetritsche erinnern. Dargestellt ist dort auch die Elwetritsche-Jagd sowie ein Elwetritsche-Nest. Eine Figurengruppe in der angrenzenden Laustergasse stellt seit 2022 die Entwicklungsgeschichte der Fabelwesen dar. Am Marktplatz wacht eine Elwetritsch über die Kommunalpolitik und hat das Amtszimmer des Oberbürgermeisters im Blick. Bei den Rumpfschen Figuren hat man Eindruck, dass die beobachtenden Menschen zu Beobachteten werden, denn die Stilaugen der Fabelwesen scheinen die Betrachtenden allezeit zu fixieren. Von Gernot und Barbara Rumpf geschaffene Brunnen mit Elwetretritsche-Motiven gibt es auch in Landstuhl, in Otterstadt mit dem Motiv der Ottertritschen, in Friedelsheim mit Apfel- und Nuss-Elwetritschen und in Hayna mit Tabak-Elwetritschen. Auch in Wernigerode, der Partnerstadt von Neustadt an der Weinstraße, sind mehrere Elwetritsche-Bronzefiguren zu sehen.

Kult
Heute gibt es in der Pfalz einen Kult rund um die Elwetritsch. Seit 1982 existiert in Landau ein Elwettritsche-Verein, ein Elwetritsche-Museum in Speyer ist derzeit geschlossen. Viele Gaststätten sind nach dem Fabelwesen benannt. Elwetritsche werden im Pfalzmuseum für Naturkunde im Bad-Dürkheimer Ortsteil Grethen sowie im Landauer Zoo ausgestellt. Ein Hochleistungsrechner an der Rheinland-Pfälzischen Universität Kaiserslautern trägt den Namen Elwetritsch, wie auch ein Kräuterlikör und ein Senf.
Neben den in der Pfalz öffentlich zugänglichen Bronze-Figuren und Brunnen aus dem Hause Rupp gibt es Künstler, die Elwetritsche vielfach in Keramik umgesetzt haben, so Walter Rupp in Frankental und Ingrid Zinkgraf in Leinsweiler. Eine Plastik-Elwetritsch war ab 1985 das Maskottchen der Brauerei Bischoff in Winnweiler. In der Tourist-Information Neustadt an der Weinstraße gibt es Plüsch-Elwetritschen und in regionale Comics werden Elwetritsche ebenfalls abgebildet. Eine Reihe von Krimis drehen sich um die Elwetritsch und die Reihe „Elwenfels“ von Britta und Christan Habekost erinnert im Titel an das Fabelwesen.
In und um Dahn gibt es einen rund zehn Kilometer langen Elwetritscheweg. Er beginnt im Kurpark Dahn beim Haus des Gastes, wo ein Elwetritsche-Denkmal zwei Urzeit-Elwetritschen mit drei Zehen zeigt. Sieben Schautafeln führen in das Leben und die Eigenschaften der Elwetritsche ein. Bei der letzten Schautafel beginnt der Wanderweg.
An vielen Orten in der Pfalz wird die Elwetritsche-Jagd angeboten und durchgeführt. Dabei erhalten Jägerinnen und Jäger einen Stock und bekommen von einem Tritschologen oder einer Tritschologin Hintergründe über die Elwetritsche erklärt. Ein Fänger oder eine Fängerin mit Kartoffelsack und Laterne fängt die von den Jägerinnen und Jägern aufgescheuchten Elwetritschen im Kartoffelsack ein. Ein beliebter Jagdruf ist „Tritsch-Tritsch“ mit der Antwort „Ui-Ui-Ui.“ Am Ende erhalten die Jägerinnen und Jäger eine Jagdurkunde. Seit 2023 gibt es ein Elwetritsche-Schwimm-Wettrennen in Neustadt an der Weinstraße. 1.111 schwimmfähige Elwetritsche, für die man Rennlizenzen erwerben kann, werden für einen gemeinnützigen Zweck im Rahmen eines Volksfestes am Speyerbach zu Wasser gelassen.

(Michael Landgraf, Neustadt an der Weinstraße, 2024)

Literatur

Landgraf, Michael (2024)
Pfälzisch. Duden-Verlag. Berlin.
Landgraf, Michael (2023)
Die fabelhafte Welt der Elwetritsche. Edition NeaPolis. Neustadt an der Weinstraße.
Landgraf, Michael; Werbelow, Wulf (2014)
Elwetritsche. Mit Illustrationen von Steffen Boiselle. Neustadt an der Weinstraße.
Rupp, Walter (1997)
Illustriertes Elwedritsche-Lexikon. Ludwigshafen.

Elwetritsche in der Pfalz

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Michael Landgraf, „Elwetritsche in der Pfalz”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-346028 (Abgerufen: 20. Mai 2024)
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