Pfälzisch und Pfälzer Dialekte

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Fachsicht(en): Landeskunde
Pfälzisch ist eine deutsche Mundart, die der rheinfränkischen Sprachgruppe angehört. Innerhalb der Grenzen der heute als Pfalz definierten Region gibt es die Dialektvarianten Ost-, West-, Nord-, Süd- und Südwestpfälzisch, außerhalb gibt es das Saarpfälzische (Saarland) und das Kurpfälzische (Nordbaden, Südhessen). Da Nordelsässisch und Rheinhessisch ebenfalls zum Rheinfränkischen gehören, gibt es eine Nähe zu diesen Mundarten (Landgraf DUDEN S. 35f.; Post Sprachkultur 15ff.). Daraus erwachsene Dialekte werden bei Nachfahren von Auswanderern in Nord- und Südamerika gesprochen. Je nach Zählung kommt man so auf eine Zahl von rund einer bis drei Millionen Sprecherinnen und Sprechern eines pfälzischen Dialekts weltweit.

Der Name Pfälzisch
Der Name wurzelt im Wort „Pfalz“, das sich vom Palatin, einem der sieben Hügel Roms als Sitz des Kaisers ableitet. Im Alt- und Mittelhochdeutschen wurde er für eine temporäre Residenz des Königs verwendet sowie für die Palatine als royale Bedienstete sowie die Pfalzgrafen, die bei Abwesenheit den Herrschersitz verwalteten. Ab dem 14. Jahrhundert wurde der Name allein für die „Pfalzgrafschaft bei Rhein“, später Kurpfalz und die dazugehörige Sprache verwendet. Das Gebiet der kurfürstlichen Pfalz und der Wittelsbacher Herrscherfamilie umfasste Oberämter wie Kaiserslautern, Neustadt an der Haardt, Germersheim, Alzey, Oppenheim, Simmern, Heidelberg, Mosbach und Bretten. (Landgraf DUDEN S.23-27)

Sprachraum des Pfälzischen
Alten Grenzen des Kurfürstentums Pfalz und des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken sind teils noch Sprachgrenzen des Pfälzischen. Dies betrifft das Rheinhessische, das im Unterschied zum Hessischen eher dem Rheinfränkischen zugeordnet wird, unterscheidbar an der „fest-fescht“ Sprachlinie. Das Saarpfälzisch unterscheidet sich vom ebenfalls im Saarland gesprochenen Moselfränkischen durch die „dat-das“-Linie. Nach Süden hin gibt es als Grenze zum Alemannischen die Eis-Is-Linie und nach Osten hin die „Pund-Pfund“-Linie, weshalb die Pfalz im eigenen Sprachraum „Palz“ heißt. Allerdings gibt es auch innerhalb der Pfalz Sprachlinien, die sich an häufig vorkommenden Worten wie „haben“ zeigen. So heißt es im Ost- und Kurpfälzischen „Ich hab“, in der Südpfalz „ich häb“, in Teilen der Nordpfalz „ich hunn“ und in der West- und Saarpfalz „ich hann“ (Post Sprachkultur S. 138-140; Landgraf, DUDEN S.38-41;).

Besonderheiten des Pfälzischen
Zu den Auffälligkeiten zählt, dass im Pfälzischen Wörter häufig kürzer gesprochen werden als im Hochdeutschen, indem ein Endbuchstabe wegfällt, beispielsweise in „Strooß“ (Straße), Plural „Strooße“ (Straßen). Bei Verben wird der Wortanfang verkürzt wie in „oikaafe“ (einkaufen). Auffällig ist, dass viele Worte im Vergleich dem Mittelhochdeutschen ähneln, während das Hochdeutsche einen Lautwandel durchmachte, beispielsweise beim Wort „Sonne“ (mittelhochdeutsch „Sunne“, Pfälzisch „Sunn“) oder dem Wort „auf“ (mittelhochdeutsch und Pfälzisch uf). Eine weitere Besonderheit ist die weichere Aussprache von Konsonanten, besonders bei den Lauten k, p und t, die meist als g, b und d gesprochen werden. Bei Lauten wie sk, sp und st werden Worte stimmhaft mit sch wiedergegeben, statt „fest“ also „fescht“ (Landgraf DUDEN S. 58). Bei der Deklination fehlt der Genitiv und vereinzelt gibt es einen Genuswechsel wie in „der Budder“ oder die in der Westpfalz und im Saarland verbreitete Bezeichnung einer weiblichen Person mit „es“. Gerne werden doppelte Verkleinerungsformen verwendet, so in „Bobbelsche“ für ein Kleinkind.

Aussprache
Adolph Freiherr von Knigge beobachtete 1792, dass Pfälzerinnen und Pfälzer sich „schreiend“ äußern würden, was er mit dem Glückgefühl verband, in einer solchen Landschaft leben zu dürfen (Landgraf DUDEN S. 43). In der Pfalz selbst gibt es regional und teils von Ort zu Ort sprachliche Eigenheiten, beispielsweise in der Aussprache der Vokallänge. Im Unterschied zur Hochsprache fällt das harmonische in einem Fluss gesprochene Zusammenfügen mehrerer Wörter auf, beispielsweise in „Weesch(t)wieichmään“ (Weißt du, wie ich das meine). Eine weitere Besonderheit ist die nasale Aussprache, beispielsweise in „Woi“ (Wein). Allgemein zeigten Sprachuntersuchungen, dass in der Ostpfalz mehr in Wellen gesprochen, also mehr gesungen wird als in der Westpfalz. Erkennbar ist dies an der Bejahung, die in der Westpfalz ein recht knappes Jo erfolgt, während in der Ostpfalz ein mehrwelliges A-Jo-o-o gesprochen werden kann (Post Sprachkultur S. 146-150). Selten aber markant sind die teils in der Südpfalz gesprochenen rollenden „R“-Laute, beispielsweise in „Werrer“ (Wetter).

Wurzeln des Pfälzischen
Die primäre Wurzel ist das Rheinfränkische, eine altdeutsche Sprache, die stark auf die Entwicklung des Mittelhochdeutschen eingewirkt hat. Der aus der Südpfalz stammende Otfrid von Weißenburg (um 790-875) gilt als ältester namentlich bekannter deutscher Dichter. Er schrieb in Rheinfränkisch und nannte seine Sprache als einer der ersten „lingua thiodiska“, also „deutsche Sprache.“ Bei ihm finden sich heutige Dialektwörter wie scherren (kratzen) oder groinen (weinen). Viele Mundartbegriffe im Pfälzischen werden aus dem Lateinischen abgeleitet, beispielsweise im Weinbau wie das Tragegefäß Logel (lagellum: kleines Fass) oder die Kelter (lat. calcare: stampfen). Eine enge Beziehung gibt es zum Jiddischen und damit zum Hebräischen, das im Mittelalter in den jüdischen Zentren Speyer, Worms und Mainz entstand, beispielsweise in Begriffen wie Zores (jidd. Streit, Leid) oder Tacheles (jidd. Ziel). Aufgrund der Nähe zu Frankreich, protestantischen Glaubensflüchtlingen ab dem 16. Jahrhundert in der Pfalz und langer Besatzungszeiten gibt es einen großen Einfluss des Französischen. Bekannte Begriffe sind Deez (franz. Tête, Kopf), schenieren (franz. se gêner) und das vom französischen Wort „alléz“ abgeleitete „Alla“ bzw. „Aller hopp“ (Landgraf, DUDEN, S.27-34).

Pfälzische Sprachinseln weltweit
Ab dem 17. Jahrhundert führten Auswanderungswellen aufgrund von religiöser Verfolgung und später von Not sowie die gescheiterte Revolution von 1848-1849 dazu, dass sich pfälzischen Sprachinseln in Amerika und Osteuropa bildete. Religiöse Unterdrückung führte ab 1708 zur Flüchtlingswelle protestantischer Pfälzerinnen und Pfälzer, von denen viele in Pennsylvania landeten. Dort etablierte sich mit dem Pennsylvania Deutsch eine Sprache, die auf dem Pfälzischen basiert. Rund 400.000-500.000 US-Amerikaner sprechen sie heute. Sie wird in Kulturzentren, an Schulen, durch ein eigenes pennsylvanisch-deutsche Wikipedia sowie seit 1997 durch die Zeitschrift „Hiwwe wie Driwwe“ gepflegt. Auffällig ist das Fehlen französischer Begriffe sowie Neuschöpfungen wie „Guckbax“ als Ausdruck für Fernseher. Osteuropäische Sprachinseln entstanden im 18. Jahrhundert durch Auswanderer in der Batschka (Ungarn, Serbien), in der Bukowina (Rumänien), am Schwarzen Meer und an der Wolga. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind sie kaum noch vorhanden. Auswanderer nach Südbrasilien, Argentinien und Paraguay etablierten eine Sprache, die „Hunsrückisch“ genannt wird, die aber in großen Teilen mit dem Rheinfränkischen verwandt ist, mit rund zwei Millionen Sprecherinnen und Sprechern (Landgraf, DUDEN S. 44-49).

Pfälzisch im Alltag
Basis für die Erforschung des Pfälzischen heute ist das zwischen 1912 und 1998 entstandene „Pfälzische Wörterbuch“, bearbeitet von Ernst Christmann, Julius Krämer und Rudolf Post. Post legte 2023 mit „Pfälzisch - Sprachkultur in der Pfalz und in der Kurpfalz“ ein aktuelles wissenschaftliches Handbuch vor. Kompakter ist der Band „Pfälzisch“ aus der Mundart-Reihe des DUDEN-Verlags von Michael Landgraf. Neben unzähligen literarischen Werken, regelmäßigen Mundartkolumnen in der Tageszeitung Die RHEINPFALZ (Michael Konrad, Ute Zimmermann) und veröffentlichten Texten von Preisträgerinnen und Preisträgern bei den Mundartwettbewerben in Bockenheim, Dannstadt und Walhalben gibt es eine ausgeprägte pfälzische Kulturszene mit Mundarttheatern (z.B. Prinzregententheater Ludwigshafen-Hemshof, Boulevardtheater Deidesheim), Comedians (Christan Chako Habekost; Bülent Ceylan), Musikbands (z.B. Die anonyme Giddarischde; Fine R.I.P) und Kinofilmen (z.B. Hiwwe wie Driwwe 1 + 2 von Benjamin Wagener). Das 2024 erstmals stattfindende mehrtägige Mundart-Festival „Babbel doch“ führt in Fußgönheim Kulturgattungen des Pfälzischen zusammen. In Kirchengemeinden sind Gottesdienste „uff Pälzisch“ samt Nutzung der „Bibel uf Pälzisch“ beliebt. Das Pfälzische ist im Alltag sichtbar, beispielsweise bei einer Supermarktkette mit Verkaufsschildern auf Pfälzisch, bei Geschwindigkeits-Warntafeln, auf denen „Uffbasse“ (Aufpassen) bei höherer Geschwindigkeit aufleuchtet, sowie bei Hinweisschildern auf Straßen wie bei einem Weingut in Hainfeld: „Wann´s Licht brennt isch uff.“ Die enge Verwurzelung des Pfälzischen im Lebensgefühl lässt hoffen, dass das Pfälzische nicht, wie vielmals geäußert, eine aussterbende Mundart sei.

(Michael Landgraf, Neustadt an der Weinstraße, 2024)

Literatur

Konrad, Michael (2021)
Saach blooß. 258 Geheimnisse des Pfälzischen von RHEINPFALZ-Lesern enträtselt. Annweiler.
Landgraf, Michael (2024)
Pfälzisch. Duden-Verlag. Berlin.
Landgraf, Michael (2024)
Bibel uf Pälzisch. (3. Aufl.). Ubstadt-Weier.
Post, Rudolf (2023)
Pfälzisch. Sprachkultur in der Pfalz und in der Kurpfalz. Neckarsteinach.

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Michael Landgraf, „Pfälzisch und Pfälzer Dialekte”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-352174 (Abgerufen: 27. März 2025)
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