Heute ist von den zahlreichen Steinbrüchen bei Talbecke lediglich der Betrieb der Basalt AG Linz übrig geblieben, deren Großbruch derzeit eine Ausdehnung von etwa 450 x 600 Meter besitzt. Alle weiteren Brüche an der Talbecke liegen still und sind weitestgehend bewaldet.
Zustand um 1898 Der Steinabbau spielt zu diesem Zeitpunkt noch keine große Rolle. Eine Gewinnungsstelle liegt an der Talgabelung, wo heute der Bruch der Basalt AG Linz besteht, eine weitere außerhalb des Tals der Talbecke oberhalb von Frömmersbach. Beide werden bis zum Ersten Weltkrieg von der Gummersbacher Grauwacken-Steinbrüche GmbH durch den Unternehmer Peter Wilhelm Lenz deutlich ausgebaut. Zu den wichtigsten Abnehmern der hier hergestellten Straßenpflastersteine zählen die Städte Köln, Düsseldorf und Mönchengladbach. Außerdem liegen mehrere kleine Gewinnungsstellen im oberen Talverlauf bei Obernhagen, die wohl aber noch als Bauernbruch anzusehen sind. Interessant ist eine kleine Anzahl von Bauernsteinbrüchen an der Südseite der Nordhelle. Auch dieser Bereich wird im nächsten Jahrhundert durch das Unternehmen Carl Kohlmeier intensiv ausgebeutet. Offenbar war schon früh die gute Qualität des dortigen Steines bekannt. Tatsächlich platziert das Königliche Material-Prüfungsamt in Berlin-Groß-Lichterfelde die hier abgebaute Grauwacke in einer 1910 veröffentlichten Studie auf Platz 2 aller untersuchten europäischen Hartgesteine. Der Transport erfolgt mit Fuhrwerken und ersten Lastkraftwagen bis zum Bahnhof Gummersbach an der Strecke Dieringhausen-Hagen.
Der Steinbruch oberhalb von Frömmersbach ist nur durch einen Tunnel zugänglich, der sich 1909 auf Grund der Belastung einer überliegenden Schutthalde senkt. Spätestens ab 1910 wird hier mit Pressluft gearbeitet. Von 1914 bis 1915 pachtet der Unternehmer Carl Kohlmeier den Betrieb. Nach sechs Jahren Stillstand begann 1921 die Basalt AG Linz mit dem erneuten Grauwackeabbau im Steinbruch. 1912 bilden die Gummersbacher Grauwacken-Steinbrüche GmbH und die Grauwackesteinbruchbetriebe Carl Kohlmeier gemeinsam mit den Grauwackesteinbruchbetrieben Jacob Reeh aus Dillenburg (Abbau im Felsenthal mit 75 Arbeitern), H. Imgram aus Ründeroth (Abbau in Wiehlbruch mit 50 Arbeitern), Eduard Müller aus Remscheid (Abbau in Ohl, Schmitzwupper und Schemmen bei Marienheide sowie Kötterhausen bei Kotthausen und Scheel bei Kaiserau mit 160 Arbeitern), Wwe. Hubert Offermann aus Lindlar (Abbau in Remshagen bei Gimborn und Dümmlinghausen bei Gummersbach mit 60 Arbeitern), Carl Kind jr. aus Kotthausen (Abbau in Steinhohl und Carlsberg bei Kotthausen mit 240 Arbeitern), C. Eyand aus Duisburg (Abbau bei Bergneustadt und Lieberhausen mit 15 Arbeitern), Hugo Zapp aus Flaberg bei Berghausen (Abbau in Lüdespert, Hesberke, Scheda, Kram, Dumicke, Börlinghausen und Oberbrügge mit 60 Arbeitern) sowie der Lambacher Steinbrüche und Pulverwerke GmbH (Abbau in Lambach mit 250 Arbeitern) und den Wuppertaler Steinwerken Sebastian Helmstädter aus Beyenburg an der Wupper (Abbau in Beyenburg mit 70 Arbeitern) den Rheinisch-Westfälischen Steinmarkt mit Sitz in Dieringhausen. Ziel des Zusammenschlusses ist die Förderung des Grauwackeabsatzes. Dieser war durch den steigenden Import von schwedischem Granit zurückgegangen.
Zustand um 1938 1914 übernimmt die Basalt AG die nach dem Kauf von Dolerit-Steinbrüchen im Westerwald in Konkurs gegangene Gummersbacher Grauwackesteinbrüche GmbH mit rund 400 Arbeitern. Ähnlich wie im Felsenthal können wir eine explosionsartige Entwicklung des Steinabbaus beobachten. Auch hier spielt die Eisenbahn eine gewichtige Rolle. Sogar zwei Bahnen erschließen das Tal. Im südlichen Bereich erfolgt der Transport mittels einer normalspurigen, elektrischen Eisenbahn bis an die Hauptstrecke nach Gummersbach (1915-1958). Im nördlichen Teil bestand eine insgesamt etwa 6 km lange elektrische Schmalspurbahn, die die im oberen Talverlauf liegenden Brüche bei Obernhagen bediente und bis nach Holzwipper an die Reichsbahnstrecke nach Marienheide führte (1906-1941). Ein zugehöriger Steinbrecher bestand ab ca. 1906 in Müllenbach. Sechs Brems- und Seilbahnen erschließen die Brüche am Osthang der Talbecke, die sich wie Perlen an der Kette aufreihen. Über eine in der Talsohle verlaufende Feldbahn wurde deren Produktion zu einer Verladestation oberhalb des Bahnhofs Talbecke gebracht. In der Talsohle breiten sich lange Halden und Lagerflächen aus. Der große Bruch im Süden, seit 1896 an der Nordhelle von den Grau-wackensteinbruchbetrieben Carl Kohlmeier erschlossen, erstreckt sich über eine Höhe von 140 Metern und wird von zwei Standseilbahnen sowie kleineren Bremsbahnen erschlossen. Auf den Bruchsohlen und Halden verläuft ein ausgedehntes Netz an Lorenbahnen. Der Abbau erfolgt in großen Stufen. Die gewonnenen Steine werden in einem eigenen Schotterwerk am Fuße des Bruchs bei Talbecke verarbeitet und mit Hilfe einer großen Ladestation direkt auf die Bahn verladen.
Zustand um 1975 Wie auch in den anderen Untersuchungsgebieten ist eine Konsolidierung des Steinabbaus zu Gunsten größerer Brüche erkennbar. Die meisten der kleinen und mittleren Brüche liegen bereits still und sind mit Wald bestanden. An der Nordhelle geht die Produktion dem Ende entgegen, die Abbauflächen haben sich kaum noch vergrößert. Am Osthang oberhalb der Talbecke sind noch zwei größere Brüche in Betrieb. Die im Laufe der Zeit entstandenen Schottermassen nehmen den gesamten Talhang ein. Der Bruch der Basalt AG Linz gegenüber ist kräftig gewachsen. Zwischenzeitlich erfolgte der Transport mit Hilfe einer Seilbahn. Mittlerweile ist der Betrieb, wie in den anderen Brüchen auch, auf Radlader und LKW umgestellt worden. Dafür hat man lang ausladende Serpentinenstraßen angelegt, die ohne zu viel Steigung die verschiedenen Niveaus erschließen. Der Bahnanschluss wurde bereits in den 1950er Jahren aufgegeben. Vor dem Bruch sind neue Brecher-, Sieb- und Siloanlagen entstanden. Die Talsohle wird über eine Länge von 400 Meter als Lager für Schüttgut genutzt. Die über Müllenbach erschlossenen Brüche im oberen Tal liegen bereits seit den 1940er Jahren still.
Zustand um 2016 Heute ist von den zahlreichen Steinbrüchen lediglich der Betrieb der Basalt AG Linz übrig geblieben, deren Großbruch derzeit eine Ausdehnung von etwa 450 x 600 m besitzt. Die vor dem Bruch liegenden Betriebsflächen wurden um weitere Gebäude ergänzt. Alle weiteren Brüche an der Talbecke liegen still und sind weitestgehend vollständig bewaldet. Ausgenommen davon sind mehrere Brüche, die der Basalt AG Linz gegenüberliegen und derzeit als Deponie für Erdreich genutzt werden. In der Nutzungskarte sind diese Brüche anhand einer hellbraunen Flächenfarbe erkenntlich. Im oberen Bruch der Nordhelle befindet zudem nun sich eine Schießanlage der örtlichen Jägerschaft. Eine weitere Schießanlage der Polizei liegt in dem Kesselbruch westlich von Obernhagen. Auch diese beiden Brüche sind anhand einer hellbraunen Farbe zu erkennen. Die durch Talbecke verlaufende Straße wurde ausgebaut. Durch die Modifizierung des Straßenverlaufs sind die ehemaligen Verladeanlagen des Bruchs an der Nordhelle zerstört worden. Als deutlich sichtbares Zeugnis des Steinabbaus bleiben die Fundamente des alten Steinbrechers.
(Jörn Kling, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, ergänzt von Frederik Grundmeier, LVR-Freilichtmuseum Lindlar, 2018)
Hinweis Die Steinbrüche bei Talbecke waren KuLaDig-Objekt des Monats im Oktober 2020.
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Empfohlene Zitierweise
Jörn Kling, Frederik Grundmeier, „Steinbrüche bei Talbecke bei Gummersbach/Marienheide”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-277935 (Abgerufen: 10. Oktober 2024)
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