Bahnstrecke von Euskirchen nach Bad Münstereifel

Erfttalbahn

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Bad Münstereifel, Euskirchen
Kreis(e): Euskirchen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 36′ 47,04″ N: 6° 47′ 45,55″ O 50,61307°N: 6,79599°O
Koordinate UTM 32.344.069,97 m: 5.609.116,29 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.556.383,40 m: 5.608.905,17 m
  • Gleis 5 im Bahnhof Euskirchen. Ausgangspunkt der Bahnlinie nach Bad Münstereifel (2015).

    Gleis 5 im Bahnhof Euskirchen. Ausgangspunkt der Bahnlinie nach Bad Münstereifel (2015).

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    Weber, Claus / LVR-Redaktion KuLaDig
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    Claus Weber
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  • Das Empfangsgebäude im Bahnhof Münstereifel. Kolorierte Postkarte von 1915.

    Das Empfangsgebäude im Bahnhof Münstereifel. Kolorierte Postkarte von 1915.

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Die Erfttalbahn ist die Bahnstrecke von Euskirchen nach Bad Münstereifel, eröffnet 1890 und bis heute in Betrieb. Sie verbindet die Orte im oberen Erfttal mit dem Zentralort und Eisenbahnknotenpunkt Euskirchen.

Vorgeschichte
Eröffnung 1890 und Betrieb bis zum Zweiten Weltkrieg
Verkehr und Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg
Bahnhöfe / Haltepunkte
Hochwasser im Juli 2021
Links, Literatur

Vorgeschichte
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Bahnverbindung von Düren durch die Eifel nach Trier projektiert. Eine der Stationen sollte Euskirchen werden. Von Anfang an waren von hier aus weitere Verbindungen vorgesehen: nach Rheinbach und Münstereifel. Es wurde damals von der Münstereifeler Seite auf die deutlich kürzere Verbindung über das Erfttal und das Eschweiler Tal nach Blankenheim verwiesen. Die später gebaute Strecke über Mechernich und Kall ist deutlich länger.
Nach der Eröffnung der Bahnverbindung von Düren nach Euskirchen am 6. Oktober 1864 wurden die Diskussionen um weitere Verbindungen wieder aufgenommen. Die Reichsbahn wurde nach der Reichsgründung 1871 und der anschließenden Verstaatlichung der Privatbahnen verpflichtet, auch solche Strecken zu bauen, die sich wirtschaftlich nicht rechneten. Damit sollte jedoch der ländliche Raum erschlossen und die dort erzeugten Güter abgefahren werden. Erste konkrete Planungen für die Nebenbahn („Sekundair-Eisenbahn von Münstereifel nach Euskirchen“) datieren in das Jahr 1871.

Untersuchungen zum Verkehrsaufkommen ergaben, dass der Personenverkehr eine eher untergeordnete Rolle spielen würde. Dagegen gab es ein erwartbar hohes Güterverkehrsaufkommen, das sich hauptsächlich aus Kalk- und Bruchstein aus Iversheim, Ton aus Arloff und Holz aus den Wäldern Münstereifels zusammensetzte. Auch die zehn jährlich in Münstereifel stattfindenden Viehmärkte ergaben ein zusätzliches Frachtaufkommen von 1.300 Tonnen (1.500 Stück Rindvieh und 1.700 Schafe).
Nach den entsprechenden Vorarbeiten und Einsprüche benachbarter Gemeinden (in der Regel wurden hier neue Linienführungen über die jeweiligen Gemeinden gefordert) begannen die Bauarbeiten im Juni 1889 und waren 16 Monate später abgeschlossen.
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Eröffnung 1890 und Betrieb bis zum Zweiten Weltkrieg
Die Erfttalbahn wurde am 1. Oktober 1890 eröffnet. Beim Bau der Strecke wurde mit Ausnahme des Haltepunkts Kreuzweingarten alle Betriebsstellen als Bahnhöfe ausgeführt.
Wie erwartet siedelten sich nach dem Bau der Erfttalbahn im oberen Tal der Erft neue Industriebetriebe an. Dazu gehören die Seifen- und Glycerinfabrik Greven, die Maschinenfabrik Hettner in Iversheim sowie die Arloffer Thonwerke. Schon 1910 beantragten die Arloffer Thonwerke eine Erweiterung ihres Gleisanschlusses. Am 2. Oktober 1913 erhielt auch die Firma Hettner die Genehmigung zur Errichtung eines Gleisanschlusses. In diesen Jahren verkehrte zwei Mal täglich ein Güterzug zwischen Euskirchen und Münstereifel.

Im Vorfeld des Ersten Weltkrieges gab es die Planungen einer Verbindung von Rheinbach über Münstereifel, Schmidtheim und Kronenburg nach Losheim und weiter nach St. Vith (heute Belgien). Diese Strecke sollte die Erfttalbahn nördlich von Münstereifel queren, eine Verbindung beider Bahnen war wohl nicht vorgesehen. Über Vorplanungen kam die Realisierung dieser Verbindung jedoch nicht hinaus ─ soweit bekannt.
Bereits 1925 wurden von der Deutschen Reichsbahn erste Rationalisierungsmaßnahmen zur Vereinfachung des Bahnbetriebes eingeführt. 1928 wurde zusätzlich der Haltepunkt Zuckerfabrik für deren Arbeiter in Betrieb genommen.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 stabilisierten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse, der Verkehr auch auf der Erfttalbahn nahm wieder zu. Zum 1. Dezember 1933 erhöhte man die Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke von 45 auf 60 Kilometer pro Stunde. Und auch der Ausflugsverkehr wurde massiv gefördert: Im Sommer 1936 rollte fast jeden Sonntag ein Sonderzug, oft voll besetzt mit über 1000 Personen, durchs Erfttal nach „Münstereifel ─ kein Zweifel, schönstes Städtchen der Eifel“ (Spruchband am Bahnsteig).
Im Zweiten Weltkrieg gab es zunächst nur Einschränkungen bei den Beförderungsbedingungen. Jedoch kam der Bahnverkehr mit dem Näherkommen der Westfront Ende 1944 ganz zum Erliegen. Im März 1945 sprengten zurückziehende deutsche Truppen alle Brücken.
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Verkehr und Betrieb nach dem Zweiten Weltkrieg
Da der Bahnverkehr ruhte, mussten die Menschen aus Münstereifel und dem oberen Erfttal bis September 1945 zu Fuß nach Euskirchen gehen. Erst dann wurde ein Omnibus eingesetzt, der ständig überfüllt war.

Der Bahnbetrieb wurde am 20. Dezember 1945 wieder bis Iversheim aufgenommen, in der ersten Zeit auch für Reisende nur in Güterwagen. Da die Materialbeschaffung für den Wiederaufbau der zerstörten Brücken erschwert war, konnte der erste Zug erst am 2. Juni 1948 bis Münstereifel durchfahren. Die Wiedereröffnung wurde ohne eine besondere Feierlichkeit begangen. Sechs Zugpaare verkehrten 1948 täglich nach Münstereifel.
Zur Verbesserung des Verkehrs (und der Betriebseinnahmen) verkehrten zum Sommerfahrplan 1950 erstmals drei durchgehende Zugpaare von Münstereifel nach Köln und zwei von Köln nach Münstereifel. Zum Winterfahrplan des Jahres 1951 kamen dann zusätzlich noch Omnibusse der Deutschen Bahn „als Ergänzung des Schienenverkehrs“ zum Einsatz.

Eine Gesamtsanierung der Strecke wurde 1959/60 durchgeführt, die Höchstgeschwindigkeit konnte ─ wieder ─ auf 60 Kilometer pro Stunde erhöht werden. 1968 geriet die Strecke Euskirchen – Münstereifel im Zuge des „großen Nebenbahnsterbens“ in die Diskussion über eine Stilllegung. Am 15. Mai 1970 teilte die Deutsche Bundesbahn mit, dass sie die Strecke nicht einstellen will.
1975 gab es einen interessanten Versuch: Auf Drängen von Krankenversicherungsträgern im Ruhrgebiet richtete man eine Kurswagenverbindung von Münster (Westf.) nach Bad Münstereifel ein. Diese sollte die Attraktivität der Strecke steigern und den Kurgästen das Umsteigen ersparen. Im folgenden Jahr wurde dieser Versuch wegen geringer Inanspruchnahme jedoch wieder eingestellt.

Ende der 1980er Jahre war die Strecke durch den zurückgegangenen Güter- und Personenverkehr ─ wieder mal ─ von der Stilllegung bedroht. Bis Anfang der 1990er Jahre fand neben der Personenbeförderung auch Güterverkehr statt.
Stattdessen wurde die Strecke Ende der 1990er-Jahre für den vereinfachten Betriebsablauf durchgängig auf ein Gleis ohne Weichen zurückgebaut. Die Bahnhöfe wurden dadurch zu Haltepunkten. Der Fahrdienstleiter Euskirchen ist Zugleiter der Strecke, die im Zugleitbetrieb befahren wird.

Heute gehört die Strecke zum Kölner Dieselnetz, d. h. hier werden ausschließlich Dieseltriebzüge gefahren. Sie ist betrieblich mit der Bahnstrecke von Euskirchen nach Bonn verbunden, es verkehren Züge der Regional-Bahnlinie 23 (RB 23).
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Bahnhöfe / Haltepunkte
Hochwasser im Juli 2021
„Am Mittwoch, den 14. Juli 2021 und in der darauffolgenden Nacht hat eine Hochwasserkatastrophe verheerende Schäden in Teilen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie im benachbarten Belgien und in den Niederlanden ausgelöst. Auslöser war das Tief Bernd mit historischen Regenmengen. Rund 240 Menschenleben sind zu beklagen, […]. Zehntausende verloren ihre Wohnungen mit Hab und Gut und viele Firmen ihre Existenzgrundlage. Die öffentliche Infrastruktur in Form von Versorgungsleitungen, Mobilfunknetzen, Straßen, Brücken und Eisenbahnstrecken wurde ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen.
Die DB [Deutsche Bahn AG] bezifferte ihre Schäden in einer ersten Pressekonferenz am 23. Juli auf 1,3 Milliarden Euro, davon 780 Millionen für die Bahnstrecken und 480 Millionen für den Wiederaufbau von Stationen und Stellwerken. Die Schäden am Straßennetz, insbesondere die Sperrung von Teilabschnitten der Autobahnen 1 und 61 im Raum Rheinbach/Erftstadt führte zu starken Verkehrsbelastungen auf den Straßen im gesamten Großraum Köln/Bonn, unter denen auch der ÖPNV [Öffentlicher Personen-Nahverkehr] – einschließlich des Schienenersatzverkehrs – litt und leidet. Beim Schienennetz, welches viel weitmaschiger als das Straßennetz ist, stehen deswegen auch bei nur einzelnen Schadstellen oftmals keine Ausweichmöglichkeiten zu Verfügung.“ (nach Heilmann 2021)
Die Erfttalbahn zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel verläuft auf großen Abschnitten parallel zur Erft. Durch das Hochwasser sind an dieser Strecke zahlreiche und gravierende Zerstörungen aufgetreten, so dass ein Zugbetrieb auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird. Vier Brücken sind nicht mehr befahrbar, zwei vollständig zerstört (bei Kirspenich und die im Gewerbegebiet von Bad Münstereifel). Der Bahnhofsvorplatz von Bad Münstereifel, Abfahrtselle der Busse, wurde geflutet, die gesamte Haltestellenmöblierung weggespült.
Ein Datum für eine Wiedereröffnung ist nicht bekannt.
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(Claus Weber, LVR-Redaktion KuLaDig, 2015, 2022)

Internet
de.wikipedia.org: Erfttalbahn (Abgerufen: 4.7.2015)
NRW Bahnarchiv von André Joost: Strecke Euskirchen-Bad Münstereifel (Abgerufen: 4.7.2015)
www.erfttalbahn.de: Private Seite zur Erfttalbahn (Abgerufen: 4.7.2015)
www.wisoveg.de: Weiterführende Literatur zum historischen Wirtschafts-, Verkehrs- und Kulturgeschehen Bad Münstereifel (Abgerufen: 26.7.2015)

Literatur

Heilmann, Frank (2021)
Hochwasserkatastrophe im Rheinland. In: Nachrichtenblatt. Informationen zur Verkehrspolitik im Rheinland Nr. 141, 3-4/21, S. 4-23. Köln.
Koch, F. (1974)
110 Jahre Eisenbahn im Raum Euskirchen. In: Heimatkalender Kreis Euskirchen, Jahrbuch 1975, Euskirchen. Online verfügbar: http://www.wisoveg.de/wisoveg/heimatkalender-eu/110-jahre/110-jahre.html, abgerufen am 26.07.2015

Bahnstrecke von Euskirchen nach Bad Münstereifel

Schlagwörter
Ort
Bad Münstereifel, Euskirchen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1890

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Claus Weber: „Bahnstrecke von Euskirchen nach Bad Münstereifel”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-CW-20150704-0001 (Abgerufen: 27. April 2024)
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