Der Viehmarkt ist ein relativ junger städtischer Platz, bis ins Jahr 1812 hatte hier ein Kapuzinerkloster seinen Platz. Die Gebäude dieses Areals wurden infolge der Säkularisation durch die Franzosen niedergelegt. Unter anderem hatte sich hier zuvor auch ein jüdisches Viertel mit Friedhof befunden; für das Mittelalter konnten ferner Brunnen nachgewiesen werden. Hieraus ergab sich eine sehr interessante jüngere Geschichte dieses Bereiches. Da er im Zentrum der römischen Stadt in der Nähe des Forums lag, ging man schon früh davon aus, dass das Areal auch römische Geschichte beherbergt.
Die Ausgrabungen am Viehmarkt
Im Zuge von Bauarbeiten ab 1987, die zunächst der Errichtung eines Bankgebäudes mit Tiefgarage dienen sollten und bei denen man auf massive römische Mauerzüge stieß, erfolgten umfangreiche Grabungen in den Jahren 1988-1994. Diese förderten rasch sowohl die mittelalterliche wie auch die darunter liegende römische Bebauung aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert zutage. Sogar eine vorrömische Besiedlung konnte über den Fund von urnenfelderzeitlichen Bestattungen nachgewiesen werden. Diese wurde auf etwa 1000 v. Chr. datiert und ermöglichte Einblicke in die vorrömische Besiedlungsgeschichte und -struktur. In den Folgejahren kam es zu zahlreichen neuen Erkenntnissen zur jüngeren und älteren Geschichte der Stadt und baulich zur grundlegenden Umgestaltung des Platzes am südlichen Rand der heutigen Fußgängerzone „zur Integration der römischen Thermenfunde“ (Kuhnen 2001).
Der Viehmarkt in römischer Zeit
Seit der römischen Stadtgründung Triers um etwa 18-16 v. Chr. befand sich in diesem Bereich eine frührömische Bebauung, die in den dreißiger Jahren des ersten Jahrhunderts gründlich saniert worden war, wobei Fachwerkhäuser mit Wandmalereien errichtet wurden. Unterirdisch waren diese teilweise noch erhalten geblieben, als in einem weiteren Umwandlungsschritt die vorhandene Fachwerk-Wohnbebauung mit etwa 800 m² Wohnfläche niedergelegt wurde. Später wurden diese Bauten durch steinerne Wohngebäude ersetzt. Es kam dabei in relativ kurzer Zeit zu einer stetigen baulichen Verbesserung der örtlichen Wohnsituation, woran auch der blühende Aufschwung Triers in dieser Epoche deutlich wird.
Der Thermen(?)-Großbau
Gegen Mitte des zweiten Jahrhunderts n.Chr. wurde die steinerne Bebauung einer ganzen ‚Insula‘ (römischer Straßenblock) zerstört und das Material zum Bau eines großen Gebäudes verwendet, dem man für seine Entstehungszeit bisher keine eindeutige Nutzung zuzuweisen vermochte (zumal für diese Zeit keine Heizungsanlage oder Wasserableitungskanäle identifiziert werden konnten).
Als wichtig festzuhalten bleibt, dass es sich bei dem Bau nicht um eine klassische Thermenanlage handelt, sondern eher um einen „Großbau mit der Raumanordnung römischer Thermen“, dessen Heizeinrichtungen spätere Einbauten darstellen (Kuhnen 2001, S. 223-229): Die Unterscheidung zwischen Tepidarium (lauwarmes Bad) und Caldarium (Heißbadesaal) im Süden der Anlage ist nicht möglich, ferner konnten auch keine Verbindungsgänge zwischen den Trakten des Baukomplexes nachgewiesen werden, der wohl Ende 3. / Anfang 4. Jahrhundert zur Thermenanlage umgebaut worden war. Erst nach dieser zweiten Bauphase sind die für eine Badeanstalt wichtigen Einrichtungsgegenstände nachzuweisen und es kann eindeutig von einer Therme gesprochen werden.
Das gesamte Gebäude umfasste etwa 102 x 82 Meter und war somit es kleiner als die Barbara- und die Kaiserthermen. Im Norden konnte ein circa 44 x 17 Meter großer unbeheizter Raum mit einem Wasserbecken nachgewiesen werden, der als Frigidarium (Kaltbadesaal) gedient haben mag. Die Römer verstanden es bei der Raumaufteilung, den Verlauf der Sonne zu nutzen, da im Süden die beheizten und im Norden die unbeheizten Räume angeordnet wurden.
Heutige Situation
Bereits früh gab es Kritik wegen des rasanten Tempos der ursprünglichen Ausschachtungen, welche irreparabale Beeinträchtigungen des Befundes verursachten (Kuhnen 2001). Heute ist ein Teil der Ausgrabungen unwiederbringlich zerstört, andere Bereiche sind durch eine Tiefgarage überbaut und ersetzt. Ein anderer Teil ist durch eine weithin sichtbare große Glasvitrine des Architekten Oswald Mathias Ungers (1926-2007) überdacht worden, einem als „Fenster in die Stadtgeschichte“ konzipierten gläsernen Kubus.
An der heutigen Pflasterung des Viehmarktplatzes erkennt man die farblich hervorgehobenen Straßenzüge des römischen Straßennetzes mit dem Cardo (die in Nord-Süd-Richtung angelegte Hauptachse der römischen Stadt) und der Ost-West-Orientierungsachse Decumanus). Besonders gut sichtbar ist dies bei der Betrachtung aus der Vogelperspektive.
(Christoph Jürgens, Universität Koblenz-Landau, 2014)
Internet
zentrum-der-antike.de: Die Thermen am Viehmarkt (abgerufen 25.08.2017)