Die Fahrbahn der ersten Autobahn Deutschlands verläuft über rund 20 Kilometer fast schnurgerade zwischen Köln und Bonn und wurde als schnelle „Diplomatenrennbahn“ genutzt. Über den öffentlichen Straßenverkehr hinausgehend fand dabei ein 5,542 Kilometer langes Teilstück der A 555 in den Jahren 1948 und 1949 als Rennstrecke „Kölner Kurs“ für Auto- und Motorradrennen Verwendung.
Motorsportrennstrecke „Kölner Kurs“ 1948 und 1949 Die Idee für den „Kölner Kurs“ wurde bereits 1946 geboren, doch wurden in den Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkriegs durch die alliierten Besatzungsmächte Verbote für geplante Rennen ausgesprochen – war doch Benzin seinerzeit noch streng rationiert und bis 1946 durften offiziell sogar Fahrräder ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werden. Zuletzt wurde ein für den 20. Juli 1947 geplantes Rennen verboten (Nordmann u.a. 2003, S. 116). Die Landesregierung konnte die Genehmigung für ein Auto- und Motorradrennen „Kölner Kurs“ auf einem Teilstück der A 555 letztlich erst am 22. Mai 1948 durchsetzen. Verbunden war die erst eine Woche vor dem geplanten Renntermin erteilte Erlaubnis mit der Auflage, dafür Sorge zu tragen, dass die umliegenden Gemüsefelder nicht von Zuschauern geplündert würden. Die Ackerfluren wurden daraufhin während der Rennen von Schutzpolizisten bewacht (ebd., S. 119).
Insgesamt 300 Teilnehmer in 16 zwei-, drei- und vierrädrigen Fahrzeugklassen drehten schließlich am 29. und 30. Mai 1948 ihre Runden auf der 5,542 Kilometer langen Rundstrecke zwischen der „Aachener Schleife“ (dem heutigen Autobahnkreuz Köln-Süd) und der „Bonner Kehre“ am heutigen Kölner Stadtteil Hahnwald. Bei dem als das „größte westdeutsche Motorsportereignis“ (Kölnische Rundschau 1948) angekündigten Rennen unter der Schirmherrschaft des Regierungspräsidenten erwartete man im Vorfeld bis zu 300.000 Zuschauer; Nordmann berichtet von immerhin 100.000 bei schlechtem und kalten Wetter (ebd., S. 117). „Start und Ziel befanden sich auf der Köln-Bonner Autobahnbrücke, heute das Kreuz Köln-Süd, wo sich A 4 und A 555 begegnen. Gerade Richtung Bonn, 90-Grad-Kehre, Überleitung auf die Bahn Richtung Osten, 90-Grad-Kehre, unter der Brücke hindurch, dann über die Schleife wieder Richtung Bonn.“ (Auto Bild klassik 2015)
Welche über das Sportliche hinaus gehende Bedeutung diesem Rennen zugemessen wurde – man fühlt sich hier schon ein wenig an die Verklärung des 1954er Fußball-Weltmeistertitels erinnert –, lässt der zeitgenössische Bericht der „Motorradwelt“ erahnen (hier zitiert nach Nordmann u.a. 2003, S. 119): „Neben dem Dom – den wir verehren, dem Karneval – den wir lieben und dem 'Kölnisch Wasser' – das wir nicht entbehren, gibt es nun etwas anderes, etwas Neues, was uns das dritte Jahr der Nachkriegszeit geschenkt hat: Einen 'Kölner Kurs', als Demonstration des Fortschritts und des Aufbauwillens …“
Ein zweites Rennen fand am 19. Oktober 1949 vor mindestens 80.000 Zuschauern statt. Allerdings machte der erst 1947 wiedergegründete Kölner Club für Motorsport (KCM) durch organisatorisches Chaos bedingt – die Rede ist von gefälschten Karten und Unterschlagungen – solche Verluste, dass er die Veranstaltung im Folgejahr nicht mehr ausrichten konnte. Die schnellsten Runden in beiden Rennen erzielte der Motorrad- und Automobilrennfahrer Georg „Schorsch“ Meier (1910-1999), der auf 500-cm3-BMW-Motorrädern Europameister 1938 und sechsfacher Deutscher Meister 1938, 1947-1949, 1950 und 1953 war. Er fuhr auf dem Kölner Kurs 1948 eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 131,6 km/h und 1949 stolze 143,5 km/h (Semmeling 2009).
Von weiteren Rennveranstaltungen auf dem „Kölner Kurs“ ist nichts bekannt. Einzelne historische Fotos von den beiden Rennen 1948 und 1949 finden sich auf einer Internet-Gedenkseite an den Motorrad- und Automobilrennfahrer Adolf Ralph Roese (1900-1950). Die Tradition des Rennens „Kölner Kurs“ wird seit 1991 vom Motorsportclub MSC Porz e.V. im Rahmen eines Rennens mit historischen Rennmaschinen und Motorrollern auf dem Nürburgring gepflegt (Nordmann u.a. 2003, S. 149 und nuerburgring.de).
Hinweis Die Rennstrecke „Kölner Kurs“ wurde unter „Schon gewusst, ...“ in Heft 1/2019 des Stadtmagazins KölnerLeben vorgestellt (www.koelnerleben-magazin.info).
Internet www.wisoveg.de: Der „Kölner Kurs“ steigt (Artikel in der Kölnischen Rundschau vom 27. Mai 1948, abgerufen 25.03.2015) www.koelnerleben-magazin.info: „100.000 Zuschauer kamen zum Autorennen auf der A 555“, Stadtmagazin KölnerLeben 1/2019 (abgerufen 27.05.2019) www.nuerburgring.de: Kölner Kurs (abgerufen 25.03.2015) de.wikipedia.org: Bundesautobahn 555 (abgerufen 25.03.2015) www.ralph-roese.de: Bildergalerie „Veritas RS BMW 1948-1950“ (abgerufen 25.03.2015, Inhalt nicht mehr verfügbar 04.10.2018) www.ksta.de: Kölns geheimnisvollste Orte: „Als das Autobahnkreuz Köln-Süd zur Rennstrecke wurde“ (Kölner Stadt-Anzeiger vom 04.02.2019, abgerufen 12.08.2020, Inhalt nicht mehr verfügbar 05.03.2024)
Literatur
Muche, Jan Henrik (2015)
Nordrhein-Westfalen Spezial - Go West. In: Auto BILD klassik Nr. 4, April 2015, S. 92-111. S. 95, o. O.
Rennen! Races! Vitesse! Racing Circuits Netherlands, Belgium, Germany, Austria, Luxembourg, Switzerland. S. 92, o. O. Online verfügbar: www.wegcircuits.nl, abgerufen am 18.06.2020
Stern, Volkhard (2015)
Verkehrsknoten Bonn. S. 117, Freiburg.
Motorsport-Rennstrecke „Kölner Kurs“ auf der Autobahn A 555
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