Heutzutage haben die leider so selten gewordenen Streuobstwiesen eine andere Bedeutung für die Bevölkerung bekommen. Sie dienen meist nicht mehr der Selbstversorgung, sondern stellen einen schützenswerten Lebensraum dar. Da sich viele Tier- und Pflanzenarten im Laufe der Jahre auf diesen Lebensraum eingestellt und sich ihm angepasst haben, ist er für deren Überleben so wichtig geworden. Gleichzeitig führte das immer geringer werdende Vorkommen von Streuobstwiesen dazu, dass sie als einer der artenreichsten Lebensräume Europas auf der Roten Liste stehen. Ein hochstämmiger Obstbaum bietet auf mehreren Stockwerken Lebensraum für viele seltene Vögel, Kleinsäuger und Insekten, wie unter anderem den Steinkauz, Grün- und Buntspecht, Siebenschläfer und Fledermäuse. Mit dem Verschwinden dieser Lebensräume wären auch viele alte Obstsorten unwiederbringlich verloren.
Standortbedingungen
Eine Besonderheit dieser Streuobstwiese im südlichen Bereich der Flittarder Rheinaue ist ihr Standort. Die Aue ist für Obstbäume ein sehr untypischer Standort, da sie durch einen hohen Wasserstand und regelmäßige Überflutungen gekennzeichnet ist, Obstbäume feuchten Untergrund aber eher schlecht vertragen. Damit ein Obstbaum gedeiht, gesunde und kräftige Triebe ausbildet und viele leckere Früchte trägt, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, denn Obstbäume können nicht an jedem beliebigen Standort stehen. Im Allgemeinen gelten sonnige und luftige Plätze ohne Staunässe im Boden und mit geringer Frostgefahr als optimal. Dabei sind frühblühende Arten wie Aprikosen, Pfirsiche, Süßkirschen und Birnen stärker spätfrostgefährdet als spätblühende Arten.
Von besonderer Bedeutung ist für Obstbäume, beginnend mit dem Zeitpunkt der Blüte bis zur Ernte des Obstes, die Anzahl der Sonnenstunden. Eine hohe Sonneneinstrahlung sorgt dafür, dass die Blätter nach dem Regen schneller trocknen und nicht mehr so anfällig gegenüber Pilzkrankheiten wie zum Beispiel Schimmel sind. Außerdem beeinflusst die Temperatur während der Blütezeit die Befruchtung, danach das Wachstum von Früchten, Blättern und Trieben. Hauptgrund für den Einfluss auf die Befruchtung ist, dass der Insektenflug (also auch die für die Befruchtung so bedeutenden Bienen) bei niedrigen Temperaturen stark abnimmt oder sogar vollständig zum Erliegen kommen kann.
Auf Schattenhängen finden sich daher normalerweise keine Streuobstwiesen, ebenso wenig wie in Mulden und engen Tälern, da dort Kaltluft nur schlecht abziehen kann und dauerhaft niedrigere Temperaturen vorherrschen. Außerdem besteht in Tälern und in der Nähe von Bachläufen die Gefahr von Staunässe oder sehr feuchten Böden, was den allermeisten Obstbäumen auch nicht gut bekommt. Ein zu hoher Wassergehalt im Boden beeinträchtigt die Durchlüftung des Bodens, was wiederum die Atmung der Wurzeln stark erschwert. Auf längere Zeit führt dies zu einem stark eingeschränkten Wachstum, Früchte und Wurzeln fangen an zu faulen, was unter Umständen das Absterben des gesamten Baumes zur Folge haben kann.
Streuobstwiese Flittard
An diesem speziellen Standort wurde vor 15 Jahren im Rahmen der Umsetzung des Pflege- und Entwicklungskonzeptes für das Naturschutzgebiet Flittarder Rheinaue eine Wiese angelegt. Auf einer Fläche von ungefähr 15.000 m² stehen 115 Bäume, darunter Äpfel, Birnen und Pflaumen sowie ein paar Walnussbäume. Ursprünglich von der Stadt angelegt, kümmert sich um den Erhalt und die Pflege der Wiese nun der BUND Köln mit Unterstützung des städtischen Amts für Landschaftspflege und Grünflächen.
(Hannah Brüggemann, NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln, 2014)
Quelle
persönliches Gespräch mit Herrn Ulrich Brandenburg über die Streuobstwiesen im äußeren Grüngürtel, 07.08.2014
Internet
www.bauemotion.de: Obstbäume richtig pflanzen (abgerufen 31.03.2014)