Farge-Vegesacker Eisenbahn

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Bremen, Schwanewede
Kreis(e): Bremen, Osterholz (Niedersachsen)
Bundesland: Bremen, Niedersachsen
Koordinate WGS84 53° 11′ 1,13″ N: 8° 34′ 53,18″ O 53,18365°N: 8,58144°O
Koordinate UTM 32.472.029,60 m: 5.892.782,00 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.472.089,61 m: 5.894.699,07 m
Die Eisenbahn von Farge nach Vegesack in der Hansestadt Bremen ist eine normalspurige Bahnverbindung, die 1888 in Betrieb genommen wurde. Heute wird die Strecke von der Regional-S-Bahn Linie 1 (RS 1) des Bremer Schnellbahnnetzes bedient. Der Güterverkehr hatte immer eine besondere Bedeutung für die Bahnlinie.
Die Eisenbahn Gesellschaft „Farge-Vegesacker Eisenbahn GmbH (FVE)“ arbeitet heute als reines Infrastrukturunternehmen.

Die Geschichte bis zur Eröffnung 1888
Die Zeit von 1945 bis 1961
Die Zeit von 1961 bis 2007
S-Bahn-Verkehr seit 2007
Betriebsstellen
Fahrzeuge
Standort Schwanewede / Tanklager Farge / Marinebahn
Marinebunker Valentin
Hinweis, Links, Literatur

Die Geschichte bis zur Eröffnung 1888
Die Hansestadt Bremen erhielt ihren ersten Eisenbahnanschluss 1847 von Hannover aus. 1862 wurden die beiden Strecken nach Geestemünde/Bremerhaven und von Burg (heute Bremen-Burg) nach Vegesack in Betrieb genommen. Dieser Bahnhof lag auf dem Gebiet der hannoverschen Gemeinde Grohn und wurde zunächst Bahnhof Grohn genannt.
Ab den 1870er Jahren wurde die Forderung nach einer Verlängerung der Bahn bis Farge geäußert. Hier hatten sich einige Industriebetriebe angesiedelt, denen eine Bahnverbindung fehlte. Diese Forderungen wurden 1882 erneut aufgegriffen. Da sich der preußische Staat weigerte, wurden die örtlichen Firmen aktiv. Hierzu gehörten die Farger Steingutfabrik Witteburg, die Bremer Wollkämmerei, die in Aumund ein neues Werk errichten wollte, mehrere Ziegeleien, Leder- und Taufabriken und eine Brauerei. Am 11. Juni 1884 gründete sich die Farge-Vegesacker Eisenbahn-Gesellschaft AG. Die Bau- und Betriebskonzession datierte vom 1. August 1884 (unterzeichnet vom preußischen König Wilhelm I. in Bad Gastein).
Im April 1888 begannen die Bauarbeiten, die Strecke wurde am 31. Dezember 1888 eröffnet, ohne Feierlichkeiten. Den Betrieb führte die Königlich-Preußische Eisenbahn-Verwaltung (KPEV), Eisenbahndirektion Hannover. In Vegesack wurde der bestehende Staatsbahnhof mitgenutzt.
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Die ersten Jahre entsprachen nicht den wirtschaftlichen Erwartungen. Erst im neuen Jahrhundert besserten sich die Zahlen. Größte Anschließer waren die Steingutfabrik Witteburg, die Bremer Wollkämmerei und die Vulkan-Werft.
Nachdem die Aktiengesellschaft für Verkehrswesen (AGV), Berlin 1927 Mehrheitsaktionär der FVE geworden war, wurde der Betriebsvertrag mit der KPEV gelöst. Die Betriebsführung übernahm die Allgemeine Deutsche Eisenbahn-Betriebs-Gesellschaft (ADEG), ein Unternehmen der AGV-Holding. Bis 1928 entstand in Farge ein neues Betriebswerk. Die FVE erhielt vier neue Lokomotiven.
Der Personenverkehr, insbesondere der Berufsverkehr, hatte einen erheblichen Umfang. Bedeutender noch war der Güterverkehr zu den großen und kleinen Werken, Fabriken und Werften entlang der Strecke. Die wirtschaftlichen Entwicklungen der 1920er Jahre mit ihren Depressionen hatten bedeutende Einflüsse auf die Bahn. 1933 stand die Aufgabe des Personenverkehrs im Raum.
Nach 1935 kam es zu einem steilen Anstieg der Beförderungsleistungen auf der FVE. Die Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft mbH (Wifo) in Berlin und die Deutsche Marine begannen, im Gebiet zwischen Rönnebeck, Farge und Neuenkirchen große Kraftstofflager und Umfüllanlagen zu errichten. Der Bahnverkehr wurde über die FVE abgewickelt. Dazu hatte die Marineverwaltung auch den Abschnitt von Farge-Ost (Kleinbahnhof) bis Neuenkirchen von der Kleinbahn Farge-Wulsdorf übernommen.
Im Zweiten Weltkrieg kam es zu erheblichen Schäden an der Strecke und den Fahrzeugen. Der Verkehr musste am 20. April 1945 eingestellt werden.
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Die Zeit von 1945 bis 1961
Der Verkehr konnte bereits am 4. Juni 1945 nach Beseitigung der größten Schäden wieder aufgenommen werden. Der Verkehr auf der Bahn nahm wieder zu, durch das Wieder-Erstarken der Wirtschaft und die Neuansiedlung von Industriebetrieben, wie der Vulkan-Werft, der Wollkämmerei und anderen.
Die AGV hatte nach dem Krieg die Betriebsführung an die Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft DEG übertragen.
Die Anlagen der ehemaligen Wifo gingen an die Industrie-Verkehrsgesellschaft AG (IVG) über. Über sie gab es erheblichen Kesselwagenverkehr auf der FVE. Die amerikanische Armee versorgte fast ihre gesamten Truppen in Deutschland von Farge/Rönnebeck aus mit Treibstoffen. Die Strecken wurden entsprechend den Anforderungen erneuert und modernisiert.
1953 wurde die FVE von einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, Mehrheitsaktionär war weiterhin die AGV.

1958 kam eine erste Diesellokomotive für den Streckendienst zur FVE. Allerdings mussten die schweren Panzer- und Kesselwagen-Züge weiterhin mit eigenen Dampflokomotiven sowie solchen der DEG gefahren werden. Erst 1971 konnte der Dampflokbetrieb eingestellt werden, nachdem zwei schwere Diesellokomotiven beschafft worden waren.
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Im Personenverkehr richtete man zur Verbesserung des Verkehrs zusätzliche Haltepunkte ein (Neurönnebeck, Blumenthal Nordstraße). 1951 beschaffte man zwei Triebwagen und einen Steuerwagen der Firma Maschinenbau Esslingen. Ab 1951 fuhren die Züge durchgehend von Farge bis zum Bremer Hauptbahnhof, gemeinsam betrieben von der Deutschen Bundesbahn und der FVE.
Die Entwicklungen der frühen 1950er Jahre gingen weg von der Bahn zum Auto und zu Bussen und Straßenbahnen. Der Verkehr auf der FVE ließ merklich nach, 1958 gab man den Verkehr zum Hauptbahnhof in Bremen wieder auf. Zuletzt gab es nur noch Alibiverkehr mit einem zweiachsigen Triebwagen. Den Personenverkehr stellte die FVE 1961 ein.
Auch der Güterverkehr ging merklich zurück. Die Steingutfabrik wurde 1953 geschlossen. Auch andere Anschließer wechselten zum Verkehr auf der Straße. Nur die Verkehre der IVG und der Bundeswehr blieben bedeutend.
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Die Zeit von 1961 bis 2007
Im verbliebenen Güterverkehr gingen die Verkehrsleistungen nun ebenfalls zurück. Die Vulkan-Werft stellte den Betrieb in den 1990er Jahren ein. Ab den späten 1960er Jahren brachte das Kraftwerk Farge einen zusätzlichen umfangreichen Kohlenverkehr. Später wurde die Anlieferung der Brennstoffe auf den Wasserweg umgestellt.
In Blumenthal hatte die Stadt Bremen 2002 ein Industriestammgleis errichtet, um ein Pkw-Auslieferungslager zu bedienen.

Die DEG ging 2000 auf die französische Connex-Gruppe (CGEA) über. Diese gründete die Connex Verkehr, in die auch die FVE einging. 98 Prozent der Anteile hielt die CGEA, 2 Prozent die Hansestadt Bremen. 2005 nannte sich die Connex Verkehr in Veolia Transport um. Veolia wiederum verkaufte ihre Sparte für Schienengüterverkehr und Eisenbahninfrastruktur 2009 an die Société nationale des chemins de fer français (SNCF). Diese führte die Bahnen der ehemaligen Veolia Transport als Holding „Captrain Deutschland GmbH“ weiter. Die FVE wurde am 1. November 2024 von der amerikanischen Railroad Development Corporation (RDC Deutschland GmbH) übernommen. Die FVE ist heute ein reines Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main.

Den Bahnbetrieb führte seit 2003 die NordWestCargo (NWC), eine hundertprozentige Tochter der NordWestBahn. Die beiden großen Diesellokomotiven der FVE wurden verkauft, eine kleinere an die NWC vermietet. Den gelegentlichen Güter-Verkehr führten Leihlokomotiven durch.
Ab dem 1. Januar 2005 ging die Betriebsführung an die Teutoburger Wald-Eisenbahn (TWE) in Gütersloh über. Die örtliche Betriebsleitung saß in Farge, hier war auch eine Lokomotive stationiert.
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S-Bahn-Verkehr seit 2007
Nach längeren Diskussionen entschied im April 2005 der Bremer Senat, Mittel für die Wiederaufnahme des Personenverkehrs bereit zu stellen. Die FVE wurde beauftragt, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Dazu gehörten die Sanierung der Gleisanlagen, die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit auf 80 Kilometer pro Stunde, die Sanierung bzw. den Neubau von Haltepunkten.

In Vorbereitung für einen S-Bahn-Verkehr nahm man am 16. Dezember 2007 den Personenverkehr zwischen Vegesack und Farge wieder auf. Es fuhren zunächst Diesel-Triebwagen der Nordwestbahn.

Die Strecke elektrifizierte man von 2010 bis 2011. Seit Dezember 2011 fahren elektrische Triebwagen als Region-S-Bahn der Linie 1 (RS 1). Die Durchbindung von Farge über Burg zum Hauptbahnhof und weiter nach Verden an der Aller folgte im März 2015.
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Betriebsstellen
Die Strecke weist eine Länge von rund zehn Kilometern auf. Die Streckenkilometrierung beginnt in Vegesack.
(Bf = Bahnhof, Hp = Haltepunkt, S-Bf = Hp Bremer Regio-S-Bahn, Abzw = Abzweig; jeweils aktuelle bzw. letzte Bezeichnung)
Bahnkilometer
Name
0,0
Bf Bremen-Vegesack (seit 1862; weitere Benennungen Grohn, Grohn-Vegesack, Vegesack; Verbindungen nach Burg und zum Vegesacker Hafen, seit 2007 S-Bf)
2,6
Bf Bremen-Aumund (bis 1938 Hammersbeck, seit 2007 S-Bf)
4,2
Bf Klinikum Bremen Nord / Beckedorf (1903-1997 Aumund Vulkan, Bedarfshalt für den Berufsverkehr, Verbindung zur Bremer Vulkan, seit 2007 S-Bf)
5,1
Bf Bremen-Blumenthal (Verbindungen zur Bremer Wollkämmerei, zum Industriestammgleis Westpier / Car Terminal Egerland, seit 2007 S-Bf)
6,0
Hp Bremen-Mühlenstraße (seit 1928 Hp Blumenthal Mühlenstraße, seit 2007 S-Bf)
6,3
Hp Blumenthal Nordstraße (seit 1944, zeitweise Hp Besanstraße)
6,8
S-Bf Bremen-Kreinsloger (seit 2007)
7,4
Bf Bremen-Rönnebeck (ersetzt 2007 durch S-Bf Bremen-Turnerstraße)
7,8
S-Bf Bremen-Turnerstraße (seit 2007)
8,4
Hp Neurönnebeck (1952-1961)
8,5
Abzw Tanklager Farge
9,6
Bf Bremen-Farge Ost (Verbindungen nach Wulsdorf, zur Lützow-Kaserne, zum Tanklager Farge)
10,4
Bf Bremen-Farge (Verbindungen zum Kraftwerk Farge, zur Marinebahn; seit 2007 S-Bf)
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Fahrzeuge
In den Anfangsjahren der FVE hatte die preußische Staatsbahn die Betriebsführung. Diese hatte der FVE zwei dreiachsige Dampflokomotiven gestellt (mit Namen Farge und Vegesack). Weitere Fahrzeuge und eventuell weitere Lokomotiven wurden von der Staatsbahn gemietet.
In den Zeiten der Verwaltung durch die ADEG bzw. DEG kamen häufig Lokomotiven von anderen Bahnen dieser Gesellschaften an die Unterweser. 1927/1928 wurden vier Dampfloks der Baureihen ELNA 5 und ELNA 6 angeschafft. Dies waren Einheitslokomotiven, mit drei bzw. vier Antriebsachsen. Zusätzlich wurden Loks der Marinebahn Wilhelmshaven eingesetzt.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mussten neben den vorhandenen Lokomotiven zusätzliche eingesetzt werden. Diese kamen von anderen DEG-Bahnen oder wurden von der Reichsbahn bzw. Bundesbahn angemietet. Die FVE besaß durchgängig fünf bis sechs Loks, die aber häufig wechselten. 1973 endete der Einsatz von Dampflokomotiven.
Ab 1949 wurden Diesellokomotiven eingesetzt. 1949 kam eine dreiachsige, ehemalige Wehrmachtslok der Baureihe V 36 (Betriebsnummer V 31) hinzu. Diese wurde zusammen mit den motorlosen Treibwagen im Personenverkehr eingesetzt; sie bleib bis 1954. Zwischen 1950 und 1961 fuhr eine weitere Wehrmachtslok der Baureihe V 20 auf der FVE. Kurzfristig kam 1954 bis 1955 eine dreiachsige Diesellok von der Kleinbahn Kaldenkirchen-Brüggen zur FVE.
Die erste eigene vierachsige Diesellok kam 1958 zur FVE, eine Stangenlok der Firma Maschinenwerke Kiel (MaK). Sie blieb bis 1982 und wurde dann getauscht. Für den Kohlenverkehr nahm die FVE 1971 zwei schwere Dieselloks mit 1.600 PS der Firma MaK in Betrieb. Zusätzlich zu den eigenen Loks kamen immer wieder Leihloks der Betreiber DEG bzw. Teutoburger Wald-Eisenbahn zum Einsatz.
Der erste Triebwagen kam 1949 über die DEG an die Weser. Es war ein sechsachsiger Doppel-Triebwagen ohne Motor von 1931. Die FVE setzte ihn zusammen mit der dreiachsigen Lok V 31 ein. Der Triebwagen kam 1951 an die Moselbahn, erhielt dort einen Motor und blieb bis 1969 im Einsatz.
Für den Personenverkehr kaufte die FVE 1951 von der Maschinenfabrik Esslingen zwei vierachsige Treibwagen und einen Steuerwagen. Diese kamen 1958 zum Betreiber TWE. Es blieb bis 1961 der Alibi-Verkehr mit einem zweiachsigen Treibwagen der Firma Waggon- und Maschinenbau AG Görlitz (Wumag).

Standort Schwanewede / Tanklager Farge / Marinebahn
Im Zusammenhang mit der Wiederaufrüstung der deutschen Wehrmacht in den 1930er Jahren hatte die Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft mbH (Wifo) ein großes Gelände östlich von Farge übernommen. Die Wifo war eine 1934 in Berlin durch das Reichswirtschaftsministerium gegründete Tarnfirma, welche für die Beschaffung, Lagerung und Herstellung von kriegswichtigen Rohstoffen zuständig war. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Errichtung von geheimen Großtanklagern, darüber hinaus war sie für den Betrieb von Mineralölkesselwagen, Tankschiffen, den Ausbau von Transportstrecken und den Betrieb von Werken zur Chemiegrundstoffherstellung, wie beispielsweise Salpetersäure, zuständig.
Zugleich hatte die Marine ein angrenzendes Gebiet erworben, um hier ausgedehnte Tanklager zu errichten. Zum Anschluss der Eisenbahn hatte die Marineverwaltung Wilhelmshaven den Abschnitt von Farge Ost bis Neuenkirchen von der Kleinbahn Farge-Wulsdorf erworben. Diese hatte diesen Abschnitt 1938 stillgelegt und hatte mit dem Abbau der Gleisanlagen begonnen.
Der ehemalige Kleinbahnhof, jetzt Farge Ost benannt, wurde als Übergabebahnhof zur Marinebahn ausgebaut. Er erhielt zusätzliche Rangier- und Aufstellgleise. Die Tanklager waren vom ehemaligen Bahnhof Rekum aus über ein sechs Kilometer langes Anschlussgleis angeschlossen. Auf dem Gelände entstanden mehrere Rangiergleise und ein Lokschuppen.s
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Die Wifo erweiterte ebenfalls die Anlagen zwischen Rönnebeck und Farge Ost. In Rönnebeck wurden zehn lange Gleise angelegt, ein eigenes Gleis bis Farge Ost neben die Anlagen der FVE verlegt und in Farge Ost einen eigenen Rangier- und Aufstellbahnhof errichtet. Die Anlagen der Wifo waren in Farge Ost und Neu-Rönnebeck mit der FVE verbunden.
Auf dem Gelände der Wifo entstanden ab 1935 große ober- und untertägige Tankanlagen für leichte Treibstoffe für die Luftwaffe und das Heer. Auf dem Gelände der Marine baute man ab 1939 ein riesiges Tanklager für schweres Heizöl. Dieses war für die Versorgung der auf Heizöl umgestellten Kriegsschiffe vorgesehen. Die Tankanlage war über Pipelines mit den Anlegestellen und Tankerlöschbrücken verbunden.

Zusätzlich zu den Tanklagern errichtete man für die Soldaten und Angehörigen mehrere Lagerkomplexe mit Wohn-, Kantinen- und Krankenhausbaracken. Bei Schwanewede gab es das Lager Heidkamp (heute Bereich Hospitalstraße und Umfeld). Östlich von Rekum lag das Gemeinschaftslager II (später »Hospital)« (heute An der Kaserne) und weiter westlich entstand das Gemeinschaftslager I (heute Bereich Lagerstraße).
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Zwischen Schwanewede und Neuenkirchen wurden während des Krieges insgesamt sieben Häftlingslager eingerichtet. Seit 1941 wurden in Rekum zusätzlich Zwangsarbeiter in Barackenlagern einquartiert. Ein Kriegsgefangenenlager richtete man 1943 auf einem Acker in der Nähe des Speckbergsein. Anfang 1943 legte man auf dem Baugelände des Kriegsmarine-Öllagers das KZ Farge als ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme an. In das Marinegemeinschaftslager Neuenkirchen wurde 1941 das „Arbeitserziehungslager“ der Gestapo verlegt, das 1940 in Farge im Arbeiterwohnlager Tesch auf der Baustelle des Wifo-Tanklagers eingerichtet worden war. Zum Transport der Arbeiter, aber auch der Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge verkehrten auf der Marinebahn Personenzüge. Bahnsteige gab es beim Bunker Valentin, bei Rekum, beim Marinelager I und beim Lager Heidkamp.

Die Anlagen I und II der Wifo waren 1940 vollendet und gingen in Betrieb. Über die Gleisanlagen wurden große Mengen an Baustoffen und Tankstoffen transportiert. Die Züge wurden von FVE-Lokomotiven bis Farge Ost bzw. Rönnebeck gefahren. Dort übernahmen sie eigene Lokomotiven der Wifo bzw. der Marine.

Nach dem Ende des Krieges 1945 wurden die Anlagen stillgelegt, die Lokomotiven abgezogen, die Lager geräumt. Die Marine-Tanklager in der Schwanewede sprengten amerikanische Truppen und überließen sie der Natur. Die Marinegleise 4 bis 6 in Farge Ost gingen 1958 an die Bundeswehr, zusammen mit den Anschlussgleisen nach Neuenkirchen und Schwanewede. Sie schlossen die neue Lützow-Kaserne (1958 bis 2015) nördlich von Schwanewede an. Die Betriebsführung lag seit 1964 bei der FVE. Die Gleise nördlich von Rekum nach Neuenkirchen und die Gleise zum Lager Heidkamp baute man in den 1960er Jahren ab.
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Das ehemalige Gemeinschaftslager II wurde von den amerikanischen Truppen als Marinehospital Farge genutzt. Die Anlagen kamen 1947 an die Innere Mission und wurden als Evangelisches Hospital Neuenkirchen betrieben. Das Krankenhaus wurde 1962 aufgegeben, wegen erheblicher Beeinträchtigung durch die Bundeswehr. Diese errichtete hier die neue Weser-Geest-Kaserne (1962 bis 2004). An die Geschichte des Ortes erinnert die Dokumentations- und Lernort Baracke Wilhelmine, die sich in einem historischen Barackengebäude aus der Zeit des Nationalsozialismus befindet (An der Kaserne 122, Schwanewede).

Die Wifo-Anlagen und die Gleisanlagen gingen in amerikanische Verwaltung über. Zu den Bahnanlagen gehörten in Farge Ost die Gleise 1 bis 3, in Rönnebeck die Gleise P1 bis P10, das Streckengleis von Rönnebeck nach Farge Ost sowie die Zufahrten zu den Tanklagern I und II. Sie gingen 1957 in die Verwaltung der Vereinigten Tanklager und Transportmittel GmbH (VTG) über. 1963 kamen sie an die Industrie-Verwaltung-Gesellschaft (IVG), einer Nachfolgeorganisation der Wifo. Seit 2014 sind die Tanklager stillgelegt, die Anlagen werden zurückgebaut und das Gelände dekontaminiert.

1958 richtete die Bundeswehr die Lützow-Kaserne (1958 bis 2015) westlich von Schwanewede ein. Für die Panzerzüge errichtete man gegenüber der alten Haltestelle Hospital ein Verladerampe für die Verladung der Fahrzeuge.
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Marinebunker Valentin
Ebenfalls im Zusammenhang mit der Aufrüstung der Deutschen Marine begann man 1943 mit dem Bau einer U-Boot-Werft und eines riesigen U-Boot-Bunkers »Valentin« nördlich von Farge. Auch diese Anlagen waren mit der FVE verbunden. Vom Bahnhof Farge aus wurden Verbindungsgleise, Rangiergleise und Anschlussgleise verlegt. Diese schlossen sich im Norden im Bereich des ehemaligen Bahnhofes Rekum an die Marinebahn (ehemals Kleinbahn Farge-Wulsdorf) an.
Nach dem Ende des Krieges wurden die Anlagen verlassen, Teile der Werftanlagen wurden später abgebaut. Der Bunker Valentin ist erhalten geblieben. Die Bundeswehr nutzte einige Teile der Anlage bis 2010. 2015 wurde hier die Gedenkstätte als »Denkort Bunker Valentin« eröffnet.
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(Claus Weber, Redaktion KuLaDig, 2025)

Hinweis
Die Kartierung der Objektgeometrie basiert auf folgenden Quellen: Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (https://www.geobasis.niedersachsen.de/); OpenStreetMap, unter der Lizenz „Open Database Licence (ODbL) 1.0”.

Quellen
Dieter Riehemann, Erinnerungen an den FVE-Güterverkehr (2018, 2 Teile; online www.drehscheibe-online.de, abgerufen 10.6.2025).
Achim Burghardt, US-Army Militätransporte mit der Farge-Vegesacker Eisenbahn,1978-1989 (2021, 24 Teile; online www.drehscheibe-online.de abgerufen 10.6.2025).

Internet
de.wikipedia.org: Bahnstrecke Bremen-Farge – Bremen-Vegesack (abgerufen 10.6.2025)
de.wikipedia.org: Farge-Vegesacker Eisenbahn (abgerufen 10.6.2025)
beitraege.lokomotive.de: Ingo Hütter, Pattensen, Umfangreiche Informationen zum Fahrzeugpark (abgerufen 5.6.2025)
de.wikipedia.org: Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft (abgerufen 10.6.2025)
de.wikipedia.org: Tanklager Farge (abgerufen 10.6.2025)
de.wikipedia.org: U-Boot-Bunker Valentin (abgerufen 10.6.2025)
www.relikte.com: Manfed Tegge, Bremen, Relikte in Niedersachsen & Bremen: Das Kriegsmarinetanklager Farge (Schwanewede). Private Seite (abgerufen 13.6.2025)

Literatur

Mausolf, Andreas (2007)
Die Farge-Vegesacker Eisenbahn. Die Geschichte und Renaissance der Schiene in Bremens „Hohem Norden“. Bremen.
Meiners, Peter-Michael / Dokumentations- und Lernort Baracke Wilhelmine (Hrsg.) (2012)
Die Marinebahn Farge–Rekum–Neuenkirchen/Schwanewede. (Handreichung für historisch Interessierte, Nr. 2.) Schwanewede-Neuenkirchen.

Farge-Vegesacker Eisenbahn

Schlagwörter
Ort
Bremen, Schwanewede
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1888

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
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Empfohlene Zitierweise
Claus Weber: „Farge-Vegesacker Eisenbahn”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356402 (Abgerufen: 20. Juni 2025)
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