Lage Nur wenige ortskundige Wanderer verirren sich auf die schmalen Pfädchen und Wege am Drachenfels, die unterhalb von Rüdenet und Helte Königswinter und Rhöndorf miteinander verbinden. Zwischen dem bewaldeten Felsenmeer des Rüdenets und der lauten vierspurigen B 42 verbleibt nur wenig Platz. Umso erstaunlicher, dass sich hier neben einigen Wohnhäusern der 1960er Jahren eine imposante alte Villa befindet. Heute im privaten Besitz, war sie lange Zeit „Hotspot“ eines florierenden Ausflugstourismus: der Magdalenenhof.
Noch bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstreckten sich hier unterhalb des Rüdenets die alten Weinbergsterrassen der Jesuiter bis fast an den Rhein. Das Ufer selbst war mit zahllosen Kopfweiden bestanden, die jährlich im Winter beschnitten wurden, um Anbindematerial für die Weinreben zu gewinnen. Nur ein kleiner Fahrweg verband die Rheinorte Königswinter und Rhöndorf miteinander. Über alledem thront der Drachenfels mit seiner Ruine: Ein Landschaftsensemble, das zu einem Klassiker der romantischen Malerei im 19. Jahrhundert werden sollte.
Den ersten schweren Einschnitt in die romantische Landschaft stellt der Bau der Eisenbahn im Jahr 1871 dar, für den die untersten Weinbergslagen wegfallen muüssen. Doch noch immer hat man von den höheren Weinbergsterrassen aus einen prächtigen Ausblick nach Süden über den Rhein mit den Inseln Grafenwerth und Nonnenwerth sowie dem darüber liegenden Rolandsbogen. Dies bemerkt auch der findige Kölner Unternehmer August Wirz. Er ist bereits Pächter der Kölner Pschorrbräu, einer Filiale der Münchener Brauerei Pschorrbräu, und wittert hier am Drachenfels ein gutes Geschäft.
Denn Ende des 19. Jahrhunderts steigt der Ausflugstourismus am Siebengebirge kräftig an. Und so nachteilig die neue Eisenbahn auch für das Landschaftsbild ist, so spült sie doch an den Wochenenden und Feiertagen zuverlässig zigtausende Ausflügler aus den Städten an den Rhein und in das Siebengebirge. Dazu kommen noch die großen Ausflugsdampfer, wie z.B. der Köln-Düsseldorfer Rheinschiffart AG.
Magdalenenhof 1898 lässt August Wirz daher inmitten der Weinbergsterrassen das Ausflugslokal Magdalenenhof errichten. Die Bauarbeiten am Fuße des Rüdeneter Felsenmeers gestalten sich schwierig. Allein der Bau der Zuwegung soll aufgrund des schwierigen Geländes sechs Monate in Anspruch genommen haben, die für den Bau benötigte Fläche muss in die Felsen gesprengt werden. Zuerst entsteht eine Restaurationshalle, welche 1899 um einen Hotelbau erweitert wird, die heutige Villa. Noch 1907 beurteilt der damalige Bürgermeister Kreitz während einer Sitzung der Stadtverordneten das Baugelände an der Helte für nicht so günstig: „…vielfach müsse dasselbe in steile Felsen hineingesprengt werden. Reiche Leute würden sich da nicht ansiedeln. Gärten ließen sich schlecht anlegen.“ (Echo des Siebengebirges. 30.07.1907) Eine Meinung die nicht von allen Stadtverordneten geteilt wird. Und so entstehen trotz der kritischen Bewertung weitere Villenbauten in den Weinbergen, wie die nördlich gelegene Villa Thelen (um 1903) und die Villa Drachenstein (1916). Wirz veranstaltete in der Restaurationshalle des Magdalenenhofs große Gesellschaftsabende mit abschließendem Feuerwerk, welche in der lokalen Presse groß annonciert werden. Das Geschäft läuft gut, doch wirtschaftlich hatte er sich insgesamt wohl übernommen. Schon 1904 fällt der Hof im Konkursverfahren an die Hauptgläubigerin, die Pschorrbräu in München.
Haus Felseck 1906 erwirbt der Kölner Fabrikant Köhnemann die Gebäude und nutzte sie privat unter dem neuen Namen Haus Felseck. 1924/25 erhält das Haus nach Umbau und Erweiterung seine heutige Form. 1935 wird das Gebäude nach dem Tod der Witwe Köhnemann zwangsversteigert und geht an Frau Holtkott, Tochter des Generaldirektors Holtkott in Bedburg. 1937 wird das Gebäude verpachtet und eine zeitlang als Kuranstalt Gothe geführt. Während des Krieges dient das Haus diversen Baufirmen als Ausweichquartier und wird gegen Kriegsende durch Beschuss beschädigt. Dabei wird vermutlich die alte Restaurationshalle zerstört. Nach dem Krieg ist die Villa Sitz des Direktors Adolf Grom der Phrix-Werke GmbH aus Hamburg. Der Unternehmer mit einem weit verzweigten Firmengeflecht sorgt für einen bundesweiten Skandal aufgrund der Veruntreuung von Geldern der Phrix-Werke. Er wird noch in der Villa verhaftet und verbringt mehrere Monate in U-Haft. 1952 ist das attraktive Gebäude Wohnsitz des niederländischen Botschaftssekretärs. Von 1953 bis 1972 dient es dem indonesischen Botschafter unter dem Namen „Wisma Indonesia“ als Residenz. Nach langjähriger Nutzung durch den ehemaligen Hauptgeschäftsführer des „Deutschen Verkehrssicherheitsrats“ Herbert Warnke wird die Villa heute als Mehrfamilienhaus genutzt.
Zustand Nach dem Ausbau der B 42 Anfang der 1960er Jahre als vierspurige Umgehungsstraße verläuft die neue Trasse nun direkt vor der Villa unterhalb einer Stützmauer. Der Abstand beträgt nur rund 30 Meter. Die bereits durch den Bahnbau angeschnittene alte Weinbergsterrassenlandschaft vor der Villa ist endgültig zerstört. Der ehemals frei von der Villa über die romantische Rheinlandschaft schweifende Blick ist heute nur noch schwer nachzuempfinden.
Datierung 1899
Zugang privates Wohnhaus, das Gebäude ist von der Anwohnerstraße „Am Domstein“ frei einsehbar
Hinweis Das Gebäude ist seit 1987 unter der Nummer A 57 in die Denkmalliste Königswinters eingetragen. Das Objekt „Haus Felseck am Rüdenet bei Königswinter“ ist Element des historischen Kulturlandschaftsbereiches Siebengebirge (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 446).
(Jörn Kling, 2024)
Internet de.wikipedia.org: Wikipedia: Haus Felseck (abgerufen 11.08.2025) www.spiegel.de: Das Leben ist so bitter (Der Spiegel 39/1949, 22. September 1949, abgerufen 11.08.2025) www.spiegel.de: Die Hellseherin befragt (Der Spiegel 36/1953, 1. September 1953, abgerufen 11.08.2025)
Quellen Echo des Siebengebirges: Grundsteinlegung, 19.7.1899, Zwangsversteigerung des Inventar, 12.1.1904, Ankauf Koehnemann 16.7.1906, Bürgermeister Kreitz, 30.07.1907; Zwangsversteigerung, 22.1.1935.
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